- Bild: dpa
Wegen der aktuellen Zinslage diskutieren die Lebensversicherer, ihre Überschussbeteiligungen zu senken. Anders als der Garantiezins stehen die Überschussbeteiligungen nämlich nicht fest, sondern sind variabel. Je besser der Versicherer wirtschaftet, desto mehr Geld gibt es - und umgekehrt. Die Überschussbeteiligungen entsprechen Gewinnbeteiligungen und werden zumindest zu einem Teil an die Versicherungsnehmer ausbezahlt. Werden die Beteiligungen gesenkt, bekommt der Kunde also weniger Geld.
Da die Unternehmen wegen des herrschenden Zinsniveaus über festverzinsliche Wertpapiere nur geringe Erträge erzielen können, senken die folgenden Unternehmen ihre Beteiligungen:
- Bild: dpa
Die Ergo-Versicherung senkt ihre Beteiligung im kommenden Jahr um 0,6 Prozentpunkte auf 3,2 Prozent. Mit diesem Entschluss ist der Konzern zwar nicht der erste, gilt aber als Impulsgeber für die gesamte Branche. Von der Senkung des Unternehmens werden Millionen Kunden betroffen sein, die bereits vergangenen Jahres eine Senkung hinnehmen mussten.
- Bild: dapd
Bei der Allianz wird die Überschussbeteiligung im kommenden Jahr um 0,4 Prozentpunkte auf 3,6 Prozent sinken.
- Bild: Presse
Die Alte Leipziger gehörte zu den ersten Unternehmen, die eine Senkung der Beteiligung für 2013 angekündigt haben. Für die Kunden gibt es 2013 nur noch 3,35 Prozent - das entspricht einem Minus 0,5 Prozentpunkten.
- Bild: Presse
Auch die zur Ergo gehörende Victoriaversicherung dampft die Beteiligungen ein: Um 0,5 Prozentpunkte geht es runter auf drei Prozent.
- Bild: Presse
Bei der kleinen DEVK bekommen die Kunden nach Absenkung prozentual noch am meisten ausbezahlt: Die Versicherung senkt die laufende Verzinsung nur um 0,1 Prozentpunkte auf vier Prozent.
- Bild: Screenshot
Die Versicherungsgruppe "die Bayerische" (BBV – Bayerische Beamten Versicherung) will ihre Überschussbeteiligung vorerst beibehalten: Kunden der Lebensversicherungs-Tochter "Neue Bayerische Beamten Lebensversicherung AG" bekommen also auch im Jahr 2013 eine Verzinsung von 3,8 Prozent. Zusammen mit dem Schlussgewinnanteil sowie der Mindestbeteiligung an den Bewertungsreserven kommen die Versicherungsnehmer somit auf eine Gesamtverzinsung von bis zu 4,3 Prozent.
Die Zinsen sind niedrig – und das ist für Lebensversicherer gleich ein doppeltes Problem. Auf der einen Seite haben sie ihren Kunden hohe Zinsen vertraglich zugesagt – im Schnitt garantieren Versicherer ihnen jedes Jahr 3,2 Prozent Zins. Doch für sichere Kapitalanlagen gibt es derzeit weniger als zwei Prozent Rendite.
Bliebe der Zins langfristig so weit unten, könnten einige Lebensversicherer in den nächsten Jahren ernsthafte Probleme bekommen. Sie könnten die ihren Kunden versprochenen Garantien dann womöglich nicht mehr erwirtschaften.
Soweit die Theorie. Auf der anderen Seite nämlich legen Versicherer das Kapital langfristig an. Sie kaufen Anleihen mit langen Laufzeiten, denn da gibt es höhere Zinsen, den Kupon. Doch je höher der Kupon, desto größer das Problem. Denn je niedriger die Rendite einer Anleihe sinkt, desto höher steigt ihr Kurs.
Die Differenz zwischen dem aktuellen Kurs (Marktwert, zum Beispiel 130 Prozent) und dem Buchwert (etwa 100 Prozent), nennen Fachleute stille Reserven, oder auch Bewertungsreserven. Läuft der Vertrag eines Kunden heute aus oder kündigt er, muss sein Versicherer ihn zur Hälfte an diesen Reserven beteiligen. Diese Regel gilt seit dem Jahr 2008.
