Der Konzern "guided" nämlich den Bankanalysten, sobald dessen Gewinnschätzung öffentlich ist. Das heißt, das Unternehmen lenkt den Analysten in die gewünschte Richtung, sofern dessen Prognose zu stark abweicht von der Realität. Natürlich darf der Konzern dem Analysten nicht sagen, ob er mit seiner Schätzung richtig liegt. Er darf auch nicht sagen, wie viel er daneben liegt.
In der Praxis hilft man sich daher mit einem Kniff: Der Investor Relations Manager wählt aus der Spannbreite der kursierenden Schätzungen drei bis vier Prognosen heraus und nennt sie dem Analysten. Diese Informationen wird der Bankexperte dann in seine eigene Analyse einfließen lassen - und gegebenenfalls seine Gewinnschätzung überarbeiten.
Manipulationen Tür und Tor geöffnet?
Über die Guidance kann das Unternehmen die Analystenschar in eine gewünschte Richtung lenken. Idealerweise sollten sich die Prognosen so allmählich der Realität annähern. Idealerweise dürfte es also auch keine bösen Überraschungen bei Veröffentlichung des Quartalsberichtes geben. Doch ganz so ideal läuft es eben in der Börsenwelt nicht immer ab.
Unternehmen könnten versucht sein, Analysten zu manipulieren und in die Richtung zu lenken, die ihnen genehm ist. In haussierenden Märkten geben sich Unternehmen in ihren Schätzungen gern optimistischer, weil Anleger Aktien mit starkem Gewinnwachstum bevorzugen. In Bärenmärkten versuchen Unternehmen eher die Erwartungen herunterzuschrauben, um dann in der Berichtssaison mit Erreichen dieser Ziele zu glänzen. Schließlich ist es besser für das Renommee und auch für den Aktienkurs wenn man letztlich seine eigenen Prognosen übertrifft.
Warum die "Whisper Numbers" anders aussehen
Was hat es nun mit den "whisper numbers" auf sich? Die Flüsterschätzungen kommen teils aufgrund von Erfahrungen zustande, schließlich weiß man am Markt aus vorherigen Quartalsberichten, wenn Unternehmen in ihren Prognosen tendenziell etwas konservativer sind.
Auch Bankanalysten und Fondsmanager, die die Aktie selbst halten oder ihren Kunden empfehlen, dürften tendenziell eher etwas defensiver prognostizieren. Schließlich würde es ihrem Ruf schaden, wenn sich hinterher herausstellt, dass die Geschäfte des Unternehmens schlechter liefen als gedacht. Die Aktie fällt, die eigene Performance ist dahin. Also hängen Analysten ihre wirklichen Erwartungen lieber nicht an die große Glocke, unterhalten sich aber durchaus mit Kollegen anderer Banken darüber. So kommen die Flüsterschätzungen zustande.
Böse Zungen behaupten, dass die offiziellen Prognosen ohnehin so gehalten werden, um die Kleinanleger in eine bestimmte Richtung zu schicken. Damit sie dann nach Kaufempfehlungen kaufen, während die großen, institutionellen Investoren aussteigen.
Gänzlich ist das Geheimnis der Flüsterschätzungen wohl nicht zu lüften. Sie werden übrigens keineswegs nur geflüstert. Man findet sie auch schwarz auf weiß: auf Webseiten und in Internetforen.
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