Allein der chinesische Staat hortet Währungsreserven in Höhe von 3,2 Billionen Dollar. "Auch die Kassen chinesischer Unternehmen sind prall gefüllt", sagt Alexander Kron, bei Ernst & Young für die Transaktionsberatung in Deutschland zuständig. Selbst größere Zukäufe könnten sie problemlos finanzieren. Und "Made in Germany" ist in China gefragt.
Chinesen gehen auf Einkaufstour
Nach China selbst und den USA ist Deutschland für chinesische Investoren das attraktivste Investitionsziel weltweit. Das geht aus der Studie klar hervor. Dafür wurden die Führungskräfte von 400 großen und mittelständischen Unternehmen aus China befragt. Das Ergebnis: Über die Hälfte von ihnen will in den kommenden Jahren im Ausland investieren, vor allem in Westeuropa und speziell in Deutschland. Schuldenkrise hin oder her.
Die Kauflust scheint unter den chinesischen Investoren groß: Neun Prozent der Unternehmen, die in Deutschland investieren wollen, planen Unternehmenszukäufe. Das sei erstaunlich viel, findet Kron. Zumal weitere 56 Prozent angeben, an Gemeinschaftsunternehmen, also Joint Ventures, interessiert zu sein. "Dazu muss man wissen, dass ein Joint Venture von den Chinesen aufgrund ihrer Kultur nicht zwingend gleich zu setzen ist mit einem Unternehmenskauf, aber ihm nahe kommt", sagt der Mitarbeiter von Ernst & Young. Man könne davon ausgehen, dass ein erheblicher Teil der Joint Ventures in eine Übernahme mündet.
Maschinenbau und Automobilindustrie gefragt
Am meisten Potenzial sehen die Chinesen im Maschinenbau und in der Automobilindustrie, den klassischen deutschen Vorzeigebranchen. "Die chinesischen Automobilzulieferer sind an deutschen Autoherstellern als Kunden interessiert", erzählt Yi Sun, die bei Ernst & Young für das Chinageschäft zuständig ist. "Deshalb kaufen sie deutsche Automobilzulieferer auf, um diese Kunden besser beliefern zu können."
Sun sieht Anzeichen für eine regelrechte Übernahmewelle aus China. Bisher ist davon aber noch nicht viel zu spüren. Im Zeitraum von 2005 bis 2010 haben die Chinesen in Deutschland insgesamt 775 Millionen Euro investiert. "Das ist keine Invasion, das ist ein leichtes Anklopfen", kommentiert Siemens-Chef Peter Löscher, der Chef des Asien-Pazifik-Ausschusses der deutschen Wirtschaft, die Höhe der Investitionen.
Im Fokus stehen bei den Chinesen derzeit mittelständische Unternehmen, die nicht börsennotiert sind. Wie Ilja Nothnagel, der Außenwirtschaftsexperte des Deutschen Industrie- und Handelskammertags, berichtet, wollen sich chinesische Unternehmer mit solchen Zukäufen ein zweites Standbein in Europa schaffen. Gleichzeitig könnten sie vom Know-How der Unternehmen und auch von ihren Erfahrungen mit internationalen Märkten profitieren.
Chinesen gehen sehr behutsam vor
Die Blue Chips sind für chinesische Geldgeber im Moment eine Nummer zu groß, erzählt Yi Sun, China-Expertin bei Ernst & Young. Generell hätten sie mit börsennotierten Unternehmen immer noch wenig Erfahrung. Die deutschen Unternehmensstrukturen an sich seien für sie schon eine Herausforderung. "Angefangen bei den Produktionsprozessen bis hin zum Controlling läuft vieles anders ab als in der Heimat", sagt Sun.
Außerdem würden sich die Chinesen bisher bei den Investitionssummen noch ganz bewusst zurückhalten, berichtet Friedolin Strack, Leiter der Asien-Abteilung beim Bundesverband der deutschen Industrie. "Denn wenn man als chinesischer Investor sieht, mit welchen Hürden schon europäische Investoren bei Dax-Übernahmen zu kämpfen haben, dann ist doch klar, dass man mit Behutsamkeit richtig liegt." Er geht aber davon aus, dass die Direktinvestitionen in Deutschland kontinuierlich steigen und zunehmend auch in börsennotierte Unternehmen fließen werden.
Übernahmehunger kommt Unternehmen zugute
Es gibt es in der Börsenwelt schon einige geglückte Deals. So hat der chinesische Computerhersteller Lenovo im vergangenen Jahr den Aldi-Computerlieferanten Medion für geschätzt 629 Millionen Euro geschluckt. Mittlerweile hält das chinesische Unternehmen knapp 80 Prozent an dem Essener Unternehmen.
Seit Frühjahr dieses Jahres haben auch beim Solarzellen-Hersteller Sunways aus Konstanz die Chinesen das Sagen: Das Solarunternehmen LDK Solar hält rund 70 Prozent der Anteile und hat das krisengeschüttelte deutsche Unternehmen so vor der Pleite bewahrt. Vor kurzem ist schließlich auch eine Tochtergesellschaft des insolventen Solarunternehmens Q-Cells an den chinesischen Konzern Hanergy gegangen. Offensichtlich kommt der Übernahmehunger aus dem Reich der Mitte deutschen Unternehmen manchmal sogar zugute.
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