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15.03.2012 14:47
"Würfeln würde keine schlechteren Ergebnisse hervorbringen"
Nach Ansicht von Prof. Dr. Thomas Straubhaar, Direktor des Hamburgischen WeltWirtschaftsInstituts (HWWI), ist die Arbeit der Ratingagenturen nicht nachvollziehbar und eigentlich überflüssig.
Quelle: HWWI vergrößernProf. Dr. Thomas Staubhaar, Chef des HWWI 

boerse.ARD.de: Die Ratingagenturen sind in der Schuldenkrise stark in die Kritik geraten. Dabei wurden auch immer wieder die von diesen Organisationen angewandten Methoden in Frage gestellt. Wie nachvollziehbar ist die Arbeit der Agenturen aus Ihrer Sicht?

Thomas Straubhaar: Ich halte die Vorgehensweise der Ratingagenturen für überhaupt nicht nachvollziehbar. Aus Betriebsgeheimnisgründen geben sie weder die Gewichtung der einzelnen Faktoren und verwendeten Kriterien bekannt, noch die konkreten Daten und statistischen Methoden, auf denen die Bewertung eines Unternehmens oder eines Staates dann zustande kommt. Dass ein nennenswerter neuer oder zusätzlicher Informationsgehalt der Ratings im Grunde nicht gegeben ist, wird auch von einer Studie von Jens Hilscher der Universität Brandeis in den USA bestätigt.

boerse.ARD.de: Ist das Ergebnis der Ratingagenturen also nicht besser als Kaffeesatzleserei?

Straubhaar: Auf jeden Fall ist es nicht besser, als was man mit gesundem Menschenverstand auch selber feststellen kann. Man weiß einfach nicht, wie das Ergebnis letztlich zustande kommt. Das liegt auch in der Natur der Sache, denn die Ratingagenturen sollen Kreditausfallwahrscheinlichkeiten prognostizieren, was methodologisch schwer zu leisten ist. Deshalb beschränken sie sich ja auch auf relative und nicht absolute Risiken, was dann aber wieder nur von begrenztem Interesse ist. Zudem werden systemische (also gesamtwirtschaftliche) Risiken völlig ausgeblendet, die aber wichtig sind, was gerade die Finanzmarktkrise gezeigt hat. Würfeln würde deshalb wohl keine schlechteren Ergebnisse hervorbringen.

boerse.ARD.de: Die Arbeit der Agenturen ist also überbewertet?

Straubhaar: Die Arbeit ist nicht nur überbewertet, sie ist auch überflüssig. Wer mit Daten aus Geschäftsberichten und volkswirtschaftlichen Kennzahlen, die für jedermann öffentlich zugänglich sind, Zahlungsausfälle prognostiziert, hat eine Trefferquote, die fast doppelt so gut ist wie die Ratings der Agenturen. Deshalb brauchen wir keine Agenturen. Für die Bewertung von Staaten gibt es eigentlich einen ganz einfachen Indikator: das sind die Risikoaufschläge auf die Staatsanleihen.

boerse.ARD.de: Wie erklären Sie sich dann die große Bedeutung der Agenturen?

Straubhaar: Es sind im Wesentlichen die Baseler Abkommen über Risikogewichtung und Eigenkapitalregeln, die den Ratingagenturen zu einer herausragenden Stellung verholfen haben. Dabei wird immer wieder übersehen, dass die Bewertung der Agenturen als (Früh-)Indikator vielfach völlig untauglich ist. Denn statt eine Kreditausfallwahrscheinlichkeit vorherzusehen, laufen die Agenturen den Ereignissen meist nur hinterher. Dazu brauchen wir sie aber nicht.


Das Gespräch führte Lothar Gries.

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