Doch bis wann muss die Bilanz auf den Tisch? Das hängt davon ab, in welchem Marktsegment die Aktie eines Unternehmens gehandelt wird. Im Regulierten Markt müssen die Unternehmen der Börse eine Jahresbilanz zuschicken, und zwar innerhalb einer Frist von vier Monaten nach Ablauf des Geschäftsjahres. Das ist in der Regel mit dem Kalenderjahr identisch, es gibt aber auch Abweichungen.
Die meisten Unternehmen berichten pünktlich. Es gibt aber auch schwarze Schafe, wie die JK Wohnbau. Das börsennotierte Unternehmen hatte die Meldepflichten zuletzt schnöde missachtet. Der Grund: Ein massiver Streit mit den Wirtschaftsprüfern, der für Verzögerung sorgt.
Im Regulierten Markt herrscht Zeitdruck…
Einige Unternehmen müssen noch häufiger als einmal jährlich Zahlen liefern. Ist ihre Aktie im "General Standard" gelistet, einem Teilbereich des Regulierten Marktes, muss sich das Unternehmen jedes Halbjahr in die Karten sehen lassen.
Die größte Transparenz herrscht im Teilbereich "Prime Standard": Dort wird sogar am Ende jedes Quartals eine Zwischenbilanz erwartet. Um diese Berichte zu verfassen, haben die Unternehmen nach Ablauf des betreffenden Zeitraums maximal zwei Monate Zeit.
Unter diesem Zeitdruck möchten manche Unternehmen nicht stehen. Deswegen weigerte sich die Porsche AG lange trotzig, Quartalsberichte vorzulegen. Trotzdem wollte sich die frühere Geschäftsleitung vor mehreren Jahren in den Prime Standard drängeln. Dort sind Quartalsberichte aber Pflicht. Letztendlich musste das Unternehmen klein beigeben. Es bleibt weiter im General Standard gelistet. Mittlerweile haben sich die Strukturen bei Porsche komplett geändert und das Unternehmen veröffentlicht auch regelmäßig Quartalsberichte.
…im Freiverkehr ist mehr Zeit
Mehr Zeit haben Unternehmen im Freiverkehr, im Entry Standard: Ist das Geschäftsjahr zu Ende, bleiben ihnen noch sechs Monate, um ihren Jahresabschluss auf ihrer Internetseite zu veröffentlichen. Und der Zwischenbericht für das erste Halbjahr muss in einem Zeitraum von drei Monaten fertig sein.
Gegen diese Fristen gebe es immer wieder Verstöße, berichtet Renata Bandov, die bei der Deutschen Börse für das Listing von Wertpapieren und die nachfolgende Betreuung zuständig ist. Aus unterschiedlichen Gründen könne es Verzögerungen geben, erklärt sie: "Es kann vorkommen, dass Gesellschaften insolvent werden, dass sie ihre Wirtschaftsprüfer wechseln oder den Vorstand austauschen."
Drakonische Strafen
Kommen die Unternehmen ins Trudeln, kann die Börse selbst eine Strafe verhängen. Aber nur im Regulierten Markt. Die dort gelisteten Unternehmen sind der Börse direkt verpflichtet. Im Freiverkehr kann das Unternehmen dagegen nicht in die Pflicht genommen werden, sondern nur zum Beispiel die Bank, die es an die Börse gebracht hat. Und erst wenn die einen Verstoß gegen eine Frist meldet, kann die Börse aktiv werden.
Dann drohen drakonische Strafen: Die Unternehmen können nicht nur einen Verweis, sondern auch ein Ordnungsgeld in Höhe von bis zu 250.000 Euro aufgebrummt bekommen. Im schlimmsten Fall werden sie von der Börse verbannt, bis zu 30 Handelstage. Es komme auf den Einzelfall an, erklärt Bandov. "Bei der Höhe der Strafe werden zum Beispiel die Dauer und die Art eines Verstoßes sowie die Größe eines Unternehmens berücksichtigt. Außerdem spielt eine Rolle, ob das Unternehmen zum ersten Mal oder schon wiederholt eine Frist missachtet."
Zahnlose Tiger
Die strengen Sanktionen würden viele Unternehmen abschrecken, sagt Christoph Schalast von der Frankfurt School of Finance. Der Experte für Kapitalmarktrecht berichtet, dass kaum Unternehmen Fristen versäumen. "Wenn sie doch dagegen verstoßen, gibt es triftige Gründe, zum Beispiel Abstimmungsschwierigkeiten im Unternehmen oder mit den Wirtschaftsprüfern. Fahrlässige Verstöße sind ungewöhnlich."
Aber hin und wieder würden kleinere Unternehmen doch aus Nachlässigkeit herumtrödeln, sagt Jürgen Kurz von der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz. "Die sind unorganisiert und haben ihre Unterlagen nicht rechtzeitig beisammen." Für die Aktionäre sei das ärgerlich, weil sie keine Informationen bekämen, und manchmal sogar bis zur Hauptversammlung warten müssten. Der DSW-Sprecher kennt jedoch keinen Fall, in dem ein Unternehmen dafür bezahlen musste. Kurz warnt deshalb: "Wenn die Strafen in der Praxis nicht streng genug angewandt werden, bleibt das ein zahnloser Tiger."
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