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Analyse & Strategie: Branchen


27.06.2012 15:41
Versicherungen in der Klemme
von Robert Minde
Die Zinsen fallen auf Rekordtiefstände und eine Trendwende ist nicht in Sicht. Das macht es für die Versicherer zunehmend schwierig, ihren Verpflichtungen gegenüber ihren Kunden nachzukommen. Neue Anlagekonzepte haben deshalb Konjunktur.
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Eigentlich klingt es nicht schlecht, wenn die neue BaFin-Chefin Elke König den deutschen Versicherern bescheinigt, dass sie "relativ problemlos" durch die jüngsten Finanzkrisen gekommen sind. Allerdings, so die oberste deutsche Finanzaufseherin weiter, mache den Gesellschaften das niedrige Zinsniveau zu schaffen, vor allem die Lebensversicherer seien betroffen. Damit sprach König das aktuell wohl größte Problem der Branche an.

Die Zinsen im Dauertief
Denn aufgrund des andauernden Tiefzinsniveaus müssen sich vor allem die Lebensversicherer und Pensionskassen etwas einfallen lassen, um die langfristigen Garantien, die sie ihren Kunden gegeben haben, ebenso langfristig auch zu erwirtschaften. Bei einem als "risikolos" definierten Zins von 1,5 Prozent, gemessen an der Rendite der zehnjährigen Bundesanleihe, können die deutschen Lebensversicherer aber aktuell noch nicht einmal den gesetzlich festgelegten Garantiezins von derzeit 1,75 Prozent erzielen. Eine darüber hinaus gehende attraktive Überschussbeteiligung, stets ein zentrales Wettbewerbskriterium in der Branche, wird somit immer schwieriger darzustellen.

Solvency II kommt zusätzlich
Hinzu kommt, dass auch für die Versicherungsbranche, ähnlich wie bei den Banken, die Eigenkapitalvorschriften strenger gefasst werden. Die unter dem Stichwort "Solvency II" laufenden Neuregelungen besagen im Kern, dass die Gesellschaften immer dann mehr haftendes Eigenkapital hinterlegen müssen, je schwankungsintensiver und damit risikoanfälliger eine Anlageklasse ist. Zwar hatten die Aufseher im Zuge der diversen Finanzkrisen seit 2003 ursprünglich vor allem Aktien und Immobilien im Visier – die heftigen Ausschläge am Markt für Staatsanleihen machen die Sache aber noch schwieriger.

"Wir sind keine Bank"
Wie also sollen die Versicherer mit dem vielen Geld ihrer Kunden umgehen? Es klingt wie ein Luxusproblem, gewinnt aber vor dem Hintergrund der neu gefassten Anforderungen und des Selbstverständnisses der Assekuranz besondere Bedeutung. Denn Versicherungen legen Wert auf langfristige, möglichst risikoarme Anlageformen, mit denen sie die ebenfalls langfristig gegebenen Verbindlichkeiten gegenüber ihren Kunden decken können. Dazu gehören beispielsweise Garantieverzinsungen auf Lebensversicherungsverträge oder Pensionszusagen. Für spekulative Positionen ist da wenig Platz. "Wir wollen nicht wie eine Bank agieren", sagt Nikhil Srinivasan, Chief Investment Officer der Allianz.

Renditen nicht so schlecht
Trotz dieser schwierigen Bedingungen lesen sich die zuletzt erwirtschafteten Renditen auf die Kapitalanlagen der drei großen börsennotierten deutschen Versicherungsgesellschaften nicht schlecht. Marktführer Allianz, der Vermögenswerte im Gesamtvolumen von rund 475 Milliarden Euro verwaltet, hat im abgelaufenen Geschäftsjahr immerhin eine Rendite auf das Gesamtportfolio von 4,2 Prozent erwirtschaftet, genau so viel wie in der Lebensversicherung.

Ähnliche Renditen erwirtschafteten bisher die Münchener Rück mit 4,3 Prozent, der reinrassige Rückversicherer Hannover Rück erzielte sogar glatt fünf Prozent auf seine Kapitalanlagen von rund 29 Milliarden Euro.

Viele Stellschrauben
Die niedrigen Zinsen sind zwar ein Problem, allerdings kann die Branche nach Meinung von Thorsten Wenzel, Versicherungsanalyst bei der DZ Bank, das noch eine Weile durchhalten. "Die gegenwärtig extrem niedrigen Zinsen fressen sich mit erheblicher Zeitverzögerung in die Portfolien der Lebensversicherer, da diese in der Regel sehr langfristig investieren." Nicht nur dies, die Assekuranz hat zudem noch zahlreiche Stellschrauben, an denen sie drehen kann. Janine Bernkurth von der Hannover Rück erläutert die Strategie des Hauses: "Wir haben unter anderem aus Staatsanleihen in Unternehmensanleihen umgeschichtet. Deren Anteil ist von 23 auf 32 Prozent gestiegen."

Aktienquote in Hannover gleich Null
Innerhalb des Portfolios festverzinslicher Wertpapiere, das für rund 89 Prozent des gesamten Portfolios steht, hat die Hannover Rück darüber hinaus den Anteil an Staatsanleihen der risikogefährdeten Staaten drastisch auf nunmehr 0,7 Prozent des Gesamtbestandes reduziert. Aktien will man in Hannover dabei bis auf weiteres allerdings nicht mehr im Portfolio haben und verweist dabei auf die hohen Volatilitäten - und die Solvency-Anforderungen.

Sehr zum Leidwesen von Analyst Wenzel, der ebenfalls keine große Neigung der Unternehmen erkennt, die Aktienquoten aufzustocken. "Ich halte das für bedauerlich, weil deutsche Lebensversicherer mit ihren extrem langfristigen Verpflichtungen eigentlich prädestiniert sind, um in Aktien zu investieren."

Hinzu kommen dafür mehr und mehr alternative Anlageformen. Etwa in Wind- oder Solarparks. Darauf weist David Jones hin, dessen Team den Investmentbereich Erneuerbare Energien bei der Allianz betreibt. "Erneuerbare Energien passen mit einer Laufzeit von 25 Jahren und mehr optimal zur langfristigen Anlagestrategie der Allianz." Insgesamt rund 1,3 Milliarden Euro sind seit Gründung des Bereiches im Jahr 2005 investiert worden. Damit bleiben die Investitionen allerdings bei den aktuellen Kräfteverhältnissen im Anlageportfolio aktuell nicht mehr als eine Beimischung, wenn auch mit wachsender Tendenz.

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