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Platz 10: Bulgarien
16 von 27 Mitgliedsstaaten der Europäischen Union bekommen mehr Geld aus Brüssel, als sie in die Gemeinschaftstöpfe einzahlen. Der zehntgrößte Nettoempfänger der EU ist Bulgarien. Das Land kann die Hilfe gut gebrauchen. Das osteuropäische Land weist das niedrigste BIP je Einwohner auf und hat eine der höchsten Armutsquoten. 2010 erhielt die Regierung in Sofia 895 Millionen Euro mehr als es nach Brüssel überwies, um die Lebensbedingungen an den EU-Durchschnitt anzupassen. Es ist ein langer Weg.
Quelle: „Die Finanzierung der Europäischen Union“, Bertold Busch.
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Platz 9: Rumänien
2007 trat Rumänien der Staatengemeinschaft bei. Mit etwa 21 Millionen Einwohnern ist es das sechsgrößte Land der Union. Die Wirtschaft allerdings hinkt der Entwicklung im Euro-Raum hinterher. Um die Strukturen zu reformieren, flossen in den ersten beiden Jahren Milliardenhilfen nach Bukarest. Gut 1,6 Milliarden Euro (2009) und 1,24 Milliarden Euro (2010) betrug der Überschuss zwischen den Zahlungen an und von der Europäischen Union.
Die Zahlungen der Vorjahre hatten zunächst Erfolg: Die Wirtschaft wuchs jährlich zwischen sechs und acht Prozent. Doch dann kam die Finanzkrise, Rumänien geriet in Schwierigkeiten: Der IWF musste dem Land 2009 Kredithilfen in Höhe von 13 Milliarden Euro bereitstellen, die EU-Kommission lieh dem Land fünf Milliarden Euro aus ihrem Notfallfonds.
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Platz 8: Slowakei
Das Land kämpft für eine Anhebung des EU-Budgets und gegen Sparforderungen von den Nettozahlern. „Es gibt keinerlei Raum für Kürzungen“, sagt der slowakische Außen-Staatssekretär Peter Javorcik. Kein Wunder, profitiert sein Land doch kräftig von der Existenz der EU-Fördertöpfe. Fast 1,35 Milliarden Euro erhielt das Euro-Sorgenkind mehr aus Brüssel, als es an die Staatengemeinschaft 2010 überwies.
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Platz 7: Litauen
Litauen ist seit dem 1. Mai 2004 Mitgliedstaat der Europäischen Union. Finanziell profitierte das Land in den vergangenen Jahren vom Beitritt. 1,468 Milliarden netto erhielten die Osteuropäer an Transferleistungen (abzüglich der Zahlungen an Brüssel). Rechnet man das Geld auf die Bevölkerungszahl herunter – Litauen hat nur gut 3,2 Millionen Einwohner – erhielt Litauen stolze 438,20 Euro pro Staatsbürger. 2010 lag die Überschuss-Summe bei 1,358 Milliarden Euro.
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Platz 6: Tschechien
Deutschlands südöstlicher Nachbar erhielt zwischen 2004 und 2010 im Durchschnitt knapp eine Milliarde Euro mehr, als es gen Brüssel abtrat. 2010 lag der Überschuss gar bei 2,079 Milliarden Euro. Zwei Drittel der Summe wurden als Subventionen für die Landwirtschaft und Fischerei ausgestellt.
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Platz 5: Portugal
Portugal kann sich aus eigener Kraft nicht mehr finanzieren. Es suchte Schutz unter dem Euro-Rettungsschirm und kämpft sich nur langsam aus dem Tal. Hilfe kommt nicht nur von den Partnern der Währungsunion, sondern auch aus der EU. Portugal ist mit einem Transferüberschuss in Höhe von 2,62 Milliarden Euro (2010) der fünftgrößte Nettoempfänger.
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Platz 4: Ungarn
Das osteuropäische Land konnte sich 2010 über Nettozuwendungen aus Brüssel in Höhe von 2,74 Milliarden Euro freuen. Neben den Agrarsubventionen hat Budapest vor allem Geldmittel bekommen, um gegen die Kriminalität vorzugehen und den Justizapparat zu stärken. Dennoch riskierte Ministerpräsident Victor Orbán den Bruch mit der EU, indem er die Unabhängigkeit der Zentralbank praktisch abgeschafft hat, die Rechte der Presse beschneiden wollte und branchenspezifische Sondersteuern konstruierte, die ausländische Telefongesellschaften, Banken und Einzelhändler besonders belasteten.
