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Eigentlich ist der neue Flughafen Berlin-Brandenburg nur auf 27 Millionen Passagiere pro Jahr ausgelegt. Doch soviel Besucher werden in Berlin voraussichtlich schon im Jahr 2014 an den Flughäfen Tegel und Schönberg landen. Das Planfeststellungsbeschluss aus dem Jahr 2004 ging davon aus, dass der "Willy Brandt"-Airport die 27 Millionen Passagiere erst 2020 erreichen werde.
Nach Berichten der Zeitung "Die Welt" prüft die Flughafengesellschaft FBB nun den Bau eines Satellitenterminals, das zusätzlich 7,5 Millionen Passagiere im Jahr abfertigen könnte. Mutmaßliche Kosten: 500 Millionen Euro - und die Finanzierung ist unklar. Besonders peinlich: Mit dem Bau des neuen Terminals müsste eventuell schon vor Eröffnung des Willy Brandt-Flughafens angefangen werden.
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Da kann man sich nur noch an den Kopf fassen: Die Hängepartie um den neuen Berliner Flughafen wird immer länger, die zuletzt für den 27. Oktober 2012 geplante Inbetriebnahme war am 6. Januar 2013 auf unbestimmte Zeit verschoben worden. Und immer wieder gibt es neue Pannen-Meldungen rund um das einstige Prestige-Projekt:
Am 24. Januar hat das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg die Wannsee-Flugroute des künftigen Berliner Hauptstadtflughafens gekippt. Die Strecke führe zu nah an einem Forschungsreaktor vorbei. Das Risiko für einen Flugunfall oder einen terroristischen Anschlag sei vor der Routenfestlegung nicht ermittelt worden. Geklagt hatten neben den brandenburgischen Gemeinden Stahnsdorf und Kleinmachnow die Stadt Teltow, mehrere Grundstücksbesitzer und Anwohner des Wannsees. Es war die erste von mehreren Verhandlungen über Entscheidungen des Bundesaufsichtsamts für Flugsicherung, das die Flugrouten im Januar 2012 festgelegt hatte.
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Die Zeitung "Die Welt" berichtete am 9. Januar, dass auf dem Flughafengelände 1036 Bäume falsch gepflanzt wurden und eigentlich wieder entfernt werden müssten. Dieses Detail sei auf einer der hinteren Seiten des jüngsten Controllingberichts festgehalten worden. Um einen neuerlichen Image-Schaden in der Öffentlichkeit zumindest zu begrenzen, beschloss die Geschäftsführung laut dem Blatt, nicht alle der "ca. 1000 zumeist gut angewachsenen Bäumen" herauszureißen. Wegen der "nicht vertragskonformen Pflanzung" sollen aber zumindest 600 Bäume ausgetauscht werden, "da ein Belassen dieser Bäume auf Grundlage der Bewertungskriterien nicht begründbar ist", zitiert die "Welt" aus dem Bericht.
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Nach der neuerlichen Verschiebung der Eröffnung hat Technikchef Horst Amann die Probleme des Milliardenprojekts „fast grauenhaft“ genannt. Der bauliche Zustand der Brandschutzanlage habe sein Team „in der Tat überrascht, da gibt es heute zum Teil noch Überraschungen“. Bei Rauchgasversuchen im Terminal vor Weihnachten habe sich gezeigt, dass die Entrauchungsanlage „nicht auf Anhieb funktioniert“ und zeitraubende Nacharbeiten nötig seien.
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Die "Bild"-Zeitung zitierte am 4. Januar aus einem neuen Geheimgutachten, dass die Check-in Schalter im Terminal des Hauptstadtflughafens Berlin Brandenburg Willy Brandt (BER) in Schönefeld zu Spitzenzeiten nicht ausreichen: "Am Spitzentag stehen nicht genügend Schalter als Ausfall- und Dispositionsreserve zur Verfügung", heißt es demnach in der Kapazitätsstudie. Um eine „Flächenüberfüllung“ zu verhindern, sollen Air Berlin und Lufthansa Exklusiv-Schalter abgeben. Zudem raten die Experten zu einem „dynamischen Warteschlangen-Management“.
