Fall eins:
Die Firma Monex Financial Consulting mit Sitz in Großbritannien vertrieb Aktien des kanadischen Unternehmens "AsiaPac Capital Services Inc." per Telefon. Dazu rief sie Kleinunternehmer an und flüsterte ihnen Aktientipps ins Ohr, wie etwa diesen: Die Firma AsiaPac habe großes Potenzial, ein namentlich nicht genanntes Unternehmen aus Katar wolle 15 Prozent der Anteile kaufen und somit den Kurs nach oben treiben. "Ich habe nicht so viel Ahnung von Aktien. Das hörte sich aber alles ganz plausibel an", erzählt Hans Schmidt (Name geändert). So plausibel, dass er Aktien im Wert von 33.000 Euro kaufte - und am Ende alles verlor. Er ist nicht das einzige Opfer: Über das Internetforum "Ariva" fanden sich zahlreiche Geschädigte zusammen. Verluste im sechsstelligen Bereich: Kein Einzelfall. Die Telefonverkäufer dürften sich die Hände gerieben haben, gut eingedeckt mit den Aktien, stießen sie (oder ihre Hintermänner) diese zu Höchstkursen ab und strichen satte Gewinne ein.
Die Opfer wandten sich vermehrt an die BaFin: "Ich habe den Eindruck, dass hier Kursmanipulation und Betrug vorliegen", hieß es in einem der Briefe an die Behörde. Die BaFin nahm daraufhin den Fall unter die Lupe, ermittelte wegen des Verdachts der Marktmanipulation. Der Verdacht erhärtete sich, wie BaFin-Sprecherin Dominika Kula, gegenüber boerse.ARD.de erklärt: "Wir haben daraufhin 2010 bei der Staatsanwaltschaft Braunschweig Anzeige erstattet." Der Fall lief unter dem Namen AsiaPac Capital Services Inc., also dem Namen der beworbenen Aktie, und führte auch die Vorwürfe gegen Monex Financial Consulting auf. Was ist daraus geworden? Ein Anruf bei der Staatsanwaltschaft Braunschweig ergibt: Ermittlungen gegen die Firma Monex Financial Consulting wurden nie eingeleitet.
Zahl der Verurteilten ist gering
"Ich habe das Gefühl, niemand fühlt sich für meinen Fall verantwortlich, dabei ist das doch ein klarer Fall von Marktmanipulation", beschwert sich Hans Schmidt. Ein Blick in die Statistik scheint den Eindruck zu bestätigen. Im Jahr 2009 zeigte allein die BaFin 120 Personen wegen Verstößen gegen das Wertpapierhandelsgesetz an. In der gesamten Bundesrepublik kam es im gleichen Zeitraum gerade einmal zu 24 Abgeurteilten, das heißt Fällen, die rechtskräftig abgeschlossen wurden. Die Bilanz der 24 Fälle: dreizehn Verurteilungen, zehn Verfahrenseinstellungen und ein Freispruch.
Fall zwei:
Ein Stadtrat aus dem Düsseldorfer Raum gründete eine Aktiengesellschaft ohne operatives Geschäft. Über Telefonverkäufer wurde das Wertpapier vertrieben. Das Urteil: Der Stadtrat erhielt im Februar 2010 eine Freiheitsstrafe von sechs Jahren wegen Betruges. Die Telefonverkäufer? Sie kamen ungeschoren davon.
Gesetzeslücke ausgenutzt…
Verurteilungen wegen Marktmanipulation: fehlgeschlagen! Aber was ist eigentlich mit dem Gesetz gegen unlauteren Wettbewerb? Darin steht: Unerbetene Anrufe, sogenannte Cold Callings, sind strafbar und können mit einem Bußgeld von bis zu 50.000 Euro geahndet werden. Die Bundesnetzagentur erklärt hierzu gegenüber boerse.ARD.de: "Bei uns sind zwar Beschwerden zu Monex Financial Consulting eingegangen. Jedoch hat das Unternehmen nur Selbstständige angerufen, also Gewerbetreibende, und für diese Gruppe fehlt die gesetzliche Grundlage." Der Grund: Gewerbetreibenden wird ein gewisses Interesse an Werbeanrufen unterstellt. Das Gesetz und die Bußgelder gelten somit nur für Verbraucher. Wohl ein Grund, warum zu den bekannten Opfern von Monex Financial Consulting nur Selbstständige zählen.
Fazit: Die Telefonverkäufer können fröhlich weiter hantieren und das tun sie auch: "Ich bekomme immer wieder Anrufe von neuen Anlageberatern aus Großbritannien. Die Beratungsfirmen haben zwar neue Namen wie Thompsen und Barclay Consult, aber an den Stimmen erkenne ich, das sind die gleichen Leute wie damals bei Monex", erzählt Hans Schmidt. Die Abzocke - sie geht weiter.
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