Auf Einbußen von 35 bis 40 Prozent beim Handel mit den außerbörslichen Derivaten können sich Banken einstellen, sollte die EU ihre Pläne in die Tat umsetzen. Das schätzen Experten der Beratungsfirma Bearing Point, die die "Financial Times Deutschland" am Montag zitiert. Berater und Wirtschaftsprüfer haben die möglichen Neuregelungen schon länger im Visier, wie auch eine Einschätzung von Price Waterhouse Coopers (PWC) belegt, die boerse.ARD.de vorliegt: "Erst wenige Institute haben sich schon ausreichend mit den neuen Verpflichtungen befasst, die EMIR für sie bedeuten wird", so Peter Seethaler, der bei PWC den Bereich "Asset Management" leitet.
20 Milliarden Einbußen?
Hinter EMIR, dem Kürzel für "European Market Infrastructure Regulation" verbirgt sich die Anforderung, bislang außerbörslich und gebührenfrei gehandelte standardisierte Derivate künftig über eine zentrale Stelle abzuwickeln. Darüber hinaus müssen die Finanzprodukte nach dem Willen der EU an ein zentrales Transaktionsregister gemeldet werden. Beides dürfte die Kostenseite der Banken erheblich belasten. Nach Schätzungen der von der "FTD" befragten Experten könnten die Einbußen durch die Regulierung des Marktsegments bei bis zu 20 Milliarden Dollar jährlich liegen, denn der außerbörsliche Derivatehandel hat ein Volumen von mehr als 55 Milliarden Dollar.
CDS als Dorn im Auge der EU?
Zu den Derivaten, die die Parlamentarier im Auge haben, zählen auch die berüchtigten CDS, Credit Default Swaps, mit denen sich Gläubiger gegen den Ausfall eines Schuldners versichern können, die aber in den vergangenen Jahren auch zu wilden Spekulationsgeschäften missbraucht wurden. So hatte die Pleite der US-Investmentbank Lehman Brothers und die folgende Aktivierung von CDS beinahe den größten US-Versicherer AIG mit in die Tiefe gerissen. Beim Schuldenschnitt Griechenlands vor wenigen Wochen waren CDS allerdings ohne nennenswerte Verwerfungen in der Banken- und Versicherungsbranche aktiviert worden.
Auch Swaps, Tauschgeschäfte, mit denen vor allem Devisen- und Zinsgeschäfte abgeschlossen werden, sowie Forwards, Termingeschäfte, die den börsengehandelten Futures, ähneln gehören zu den außerbörslich gehandelten Derivaten.
EMIR soll am Donnerstag vom Europäischen Parlament verabschiedet werden. Danach wird die Europäische Finanzaufsicht ESMA (European Securities and Markets Authority) bis Ende Juni Zeit haben, konkret zu bestimmen, für welche Derivateklassen welche Dokumentations-, Melde und Abwicklungsprozesse gelten sollen. Gelten wird EMIR dann ab dem ersten Januar 2013.
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