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Analyse & Strategie: Branchen


19.03.2012 16:26
Der Traum vom Fliegen
von Robert Minde
Ein Traum, den sich immer mehr Menschen erfüllen. Aber das Angebot steigt schneller als die Nachfrage. Zumindest für die Fluggesellschaften wird damit der Traum immer mehr zum Alptraum – und die Aktionäre brauchen einen langen Atem.
Bild zum Artikel Über den Wolken... wird es immer enger 

Aktionäre von Fluggesellschaften müssen hart im Nehmen sein. Denn beim Blick auf die Charts wäre wohl selbst Börsenguru André Kostolany ins Grübeln gekommen. Seine auf den langfristigen Wertzuwachs einer Aktie orientierte Empfehlung "Kaufen und liegen lassen" wäre bei einem Investment in Fluglinien wohl keine große Hilfe gewesen.

Beispiele gibt es genug: Wer beispielsweise im Jahr 2006 am Börsengang der Air Berlin für zwölf Euro teilgenommen hat, hat bei einem aktuellen Kurs von 2,34 Euro fast 80 Prozent seines Geldes verloren. Hätte dieser Anleger das Papier aber nach dem (erfolgreichen) Börsengang wieder verkauft, hätte er im Idealfall im Mai 2007 einen Gewinn von über acht Euro pro Aktie eingefahren. Das Top lag immerhin bei 20,45 Euro. Ähnlich volatil präsentieren sich auch die Notierungen anderer Fluggesellschaften, und das weltweit.

Zu große Überkapazitäten
Die Kursverläufe spiegeln das Hauptproblem der Luftverkehrsbranche wider: Die hohen Überkapazitäten. Denn immer mehr Anbieter wollen auf dem Wachstumsmarkt "Fliegen" mitmischen. Aber ob Linienflieger, Billigflieger oder Ferienflieger, es gibt einfach zu viele Anbieter.

Das sieht auch Condor-Geschäftsführer Ulrich Johannville so. Denn obwohl die Margen vor allem durch den hohen Kerosinpreis sinken, wachse die Zahl der verfügbaren Plätze in den Ferienfliegern um fünf Prozent. "Das Kapazitätswachstum überholt sich selbst, der Markt verhält sich irrational", sagte der Condor-Chef schon im vergangenen Herbst auf einem Tourismus-Fachkongress. Mittlerweile ist der Kerosinpreis weiter gestiegen.

Kein Markt wie jeder andere
Hinzu kommt, so Commerzbank-Analyst Frank Skodzik, "dass der Markt kein Markt wie jeder andere ist". Er verweist auf die umfangreichen staatlichen Einflüsse, vor allem bei den stark wachsenden Fluglinien aus dem Mittleren Osten. Diese haben in ihrem Heimatland hohe Kostenvorteile und drängen mit Macht voran. Kein Wunder also, so Skodzik weiter, dass der Ruf der europäischen Manager nach der ordnenden Hand der Politik zurecht laut wird.

Es ist noch nicht lange her, dass auch in Europa Adressen wie Alitalia oder Iberia ihre Verluste beim Steuerzahler abgeladen haben. Im Zuge der Schuldenkrise wird die EU nun aber restriktiver, zuletzt musste die ungarische Malev den Flugbetrieb einstellen.

Viel Ballast
Hinzu kommt die besondere Zyklizität der Fluggesellschaften. Das betrifft prinzipiell zwar auch andere Branchen, aber bei kaum einer schlägt sie sich so schnell nieder. Da werden Geschäfts- oder Urlaubsreisen schnell storniert und bei ohnehin dünnem Margen-Eis, auf dem die meisten Gesellschaften wandeln, ist der Rutsch in den Verlust vorprogrammiert.

So berichten sowohl die Lufthansa als auch Air-France-KLM über rote Zahlen im Jahr 2011. "Der wirtschaftliche Ausblick bleibt unsicher und der Spritpreis auf Rekordniveau", schreibt die französisch-holländische AirFrance-KLM in einem Kommentar zum Geschäftsjahr 2011, in dem sie operativ einen Verlust von 353 Millionen Euro eingeflogen hat. Eine Dividende werden die Aktionäre nicht bekommen. Lufthansa hat zwar operativ noch schwarze Zahlen erreicht, unter dem Strich aber auch einen Verlust ausgewiesen. Die Dividende fällt deutlich von 0,50 auf 0,25 Euro.

Dabei gehören diese Gesellschaften noch zu den sogenannten "flag carriers", also Premiumanbietern, die zumindest auf der Langstrecke profitabel sind. Auf den europäischen Kurzstrecken, wo sich auch viele Billigflieger tummeln, gibt es nichts zu verdienen, betont Frank Skodzik.

Weitere Kriegsschauplätze
In Deutschland wettern die Verantwortlichen vor allem gegen die entfernungsabhängige Luftverkehrsabgabe, Air-Berlin-Chef Hartmut Mehdorn nennt sie ein "Unding". Nach eigenen Berechnungen kostet die Steuer die Branche rund fünf Millionen Kunden und 740 Millionen Euro an entgangenen Ticketeinnahmen. Durch geringere Flughafengebühren verliere der Staat einen Teil somit wieder. "Eine Milchmädchenrechnung", kritisiert Klaus-Peter Siegloch, der Chef des eigens neu gegründeten Bundesverbandes der Luftverkehrswirtschaft.

Zudem braut sich neues Ungemach zusammen. Zwischen der EU und dem Rest der Welt gibt es Streit über die neuen C02-Verschmutzungsrechte. Diese sollen zukünftig nämlich auch amerikanische und asiatische Linien bezahlen, die nach Europa fliegen. Sowohl die US-Regierung als auch die Asiaten, allen voran China, haben bereits mit Gegenmaßnahmen gedroht.

Konjunkturhoffnungen
Aber es gibt auch Hoffnung für die gebeutelte Branche. Denn ausgerechnet die Kreditanalysten der Ratingagentur Standard & Poor's bescheinigen den meisten europäischen Fluglinien, dass die für ein schärferes Wirtschaftsklima im Jahr 2012 durchaus gut gerüstet sind.

"Nach unserer Analyse können die Fluglinien mit einem Rückgang des BIP um zwei Prozent fertig werden", sagte Analyst Olli Rouhiainen. Allerdings schränkt er ein, dass ein schärferer BIP-Rückgang die Ratings gefährden könnte. Zudem würde ein weiter steigender Ölpreis den Gesellschaften erheblichen Schaden zufügen. Obwohl die Ratingagentur für 2012 insgesamt von einem schlechteren ökonomischen Umfeld ausgeht, dürfte die Abschwächung nicht so im stark ausfallen wie im Krisenjahr 2009.

In diese Kerbe schlägt auch Frank Skodzik, der auf die günstigen Bewertungsniveaus der Luftfahrtaktien hinweist. Diese befänden sich noch auf Rezessionsniveau und böten daher Erholungspotenzial. Für die Lufthansa-Aktie beispielsweise nennt er ein Kursziel von 14 Euro, das wäre beim aktuellen Kurs von 10,54 Euro immerhin ein Potenzial von über 30 Prozent. "Kaufen und liegen lassen" sollte man die Aktien allerdings nicht.

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