boerse.ARD.de: Herr Salomon, "Erholungen bis 6.475 Punkte sind zu verkaufen", lautet seit einigen Tagen ihr Credo. Nun hat es der Dax gestern aber sogar bis auf 6.491 geschafft. Hellt sich das technische Bild nun auf oder war das nur eine Bullenfalle?
Stefan Salomon: Das war eine Bullenfalle allerdings eine sehr kurzfristige. Im Moment befinden wir uns übergeordnet in einer trendlosen Phase, bei der man mit sehr viel Unsicherheit im Markt rechnen muss. Man sollte als Anleger in solchen Phasen ganz einfach versuchen, bei übergeordneten Widerständen zu verkaufen und bei Unterstützungen die Hände aufzuhalten.
boerse.ARD.de: Was sind hier wichtige Marken?
Salomon: Nach oben sollte man vor allem die 6.500 im Blick behalten. Wenn wir uns die Monats-Kerzen im Dax anschauen, so haben wir hier das April-Tief bei 6.499 Punkten sowie im Februar und Januar einen Eröffnungs- beziehungsweise Schlusskurs auf diesem Niveau. Das ist insofern schon eine ganz wichtige Marke. Knapp darüber lauern dann schon die nächsten Widerstände bei 6.600/6.650 Punkten, diese können wir herleiten aus den Dax-Tiefpunkten auf Wochenbasis im Februar und Anfang März. Nach unten ist die 6.000 respektive die 5.914, das Verlaufstief von Juni, zu beachten. Allerdings sollte man sich nie blind auf solche Marken verlassen.
boerse.ARD.de: Sondern?
Salomon: Man muss diese Marken mit kurzfristigen Kauf- und Verkaufssignalen kombinieren. Es ist immer sinnvoll, unterschiedliche Zeitebenen zu beachten: Also sowohl Stundenkerzen als auch Tages-, Wochen- und Monatskerzen.
boerse.ARD.de: Letztere sind ja vor allem für die mittel- bis langfristig orientierten Privatanleger von Interesse. Würden Sie solchen Anlegern derzeit nicht eher raten zu warten, bis sich wieder ein klarer Trend herauskristallisiert hat?
Salomon: In der Tat heißt für solche Anleger momentan die Devise zurückhalten. Denn das meiste Geld verdient man nun mal im Trend und nicht im Seitwärtsmarkt. Allerdings kann diese volatile Seitwärtsbewegung durchaus noch ein ganzes Jahr andauern. Für langfristig orientierte Anleger geht es darum, einen über mehrere Wochen und Monate bestehenden Trend mitzunehmen und laufen zu lassen. Sollten wir also die 6.500 per Monatsschlusskurs überwinden, dann könnten auch solche Anleger Kaufsignale mitnehmen und den Trend laufen lassen. Würde aber der Dax unter 5.900 Punkte fallen, könnte man einen neuen Abwärtstrend konstruieren. Dann heißt die Devise verkaufen beziehungsweise short gehen.
boerse.ARD.de: Machen diese politikgetriebenen Börsen mit ihren schnellen Richtungswechseln eigentlich auch Ihnen als Charttechniker das Leben ein bisschen schwer?
Salomon: Tatsächlich wird meine Arbeit dadurch nicht unbedingt einfacher. Fakt ist: Die langfristige Richtung kenne ich nicht. Ich kann also nichts ableiten, auch kein Kursziel für den Dax, wie es sich beispielsweise aus der oberen Begrenzung eines Trendkanals ergeben würde. Auch ich als Charttechniker habe keine Kristallkugel. Es gibt nun einmal Marktphasen, in denen ich sehr gute, klare Signale habe. Dann gibt es wieder Marktphasen der Unsicherheit und der langfristigen Trendlosigkeit. In solchen Momenten schaue ich mir als Chartanalyst vor allem die kurzfristigen Zeitebenen an. Hier lassen sich durchaus aussagekräftige Kursziele ableiten. Die gelten dann aber vielleicht nur für eine Woche.
Das Gespräch führte Angela Göpfert.
Den Dax-Chart mit Candlesticks auf Stunden-, Tages-, Wochen- und Monatsbasis finden Sie auch im
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