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Platz 3: Griechenland
Der Pleitestaat bekam 2009 gut drei Milliarden Euro mehr aus den EU-Töpfen, als es an Brüssel überwies. Pro Kopf waren das 267,20 Euro. 2010 lag der Überschuss noch einmal deutlich höher und zwar bei 3,59 Milliarden Euro.
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Platz 2: Spanien
Einer der größten Profiteure der Umverteilungs-Politik der Europäischen Union ist Spanien. Satte 4,1 Milliarden Euro betrug der Transferüberschuss der Iberer 2010.
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Platz 1: Polen
Der mit Abstand größte Nettoempfänger ist Polen. Bei 6,2 Milliarden Euro lag der Überschuss 2009, ein Jahr später stieg die Summe auf 8,42 Milliarden Euro. Fast zwei Drittel dieser Summe zahlte die Europäische Union Polen als Subventionen für die Landwirtschaft und Fischerei und für Infrastrukturprojekte.
Zur Datenerhebung: Auf der Ausgabenseite werden nur die in den Mitgliedsstaaten zurechenbaren Ausgaben berücksichtig und außerdem die Verwaltungsausgaben abgezogen. Von diesen sogenannten operativen Ausgaben je Mitgliedsland wird der angepasste nationale Beitrag abgezogen. Zur Berechnung des angepassten nationalen Beitrags wird der Anteil jedes Landes an den nationalen Beiträgen insgesamt ermittelt. Mit diesem Anteil werden die gesamten operativen Ausgaben der EU-27 multipliziert. Diese Berechnung erlaubt einen Vergleich zwischen den Mitgliedsstaaten.
„Die zerstrittenen Staaten von Europa“, titelte WirtschaftsWoche Online im November 2012, unmittelbar nachdem der damalige EU-Gipfel keine Einigung im Budgetstreit finden konnte. Dieses Mal, da waren sich die Staats- und Regierungschefs einig, sollte der EU-Gipfel nicht wieder negative Schlagzeilen produzieren. Lange sah es aus, als bliebe es Wunschdenken. In der Nacht mussten die Verhandlungen abgebrochen werden, selbst um 5 Uhr am Freitagmorgen schien ein Scheitern noch möglich. Doch am Ende einigten sich die 27 Mitgliedsstaaten über die Grundsätze für das EU-Budget von 2014 bis 2020.
Die Obergrenze beträgt bei den sogenannten Verpflichtungsermächtigungen 960 Milliarden Euro. Das sind rund zwölf Milliarden weniger als beim gescheiterten ersten Haushaltsgipfel im November diskutiert wurden. Auf Deutschland als stärkste Wirtschaftskraft in der EU entfallen etwa 20 Prozent der Kosten. Die Verpflichtungen entsprechen 1,0 Prozent des Bruttonationaleinkommens der Staatengemeinschaft, wie von der Bundesregierung gefordert. Deutschland behält zudem alle seine Rabatte auf die Zahlungen nach Brüssel, die sich im Jahr 2011 auf 1,98 Milliarden Euro addierten. Auch die abzusehenden Kürzungen für Strukturhilfen, die vor allem den ostdeutschen Bundesländern zugute kommen, wurden weitgehend begrenzt.
Wie sich die EU finanziert
Traditionelle Eigenmittel
Der größte Teil der traditionellen Eigenmittel sind die Einnahmen aus Zöllen, die bei der Einfuhr von Erzeugnissen aus Nicht-EU-Staaten erhoben werden, sowie Zuckerabgaben. Das sind Abgaben, die sich aus der Gemeinsamen Marktorganisation für Zucker ergeben und von den Produzenten auf die Zucker- und Isoglukosequoten zu entrichten sind (123,4 Millionen Euro im Haushalt 2012). In den 1970er Jahren waren die traditionellen Eigenmittel neben den nationalen Beiträgen die Haupteinnahmequelle. Sie machten etwa 1974 mehr als 60 Prozent der Einnahmen aus. Im Haushaltsplan für das Jahr 2012 liegt der Anteil der traditionellen Eigenmittel an den gesamten Einnahmen nur noch bei 14,9 Prozent (19,294 Milliarden Euro).
