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Analyse & Strategie: Regionen


09.03.2012 11:55
Japan zurück auf Wachstumskurs
Ein Jahr nach dem großen Erdbeben in Japan, dem verheerenden Tsunami und dem Atomunglück in Fukushima sehen die meisten Ökonomen eine Rückkehr der japanischen Wirtschaft zur Normalität. Der Nikkei hat bereits einen gewaltigen Sprung gemacht - aber die Risiken sind enorm.
Quelle: pa/dpa

Für Fidelity-Fondsmanager Ronald Slattery hat sich das Land von den Folgen der Katastrophe weitgehend erholt. "Die japanische Wirtschaft ist nach den Naturkatastrophen im vergangenen Jahr schnell wieder auf den Wachstumspfad zurückgekehrt - Lücken in den Lieferketten konnten rasch geschlossen, Produktionsanlagen wieder hergerichtet werden", sagt er. Die neuerliche Abschwächung dieser Dynamik ab dem vierten Quartal 2011 sei hingegen externen Effekten wie der Flut in Thailand und der Zuspitzung der europäischen Staatsschuldenkrise und deren Auswirkungen auf die japanische Exportwirtschaft geschuldet.

Bild zum Artikel vergrößernDer Nikkei-Index in den vergangenen zwölf Monaten 

Unternehmen profitieren vom Wiederaufbau und Einsparungen
Fondsmanager Slattery geht davon aus, dass die Stimmung unter japanischen Unternehmen wegen der fortdauernden Stärke des Yen vorerst gedämpft bleibt. Er macht die Exporte teuer. Doch, so schränkt er ein, dürfte die durch den Wiederaufbau bedingte Binnennachfrage der öffentlichen wie auch der privaten Haushalte im ersten Halbjahr 2012 diese Effekte abfedern.

Außerdem sei es vielen japanischen Unternehmen bereits gelungen, ihre Erträge und Profitabilität deutlich zu steigern. Ausgestattet mit Barbeständen in Rekordhöhe trieben sie ihre Internationalisierung durch Zukäufe insbesondere in Asien und anderen Schwellenländern voran. Anleger könnten davon bei der richtigen Titelauswahl ebenso profitieren wie von aktuell zu beobachtenden Aktienrückkaufprogrammen und Dividendenzahlungen, sagt Slattery.

Auch Rudolf Besch, Volkswirt bei der Deka-Bank, schätzt Japans Wachstumsaussichten für 2012 als gut ein. Stärker als erwartet dürfte der Aufholprozess nach den Flugkatastrophen in Thailand die wirtschaftliche Aktivität vor allem im ersten Halbjahr beflügeln. Das habe positive Auswirkungen auf den privaten Konsum und die gewerblichen Investitionen. Er geht davon aus, dass die japanische Wirtschaft in diesem Jahr um 1,5 Prozent wachsen wird. Ohne weitere Naturkatastrophen könnten es auch 2,0 Prozent sein. Davon geht auch die japanische Notenbank aus.

Hohe Staatsverschuldung wird zum Risiko
Sorgen bereitet Besch die hohe Staatsverschuldung. "Solange sich hier keine Lösung ergibt, wird sich an der japanischen Wellblechkonjunktur nicht viel ändern", sagt er. In der Tat: Der Wiederaufbau wird zu einem großen Teil mit Krediten finanziert. Die OECD schätzt, dass die Staatsverschuldung gemessen am Bruttoinlandsprodukt (BIP) im ersten Schritt von 218 auf 230 Prozent gestiegen ist. Volkswirte erwarten, dass spätestens im Jahr 2015 die kritische Marke von 250 Prozent erreicht wird. Da sich der japanische Staat aber nur wenig Geld am internationalen Kapitalmarkt geliehen hat, kann die drittgrößte Volkswirtschaft der Welt mit einer sehr hohen Schuldenquote besser leben als Länder, die sich fast das gesamte Kapital im Ausland leihen müssen.

Das Risiko: Wenn der Wiederaufbau der zerstörten Region keinen selbsttragenden Aufschwung auslöst und der Reformeifer der Regierung wieder verpufft, bleiben unter dem Strich nur die Schulden. Dann könnte die Schuldenkrise in Japan schlagartig eskalieren. Die Rating-Agentur Standard & Poor's (S&P) hat ihre Bonitätsnote für Japan von "AA-" mit negativem Ausblick bestätigt. Das könnte bedeuten, dass die Kreditwürdigkeit bald herabgestuft wird, wenn die Wirtschaft in den kommenden Monaten weniger stark wächst als erwartet. Fondsmanager Guido Lingnau, Guliver Finanzberatung, sieht eine weitere Gefahr: die stark alternde Gesellschaft. Die Produktion geht zurück, die Steuereinnahmen sinken, die Sozialausgaben steigen. Lesen Sie mehr dazu im Beitrag  "Japan droht die Hyperinflation"

Bild zum Artikel vergrößernEuro zum Yen in den vergangenen zwölf Monaten 

Hoher Yen bremst Erholung am Aktienmarkt
Der japanische Aktienmarkt hat sich von der Natur- und Atomkatastrophe noch nicht ganz erholt. Außerdem macht der hohe Yen-Kurs der Exportwirtschaft das Leben schwer. Der Nikkei-Index, der vor dem Tsunami noch über 10.800 Punkten notierte, fiel bis Ende November vergangenen Jahres bis unter die Marke von 8.200 Punkten. Seitdem geht es wieder bergauf mit den Kursen. Der Nikkei war zu Wochenschluss, also genau ein Jahr nach der Katastrophe, zumindest zeitweise wieder über die 10.000 Punkte-Marke gesprungen.

Die japanische Währung, die von vielen Investoren als sicherer Hafen angesehen wird, hat gegenüber dem Euro in den vergangenen zwölf Monaten stetig an Wert gewonnen. Im April 2011 kostete ein Euro 123,26 japanische Yen, aktuell sind es etwa 108 Yen.

Atom-Gefahr noch nicht gebannt
Ein Jahr ist seitdem vergangen, und Fukushima ist zusehends aus dem Fokus der Weltöffentlichkeit geraten. Vor Ort aber geht der Kampf gegen die atomare Strahlung weiter. Eine weitere Katastrophe ist nicht ausgeschlossen. Noch immer werden Lebensmittel wegen zu hoher Strahlungswerte aus dem Handel genommen; Menschen meiden Leitungswasser und leben in Furcht vor Schilddrüsenkrebs und Leukämie. Unterdessen versucht der Energiekonzern Tepco, der den GAU von Fukushima zu verantworten hat, sich über Entschädigungszahlungen von der Schuld freizukaufen. In 5.500 Fällen hat das Unternehmen Geld gezahlt. Zehntausende Menschen und Unternehmen warten noch darauf.

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