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Auch die Sicherheitskontrollen werden dem Gutachten nach für Probleme sorgen. Die Kapazität der Kontrollspuren reicht nicht aus. "Eine kritische Überlagerung der Warteschlangen vor den Bordkartenkontrollen mit den Warteschlangen vor den Check-in-Schaltern" könne nicht ausgeschlossen werden, wenn sich die Passagiere nicht gleichmäßig auf die Spuren verteilen.
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Testkoffer stehen vor dem künftigen Check-In von Air Berlin. Es gibt auch bei den Gepäckbändern Kapazitätsprobleme: "Die Anzahl an Gepäckbändern ist für die Verkehrslast der Wintersaison 2013 nur eingeschränkt ausreichend, da keinerlei Systemreserven zur Verfügung stehen", heißt es. Es stehen acht Gepäckbänder zur Verfügung - bereits in einem Gutachten von November wurde klar, dass eigentlich 20 Kofferbänder nötig wären. Würde nun auch nur eines der Bänder ausfallen, schließen die Gutachter laut "Bild" einen Betriebsausfall nicht aus. Laut Flughafen können nach der Eröffnung im Bedarfsfall zeitnah neue Gepäckbänder angebaut werden - laut der "Bild"-Zeitung können aber maximal ein bis zwei Bänder zugefügt werden. Es sei nur eine Frage der Zeit, bis man über ein zweites Terminal mit Check-in-, Sicherheitskontroll- und Gepäckausgabebereich nachdenken müsse, zitiert das Blatt einen ehemaligen Planer des Flughafens.
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Die "Bild"-Zeitung berichtete bereits im Sommer 2012, dem Chaos-Flughafen Berlin-Brandenburg drohe ein Teilabriss, weil die Probleme beim Brandschutz größer seien als bisher vermutet. Nach der Klage der Fluglinie Air Berlin habe sich jetzt auch die Deutsche Bahn zur Schadensersatzklage entschieden, hieß es weiter.
Die Mehrkosten für den Pannenflughafen belaufen sich bereits auf einen zweistelligen Millionenbetrag. Bevor der Bund allerdings weiteres Geld für den Großstadtflughafen freigibt, muss der Haushaltsausschuss darüber abstimmen.
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Die Betreiber des Berliner Flughafens müssen nach Medienberichten eine Million Liter Kerosin wieder abpumpen. Der erst im Mai eingelagerte Treibstoff wird jetzt an andere Berliner Flughäfen verteilt. Der Großflughafen lagert nach Informationen von Berliner Medien insgesamt 18 Millionen Liter Kerosin im Wert von 15 Millionen Euro.
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Die Pannenserie beginnt Anfang Mai. Der Chef der Flughafengesellschaft teilt mit, dass sich der Eröffnungstermin des neuen Hauptstadtflughafens auf unbestimmte Zeit verzögert. Geplant war der 3. Juni. Schuld sind Probleme bei Brandschutzanlagen und Katastrophenschutz. Der brandenburgische Innenminister Dietmar Woidke (SPD) sagte: "Es kann keine Abnahme vom TÜV geben. Sie sind noch nicht so weit."
Der Eintritt zu Deutschlands peinlichster Baustelle kostet zehn Euro. Für dieses kleine Geld bietet die Berliner Flughafengesellschaft fast zwei Stunden große Unterhaltung: eine kurze Einführung vor einem Modell des Airports im Spielzeugformat, dann ausgiebige Blicke auf das echte unfertige Terminal, schließlich eine lange Busfahrt über das fertig betonierte Rollfeld mit einer Menge offener Worte. „Ein Geisterflughafen“, sagt der Fremdenführer. Im Terminal, dessen Brandschutzanlage mit keiner Planung und Genehmigung vereinbar ist, herrsche „Baustopp“, fast alle Mitarbeiter seien abgezogen. Der Eröffnungstermin stehe „in den Sternen“, sagt der Kenner. „Wir fallen selbst vom Glauben ab.“
Nicht vom Glauben, dafür umso mehr von erwarteten Einnahmen müssen sich zusehends Firmen verabschieden, die unter dem Chaos am Rande der Hauptstadt direkt leiden. Knapp 600 Aufträge im Volumen von insgesamt rund zwei Milliarden Euro hat die Flughafengesellschaft vergeben. 3000 Firmen haben Unteraufträge bekommen. 81 Unternehmen wollten mit ihren Geschäften, Hotels oder Cafés längst eingezogen sein. Inzwischen haben die meisten Unternehmen ihre Mitarbeiter von dem Durcheinander abgezogen. Und das Chaos droht noch größer zu werden, nachdem Mitte der Woche das Oberverwaltungsgericht Berlin die Flugroute über den Stadtteil Wannsee für nicht rechtens erklärt hatte.
