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16.07.2012 15:40
Libor-Skandal betrifft auch Privatanleger
von Ursula Mayer
Selbst wenn es ihnen vielleicht nicht bewusst ist, wurden auch viele Privatanleger von dem Libor-Skandal in Mitleidenschaft gezogen. Denn der Zinssatz hat einen Einfluss auf etliche Finanzprodukte.
Bild zum Artikel vergrößernDie Manipulation der Interbankenzinsen wirkt sich auch auf Anlageprodukte aus 

Offenbar haben seit 2005 mehrere Großbanken den Libor nach unten manipuliert, um die Anspannung auf dem Geldmarkt zu verschleiern. Der Londoner Interbankenzins wird täglich ermittelt und zeigt, zu welchen Konditionen sich die Banken untereinander Geld leihen. Darüber hinaus ist der Libor eine Referenz für andere Finanzprodukte. Nach Angaben des Magazins "Wirtschaftswoche" beeinflusst er Finanzgeschäfte mit einem täglichen Volumen von 360 Billionen Dollar.

Manipulation auch beim Euribor?
Für Zinsanlagen in Deutschland ist nach Angaben des Bundesverbands deutscher Banken dagegen der Euribor maßgeblich, also der Interbankenzins in der Euro-Zone. Nach Einschätzung eines Experten besteht zwischen Libor und Euribor kein direkter Zusammenhang, weil sie für unterschiedliche Währungsräume gelten. Allerdings überprüft die EU-Kommission derzeit, ob es auch beim Euribor Manipulationen gab.

Zinsanlagen beziehen sich oft auf Interbankenzinssätze
Wäre dies der Fall, wären auch deutsche Privatanleger direkt betroffen: Denn am Euribor orientieren sich zum Beispiel die Zinsen auf Tagesgeldkonten, sagt Falko Fecht, Professor für Finanzökonomie an der Frankfurt School of Finance. "Bei den Manipulationsvorwürfen geht es aber um Nachkommastellen, so dass mögliche Einbußen für den einzelnen Sparer vergleichsweise gering sein dürften." Beim Festgeld über einem Jahr spiele der Euribor eine geringere Rolle, weil die Rendite an langfristige Kapitalmarktrenditen angepasst würde. Da bestehe kaum die Gefahr der Manipulation, erklärt Fecht.

Dagegen gibt es zum Beispiel Anleihen, die an Referenzzinssätze wie den Libor oder den Euribor gekoppelt sind, sogenannte Floating Rate Notes. Die Verzinsung dieser Rentenpapiere wird regelmäßig an die Zinssätze angepasst. Nach Angaben des Deutschen Derivate Verbands haben darüber hinaus etliche Zertifikate die Zinssätze als Basiswert. Kaum ein Dutzend Zertifikate würden sich auf den Libor beziehen, deutlich mehr auf den Euribor.

Der Libor

  • Der London Interbank Offered Rate (Libor) ist der weltweit gültige Interbanken-Zinssatz, der täglich in London fixiert wird. Er dient als Referenzzins für Kredite von Privatleuten und Unternehmen, Derivate sowie andere Finanzprodukte mit einem Gesamtvolumen von 360 Billionen Dollar. Der Libor beruht auf Berechnungen des britischen Bankenverbands BBA, der die Geldinstitute täglich befragt, zu welchem Zins sie sich untereinander Geld leihen.

Bei Fonds Messlatte für den Erfolg
Sehr wichtig sind der Euribor und der Libor ebenfalls bei Fonds, gerade bei Geldmarktfonds. Denn der Zinssatz am Geldmarkt werde von den Interbankenzinssätzen beeinflusst, so Fecht. Die Rendite liege häufig unter einem Prozent, deshalb wären hier selbst Manipulationen im Nachkommabereich schmerzlich.

Darüber hinaus verwenden nach Angaben der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" in Deutschland rund 80 Fonds den Euribor als Vergleichsindex. Er dient als Messlatte zur Berechnung der erfolgsabhängigen Gebühr. Fällt die Performance eines Fonds besser aus als dieser Zinssatz, wird für den Betrag oberhalb dieser Messlatte eine erfolgsabhängige Gebühr fällig. Die wird vom Fondsvermögen abgezogen und geht an die Gesellschaft. Wäre es hier zu Manipulation gekommen, wäre die Schwelle tatsächlich höher gelegen und folglich wären die Erfolgsgebühren niedriger ausgefallen, erklärt Fecht.

Glossar

Auch für Baukredite relevant
Der Euribor hat außerdem einen Einfluss auf Baukredite mit einem variablen Zins. In Großbritannien, Spanien, Italien, Irland und Portugal sind diese weit verbreitet, dagegen weniger in Deutschland. Hier sind die Darlehen meist fest verzinst.

Trotzdem dürfte es nach Schätzungen der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" auch hierzulande variabel verzinsliche Baukredite in Höhe von immerhin 200 Milliarden Euro geben. Falls die Banken den Zinssatz künstlich gehalten haben sollten, dürfte das für die Kreditnehmer aber eher von Vorteil gewesen sein, findet der Professor der Finanzökonomie: "Denn dadurch dürften die Häuslebauer geringere Zinsen für ihre Darlehen gezahlt haben."

Klagen bislang schwierig
Generell sollten sich Privatanleger mit Klagen erst noch zurückhalten. Denn wer Schadensersatzansprüche geltend machen will, muss die Schadenshöhe beziffern können. "Dafür müsste man zum Beispiel beim Libor aber erst einmal rekonstruieren, wie der tatsächliche Zinssatz ausgefallen ist", sagt Fecht. Außerdem muss seiner Meinung nach auch erst noch geklärt werden, wer den Schaden letztendlich verursacht hat. Aber Anleger haben auch noch Zeit, denn die Klagen müssen noch nicht sofort eingereicht werden. Die dreijährige Verjährungsfrist beginnt erst ab Ende dieses Jahres.

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