An den Finanzmärkten wird es still, wenn der oberste Währungshüter der USA spricht. Man hört genau hin. Denn bevor der Chef der Federal Reserve, der amerikanischen Notenbank, neue Geldspritzen oder Zinsänderungen verkündet, bereitet er die Märkte langsam darauf vor. Bisweilen versteckt Bernanke seine Botschaft in kleinen Signalwörtern, wie er künftig seine Geldpolitik gestaltet. Werden zum Beispiel die Inflationsrisiken stärker betont? Oder spricht er von einem Abwärtsrisiko für die Wirtschaft?
Auch heute spricht er wieder. Vor dem Bankenausschuss des US-Senats liefert der Fed-Chef seinen halbjährlichen Bericht zur Geldpolitik ab. Die Spannung ist groß. Die Aktienmärkte scheinen sich etwas davon zu erhoffen, so fest, wie die Kurse derzeit sind. Der Dax ist heute über 6.600 Punkte geklettert. Zuletzt hatte das Börsenbarometer die runde Marke nach der Leitzinsentscheidung der Europäischen Zentralbank Anfang Juli kurzzeitig überwunden.
Die Marktteilnehmer werden die Rede heute und morgen genauestens darauf abklopfen, ob Bernanke das konjunkturstimulierende "Quantitative Easing" (QE) vielleicht für den weiteren Jahresverlauf andeutet. Tobias Basse von der NordLB macht aber keine große Hoffnung: Der Fed-Chef werde sich nicht allzu tief in die Karten blicken lassen. Bernanke dürfte nicht darauf pochen, dass weitere Maßnahmen unmittelbar bevorstehen, sagen die Marktanalysten von HSBC. Aber ein Hinweis darauf, ob er das mittlerweile dritte QE-Paket im Jahresverlauf plant, könne trotzdem fallen.
Geldpolitik mit Quantitive Easing
Dieser sperrige Begriff "Quantitive Easing" bezeichnet eine einfache Strategie der Geldpolitik: Die Fed kauft US-Staatsanleihen und ähnliche Papiere, um auf diesem Weg mehr Geld in das Bankensystem zu pumpen und so die Zinsen zu drücken.
Allerdings kauft die Fed die Staatspapiere nicht direkt beim Finanzminister, sondern von anderen Marktteilnehmern so will es zumindest die Theorie. Denn der direkte Kauf ist den Notenbanken untersagt, auch der Fed. Es käme dem Anwerfen der Notenpresse gleich, um damit die Haushaltslöcher zu stopfen. Bei dem Kauf der Papiere auf dem Umweg über den Markt soll es dagegen nur der Steuerung des Geldmarktes dienen.
Der Markt scheint auf ein QE3 zu setzen. Doch ob Investoren da nicht ein wenig zu vorschnell sind? Bernanke muss sich angesichts des starken Aktienmarktes nicht gerade getrieben fühlen, noch mehr Geld in den Markt zu schießen.
Wie viel Schwung bringt Twist?
Außerdem hat er doch erst vor kurzem Lockerungsübungen gemacht. Er schickte im Juni die "Operation Twist" in die Verlängerung. Dafür nimmt er bis Ende des Jahres noch einmal rund 267 Milliarden Dollar in die Hand, um der wieder schwächelnden US-Konjunktur auf die Beine zu helfen. Diese Wirkung muss sich erst einmal entfalten.
Die "Operation Twist" bezeichnet einen Anleihetausch. Die Fed verkauft dabei US-Staatspapiere mit kurzen Laufzeiten und kauft im Gegenzug Anleihen mit langen Laufzeiten. Dadurch steigen die Preise für langfristige Anleihen, die Zinsen sinken. Kredite werden also tendenziell billiger. Twist soll also wie QE eine belebende Spritze für die Konjunktur sein.
Bernanke braucht großes Augenmaß
Ein QE3 schloss Notenbankchef Ben Bernanke bei Verlängerung des Twist-Programms zwar nicht aus. "Wir würden sicherlich auch weitere Staatsanleihen-Käufe in Erwägung ziehen, wenn die Wirtschaft einer weiteren Stärkung bedarf", hatte er damals erklärt.
Doch die so genannten Fed Minutes, die vergangene Woche veröffentlicht wurden, sorgten für ein wenig Ernüchterung. Das Protokoll der geldpolitischen Sitzung im Juni zeigte nämlich, dass viele Mitglieder des für die Geldpolitik zuständigen Offenmarktausschusses nur im Falle einer weiteren wirtschaftlichen Eintrübung zu diesem Mittel greifen wollen. Solche trüblichen Indikatoren gibt es zwar, sei es vom amerikanischen Arbeitsmarkt, der keine Zeichen der Erholung zeigt. Sei es vom Einzelhandel, wo die Umsätze schwinden - ein Indikator für die Unsicherheit der Konsumenten.
Doch Bernanke muss Augenmaß beweisen. Es besteht die Gefahr, dass eine Neuauflage des Quantitative-Easing-Programms bei vielen Anlegern die Sorge um die Wertstabilität des Papiergeldes aufflammen lässt.
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