Die Deutsche Bahn schickt ihre Züge zwar bereits durch den Flughafenbahnhof, aber nur zur Belüftung der Tunnel. Unternehmen, die im Auftrag des Flughafens bauen, bleibt nur, sich in Geduld zu üben. Sie wollen ihre Aufträge nicht verlieren. Einige können auf Zusatzaufträge hoffen. Einzelhändler und Dienstleister hingegen, die rund um den Flughafen ihre Shops, Cafés oder Hotels eröffnen wollen, bringt das Hin und Her der Flughafenbetreiber und Politiker immer mehr in Bedrängnis: Kredite für Möbel oder Kücheneinrichtungen müssen abbezahlt, Investitionen in der Bilanz abgeschrieben werden.
Die Starttermine für den Flughafen BER
30. Oktober 2011
Dieser Termin wird 16 Monate zuvor gekippt. Begründung: Neue Sicherheitsvorschriften und die Pleite zweier Planungsfirmen. Tatsächlich ist der Bau schon ein Jahr im Rückstand.
3. Juni 2012
Nur vier Wochen vorher wird der Start abgeblasen. Begründung: Die Brandschutzanlage funktioniere nicht. Tatsächlich ist in dem Neubau noch viel mehr nicht fertig.
17. März 2013
Dieses neue Datum wird nach neuerlicher Verschiebung im Mai 2012 genannt und einen Monat später schon wieder in Zweifel gezogen. Anfang September wird klar: Auch dieser Termin wird nicht zu halten sein.
27. Oktober 2013
Nach einer Analyse des neuen Technikchefs Horst Amann legt der Aufsichtsrat diesen Termin am 7. September als neuen Eröffnungstag fest.
Starttermin 5
Anfang Januar 2013 wurde bekannt, dass auch der Termin im Herbst des Jahres nicht zu halten sein wird. Frühestens 2014 wird das Großprojekt nun seiner Bestimmung übergeben werden können.
Ursprünglich sollte der Flughafen im November 2011 nach fünf Jahren Bauzeit eröffnen. Mittlerweile wurde die Eröffnung zum vierten Mal verschoben. Frühestens 2014, eher 2015 sollen jetzt die ersten Flugzeuge abheben– zum Ärger vieler Unternehmer.
Gang zur Bank
Das Hamburger Handelsunternehmen Gebr. Heinemann, das weltweit mehr als 230 Duty-free-Shops betreibt, wollte am Flughafen Berlin Brandenburg eine weitere Filiale eröffnen. Als die erste Verschiebung bekannt wurde, war der Heinemann-Shop fertig. Doch die Mitarbeiter mussten die Möbel wieder einpacken. Architekten rechnen damit, dass die Raumdecken erneut ausgebaut werden müssen. Bisher erlitt Heinemann nach eigenen Angaben Umsatzeinbußen von mehreren Millionen Euro pro Jahr. Hinzu kommen Abschreibungen für Möbel und Personalkosten von mehr als 100 000 Euro pro Jahr. Heinemann klagt nicht, ist aber in Gesprächen mit dem Flughafen.
Heinemann bringen die Kosten nicht in Existenznöte. Bei vielen kleinen Unternehmen ist das anders. Sechs Firmen sind nach Informationen der Industrie- und Handelskammer Cottbus finanziell in Schieflage geraten, weil sie Bankkredite für neue Einrichtungen tilgen müssen, ohne dass sie die geplanten Einnahmen erzielen. „Viele Firmen müssen noch einmal mit ihren Banken sprechen“, sagt Nils Busch-Petersen, Hauptgeschäftsführer des Handelsverbandes Berlin-Brandenburg. Außerdem seien die technischen Einbauten problematisch. „Während der gesamten Gewährleistungszeit werden sie nicht genutzt“, sagt Busch-Petersen.
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