Die zehn größten Lebensversicherer im Bilanzcheck
Allianz
Bewertungsreserven (gibt an, wie stark der aktuelle Marktwert der Kapitalanlagen den Buchwert übersteigt): 16,004 Milliarden Euro (absolut), 11,1 Prozent aller Kapitalanlagen
Bilanzpuffer (freie Rückstellung für Beitragsrückerstattung): 4,799 Milliarden Euro, 259 Prozent der Überschussbeteiligung
Bayern-Versicherung
Bewertungsreserven (gibt an, wie stark der aktuelle Marktwert der Kapitalanlagen den Buchwert übersteigt): 1,986 Milliarden Euro (absolut), 9,5 Prozent aller Kapitalanlagen
Bilanzpuffer (freie Rückstellung für Beitragsrückerstattung): 561 Millionen Euro (absolut), 268 Prozent der Überschussbeteiligung
R+V AG
Bewertungsreserven (gibt an, wie stark der aktuelle Marktwert der Kapitalanlagen den Buchwert übersteigt): 2,694 Milliarden Euro (absolut), 7,1 Prozent aller Kapitalanlagen
Bilanzpuffer (freie Rückstellung für Beitragsrückerstattung): 1,951 Milliarden Euro (absolut), 318 Prozent der Überschussbeteiligung
Württembergische
Bewertungsreserven (gibt an, wie stark der aktuelle Marktwert der Kapitalanlagen den Buchwert übersteigt): 1,652 Milliarden Euro (absolut), 6,6 Prozent aller Kapitalanlagen
Bilanzpuffer (freie Rückstellung für Beitragsrückerstattung): 609 Millionen Euro (absolut), 285 Prozent der Überschussbeteiligung
Axa
Bewertungsreserven (gibt an, wie stark der aktuelle Marktwert der Kapitalanlagen den Buchwert übersteigt): 1,218 Milliarden Euro (absolut), 6,1 Prozent aller Kapitalanlagen
Bilanzpuffer (freie Rückstellung für Beitragsrückerstattung): 424 Millionen Euro (absolut), 209 Prozent der Überschussbeteiligung
Ergo
Bewertungsreserven (gibt an, wie stark der aktuelle Marktwert der Kapitalanlagen den Buchwert übersteigt): 1,995 Milliarden Euro (absolut), 5,1 Prozent aller Kapitalanlagen
Bilanzpuffer (freie Rückstellung für Beitragsrückerstattung): 593 Millionen Euro, 152 Prozent der Überschussbeteiligung
Zurich Deutscher Herold
Bewertungsreserven (gibt an, wie stark der aktuelle Marktwert der Kapitalanlagen den Buchwert übersteigt): 1,466 Milliarden Euro (absolut), 5,0 Prozent aller Kapitalanlagen
Bilanzpuffer (freie Rückstellung für Beitragsrückerstattung): 373 Millionen Euro (absolut), 146 Prozent der Überschussbeteiligung
Debeka
Bewertungsreserven (gibt an, wie stark der aktuelle Marktwert der Kapitalanlagen den Buchwert übersteigt): 319 Millionen Euro (absolut), 0,9 Prozent aller Kapitalanlagen
Bilanzpuffer (freie Rückstellung für Beitragsrückerstattung): 825 Millionen Euro (absolut), 142 Prozent der Überschussbeteiligung
AachenMünchener
Bewertungsreserven (gibt an, wie stark der aktuelle Marktwert der Kapitalanlagen den Buchwert übersteigt): 139 Millionen Euro (absolut), 0,7 Prozent aller Kapitalanlagen
Bilanzpuffer (freie Rückstellung für Beitragsrückerstattung): 229 Millionen Euro (absolut), 91 Prozent der Überschussbeteiligung
Generali
Bewertungsreserven (gibt an, wie stark der aktuelle Marktwert der Kapitalanlagen den Buchwert übersteigt): -160 Millionen Euro (absolut), -0,4 Prozent aller Kapitalanlagen
Bilanzpuffer (freie Rückstellung für Beitragsrückerstattung): 462 Millionen Euro (absolut), 97 Prozent der Überschussbeteiligung
Je niedriger die Zinsen, desto höher können die Bewertungsreserven ausfallen. Genau das sei das Problem, verbreiteten Lobbyisten in Berlin. Für sie geht es um viel Geld: Die deutschen Lebensversicherer legen etwa 750 Milliarden Euro an. Der Bund der Versicherten hat ausgerechnet, dass Lebensversicherer aktuell Bewertungsreserven in Höhe von rund 41 Milliarden Euro in den Büchern stehen haben.
- Seite 1: Wie Lebensversicherer bei der Auszahlung tricksen
- Seite 2: Hickhack um Bewertungsreserven
- Seite 3: Vermittlungsausschuss ringt um Interessenausgleich