Mehrwertsteuer-Eigenmittel
Die Mehrwertsteuer-Eigenmittel beruhen auf einem einheitlichen Prozentsatz, der auf die harmonisierte MwSt-Bemessungsgrundlage jedes Mitgliedstaats angewandt wird. Sie betragen im aktuellen Jahr 14,498 Milliarden Euro. Die MwSt-Grundlage ist auf 50 Prozent des Bruttonationaleinkommens jedes Mitgliedstaats begrenzt. Mit dieser Kappung soll vermieden werden, dass die weniger wohlhabenden Mitgliedstaaten, in denen der Verbrauch und somit die Mehrwertsteuer einen verhältnismäßig höheren Anteil am Nationaleinkommen ausmachen, einen Betrag abführen müssen, der nicht in Relation zu ihrer Beitragskapazität steht.
Bruttonationaleinkommen-Eigenmittel
Die BNE-Eigenmittel basieren auf einem einheitlichen Prozentsatz, der auf das Bruttonationaleinkommen (BNE) jedes Mitgliedstaats angewandt wird. Mit ihnen werden die Haushaltseinnahmen und ‑ausgaben ausgeglichen, das heißt es wird der Teil der Ausgaben finanziert, der von anderen Einnahmequellen nicht abgedeckt ist. Diese eigentlich als Ergänzung gedachte Einnahme stellt heute mit 93,718 Milliarden Euro die wichtigste Einnahmequelle dar.
Sonstige Einnahmen
In den Haushalt fließen auch sonstige Einnahmen, darunter fallen Steuern, die auf die Gehälter der EU-Bediensteten erhoben werden, Beiträge von Drittländern zu bestimmten EU-Programmen sowie Bußgelder von Unternehmen, die gegen das Wettbewerbsrecht oder andere Rechtsvorschriften verstoßen haben. Dadurch sollen im laufenden Jahr 1,575 Milliarden Euro in die Kassen kommen.
Korrekturmechanismen
Einige Länder haben kritisiert, dass ihr eigener Beitrag zum EU-Haushalt zu hoch ist und die einzelnen Mitgliedstaaten ungleich belastet werden. Zur Korrektur dieser Ungleichgewichte wurden unter anderem folgende Korrekturmechanismen eingeführt: Großbritannien werden zwei Drittel seines Nettobeitrags (Differenz zwischen den Zahlungen und Rückflüssen) erstattet. Die finanzielle Belastung aufgrund des Briten-Rabatts wird proportional zum Anteil der einzelnen Mitgliedstaaten am BNE der EU auf die übrigen Mitgliedstaaten aufgeteilt. Seit 2002 jedoch ist dieser Betrag für Deutschland, die Niederlande, Österreich und Schweden, die ihren Beitrag zum EU-Haushalt für zu hoch hielten, auf 25 Prozent ihres eigentlichen Pflichtanteils begrenzt.
Darüber hinaus gibt es weitere Ausnahmen: Schweden und die Niederlande werden Pauschalbeträge gezahlt, beide Länder haben – wie Österreich und Deutschland auch – zudem reduzierte Mehrwertsteuer-Abrufsätze vereinbart.
Einnahmen insgesamt
Die Europäische Union hat 2010 nach eigenen Angaben 127,795 Milliarden Euro eingenommen. Für 2012 ist eine Steigerung der Einnahme auf 129,088 Milliarden Euro geplant.
Mit dem Kompromiss von Donnerstagnacht – so betonten Merkel, Monti, Hollande & Co. – hätten sich nun alle Seiten bewegt. Die Nehmerländer hätten im Vergleich zum November-Entwurf auf rund 15 Milliarden Euro verzichtet. Die Geberländer wie Deutschland, Großbritannien und Finnland seien mit ihrer Forderung durchgekommen, Brüssel müsse mehr sparen und das Budget reduziert werden – wenn auch weniger stark als gefordert.
Beim genaueren Hinsehen allerdings zeigt sich, dass der Kompromiss mehr als faul ist und die Geberländer auf Taschenspielertricks hereingefallen ist. Der Hintergrund: Im EU-Haushalt gibt es zwei unterschiedliche Bezugsgrößen: die Verpflichtungen und die tatsächlichen Zahlungen. Verpflichtungen sind rechtlich verbindliche Zusagen zur Finanzierung von Projekten, die innerhalb der Haushaltsperiode, in diesem Fall bis 2020, realisiert werden können – aber nicht müssen. Grundsätzlich verpflichten sich die Mitgliedsstaaten dem Entwurf nach, 960 Milliarden Euro zu zahlen.
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