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Analyse & Strategie: Branchen


19.03.2012 16:35
"Es sind zu viele Flugzeuge in der Luft"
Die Geschäftsmodelle der Fluggesellschaften gelten als besonders anfällig für Konjunkturschwankungen oder exogene Schocks. boerse.ARD.de hat bei Frank Skodzik von der Commerzbank genauer nach den Gesetzen der Branche gefragt.
Frank Skodzik Frank Skodzik, Airline-Analyst bei der Commerzbank 

boerse.ARD.de: Herr Skodzik, obwohl immer mehr Menschen fliegen, kommen die stark zyklischen Fluggesellschaften kaum aus den roten Zahlen. Wo liegt der generelle Webfehler der Branche?

Frank Skodzik: Herfür gib es mehrere Gründe. An vorderster Stelle steht natürlich das Problem der Überkapazitäten. Es sind zu viele Flugzeuge in der Luft. Ein besonderes Charakteristikum der Branche ist dabei, dass viele Staaten ihre Fluglinien subventionieren beziehungsweise lange subventioniert haben. Als Beispiel sei nur die italienische Alitalia genannt.

Die EU geht gegen mehrmalige Subventionen zwar mittlereile restriktiver vor, aber vor allem arabische Golfstaaten tun dies nicht. Der Persische Golf soll als Weltdrehscheibe ausgebaut werden, eine Gigantomanie, bei der es nicht so sehr auf das Tagesgeschäft ankommt.

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boerse.ARD.de: Welche Gründe gibt es noch?

Skodzik: Natürlich spielt die Zyklik eine große Rolle. Viele Flugreisen, etwa Geschäftsreisen, sind verzichtbar und werden als unmittelbare Kostensenkungsmaßnahme im Wirtschaftsabschwung schnell gestrichen. Allerdings muss hier auch gesagt werden, dass sich die Konjunktur entgegen den viel pessimistischeren Erwartungen vom Ende des vergangenen Jahres aktuell verstetigt hat und auch nicht so schwach ist wie etwa im Jahr 2009.

Als weiteren Grund seien noch exogene Schocks, wie etwa die Unruhen in Nordafrika oder das Erdbeben in Japan genannt, die sich in diesem Zusammenhang ebenfalls immer besonders negativ bemerkbar machen.

boerse.ARD.de: Aktuell wird vor allem der hohe Ölpreis als herausragender Belastungsfaktor diskutiert. Können die Fluglinien diese Mehrbelastung an die Kunden weitergeben?

Skodzik: Das ist in starkem Maße von der Nachfrage abhängig. Momentan sieht es eher so aus, als ob der hohe Ölpreis nicht wirklich weiter gegeben werden kann. Das bedeutet dann eben, dass er direkt ergebniswirksam ist. Einige haben ihr Risiko zwar abgesichert, aber das ist lediglich eine zeitliche Verschiebung des Problems. Zudem werden solche Hedges, wenn sie verlängert werden, oft auch teurer.

boerse.ARD.de: Aktuell rennt die Branche gegen die Luftverkehrssteuer Sturm. Ein weiterer Knackpunkt, wie steht es damit?

Skodzik: Diese Steuer hat schon ins Fleisch geschnitten bisher. Dabei gilt, dass tendenziell die low-costcarrier, also die Billigflieger, stärker getroffen sind als die Premium-Anbieter, die flagc arrier. Denn auf Langstreckenflügen, die fast nur von den flag carriern angeboten werden, fallen sie weniger stark ins Gewicht. Auf der kurzen Strecke macht die Steuer in der Regel einen höheren Anteil am Gesamtpreis aus und die Reisenden können häufig leicht auf ein anderes Transportmittel ausweichen.

Beispielsweise berichtet Germanwings darüber, dass die Steuer rund fünf Prozent der Umsätze ausmacht – und das bei einer ohnehin dünnen Ebit-Marge. Allgemein verdienen die flag carrier ohnehin nur noch auf der Langstrecke Geld, denn der Markt für Kurzstrecken ist durch Anbieter wie Easyjet oder Air Berlin extrem wettbewerbsintensiv.

boerse.ARD.de: Wie sind vor diesem Hintergrund ihre Prognosen für 2012?

Skodzik: 2012 wird ein schwieriges Jahr, einfach weil die Weltwirtschaft langsamer wächst. Zwar nicht so schlimm wie befürchtet, aber das Umfeld ist gedämpft. Für den europäischen Markt, also die reiferen Märkte, gilt als Wachstums-Faustformel rund zweimal das GDP-Wachstum.

boerse.ARD.de: Zuletzt sind mit Spanair und Malev zwei Fluggesellschaften aus dem Markt ausgeschieden. Ist mit weiteren Zusammenbrüchen zu rechnen?

Skodzik: Das ist bei dem aktuellen Ölpreis ein durchaus realistisches Szenario. Denn in Europa bleibt der Wettbewerbsdruck weiter hoch. Vor allem bei den Konkurrenten aus dem mittleren Osten muss berücksichtigt werden, dass diese Gesellschaften deutliche Kostenvorteile in einer Größenordnung von bis zu 30 Prozent haben. Sie zahlen weniger Steuern, Sozialabgaben und das Kerosin ist auch billiger. Gleichzeitig wollen sie immer weitere Landerechte bekommen, im Gegenzug ist aber deren Heimatmarkt für europäische Linien kaum vorhanden und interessant.

Bei diesem offensichtlichen Missverhältnis bleiben die Fluggesellschaften auf die Hilfe der Politik angewiesen, wie auch zuletzt durch Lufthansa-Chef Franz nochmals gefordert. Sonst ist der Kampf der Europäer ein Kampf gegen Windmühlen und ein Großteil der Arbeitsplätze wird in einiger Zeit in den mittleren Osten verlagert werden.

boerse.ARD.de: Zu den Aktien der Fluggesellschaften: Welches sind Ihre Favoriten und warum?

Skodzik: Wir favorisieren Lufthansa und IAG, also die Holding von British Airways und Iberia. Die Bewertung der Aktien ist zum einen günstig, da noch auf Rezessionsniveau. Zum anderen sollten die Chancen auf Preiserhöhungen im Sommer steigen, da neue Kapazitäten begrenzt gehalten wurden. Dadurch steigt die Markt – und Preismacht der beiden großen flag carrier.

Das Gespräch führte Robert Minde

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