boerse.ARD.de: Der Markt sieht in Bundesanleihen offenbar nach wie vor eine Art sicherer Hafen. Können Sie das nach den jüngsten Gipfelbeschlüssen noch nachvollziehen?
Mario Gruppe: Das kann ich schon. Auf den ersten Blick sieht es zwar so aus, als ob Merkel die große Verliererin und Monti der große Gewinner sei. Nun bleibt aber erst einmal abzuwarten, inwieweit diese Gipfelbeschlüsse denn auch konkret umgesetzt werden. Wir bleiben dabei: Solange die Schuldenkrise weiterschwelt, wird Deutschlands Bonität über allen strahlen und die Renditen für Bundesanleihen werden auf niedrigem Niveau verharren.
boerse.ARD.de: Die Frage, wer die Rechnung bezahlt, stellt sich am Markt offenbar niemand
Gruppe: Wir können natürlich ein Gedankenexperiment wagen: Wenn die Konjunktur in Italien noch schwächer laufen und die Italiener auch noch Hilfe benötigen sollten, dann dürfte es irgendwann eng werden unter dem Rettungsschirm. Dann würde diese Schuldenkrise auf eine ganz andere Ebene gestellt werden. Dann hätten wir eine Schuldenkrise 2.0. Und dann würde selbstverständlich auch Deutschland in den Fokus der Investoren geraten. Dann dürfte auch gefragt werden: Wer bezahlt denn eigentlich die Rechnung? Dass die Anleger sich diese Frage im Moment nicht stellen, kann man ganz klar an den Marktbewegungen, sprich an den niedrigen Renditen für Bundesanleihen ablesen.
boerse.ARD.de: Das ist aber nicht das von Ihnen favorisierte Szenario?
Gruppe: Keineswegs. Wir rechnen viel eher mit einer Fortsetzung dieser Politik der kleinen Schritte. Man rettet sich von einem Gipfel zum nächsten und setzt darauf, dass die Sparpakete erste Erfolge mit sich bringen. Wir rechnen bis Jahresende mit einer Rendite bei den zehnjährigen Bundesanleihen von 1,5 Prozent. Selbst Ende nächsten Jahres dürfte die Rendite für zehnjährige Bundesanleihen bei gerade einmal 2,0 Prozent liegen auch das wäre ein historisch betrachtet extrem niedriger Wert. Daran lässt sich ablesen, dass wir nicht an eine rasche Lösung der Schuldenkrise glauben.
Das Interview führte Angela Göpfert.
Die Landesrundfunkanstalten der ARD: BR, HR, MDR, NDR, radiobremen, rbb, SR>, SWR, WDR,
Weitere Einrichtungen und Kooperationen: ARD Digital, arte, PHOENIX, 3sat, KIKA, DeutschlandRadio, DW-World.de Deutsche Welle