Fitch bereitete den Finanzmärkten gestern einen Schrecken. Die amerikanische Ratingagentur senkte den Daumen für Japan, die Bonität des Landes wurde um eine Stufe von bisher "AA-" auf die Note "A+" herabgestuft. Was Fitch kritisiert, ist der "gemächliche" Schuldenabbau des Landes.
In der Tat könnte man einen Schreck bekommen angesichts des riesigen Schuldenberges, der sogar den Griechenlands in den Schatten stellt. Der Anteil der Schulden am Bruttoinlandsprodukt wird in Japan Ende des Jahres 239 Prozent betragen. Griechenland macht schon mit seinen 160 Prozent die Märkte hypernervös.
Kein Wunder also, dass die Fitch-Experten sogar einen negativen Ausblick für Japan haben. Damit signalisieren sie, dass in Zukunft eine weitere Herabstufung drohen könnte.
Die weichen Faktoren zählen
Deutlich optimistischer sind die Schweizer Wirtschaftsforscher des Basel Institute of Commons and Economics. Sie haben ein Ratingsystem für Staaten entwickelt, das die Bereitschaft von Politik, Wirtschaft und Gesellschaft zum Abbau der Staatsschulden berücksichtigt. Daran gemessen, verdient Japan die Top-Note "AAA". Deutschland und den USA trauen die Forscher das nicht zu.
"Zwar hat Japan einen starken Exportrückgang und große Belastungen durch das Erdbeben und die Atomkatastrophe von Fukushima zu verzeichnen", so der Leiter des Baseler Instituts, Alexander Dill. Doch in vielerlei Hinsicht ist das Land weit überdurchschnittlich.
Die große Leidensfähigkeit der Japaner
Zum einen verkraftet Japan nun schon eine über 20 Jahre andauernde Aktienbaisse mit 80 Prozent Verlust ohne soziale Unruhen und Verwerfungen. Der Nikkei sank von 40.000 auf heute 8.000 Punkte. Zudem ist die Bevölkerung in hohem Masse bereit, Wohlstands-, Einkommens- und Vermögenseinbußen zu akzeptieren. "Es ist auch künftig in Japan nicht zu erwarten, dass der Generationenvertrag gebrochen wird", so Dill. "Vielmehr sind die alten Menschen in Japan bereit, drastische Einbußen ihrer Altersversorgung zu akzeptieren."
Wie sehr die Bevölkerung auf die Zukunft des eigenen Landes baut, lässt sich in Zahlen belegen. Obwohl die Staatsanleihen des eigenen Landes sehr niedrig verzinst werden, sind sie zu 95 Prozent in japanischem Besitz. "Das spricht für ein hohes Vertrauen der japanischen Anleger in die staatliche Altersvorsorge", sagt Wirtschaftsforscher Dill.
Als Beleg für die Kraft Japans zieht er Entwicklung nach Fukushima heran. Politik, Wirtschaft und Gesellschaft hätten es vermocht, eine vollständige Abschaltung aller 55 Reaktorblöcke ohne große Beeinträchtigungen durchzustehen.
Bestnote nur noch für Norwegen
Die Schweizer Forscher vergeben die Bestnote "AAA" ansonsten nur an Norwegen. Die nächstbesten sind die Schweiz, Liechtenstein und Schweden, die jeweils auf "AA+" kommen. Australien erreicht ein "AA".
Deutschland und die USA schneiden noch schlechter ab. Deutschland bekommt nur ein "BBB". Die USA stehen mit "CCC" bei den Baselern am niedrigsten im Kurs. Nach der herkömmlichen Systematik der großen Ratingagenturen Standard & Poor's (S&P), Moody's und Fitch schneiden die beiden Länder deutlich besser ab. Deutschland bekommt von allen dreien weiter die Traumnote "AAA".
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