Berliner Verband Freiberufler richten Hotline für Sexismus-Opfer ein

Angebliche sexistische Äußerungen von FDP-Mann Brüderle haben eine Debatte ausgelöst, die sich nicht nur um den Spitzenpolitiker dreht. Ein Wirtschaftsverband geht nun in die Offensive – mit einem speziellen Angebot.

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Frau mit Telefonhörer. Quelle: dpa

Berlin Der Verband der Freien Berufe Berlin (VFB) hat kurzfristig eine Hotline eingerichtet, unter der sich Opfer von Sexismus melden können, wenn sie Rat und Unterstützung brauchen. „Die aktuelle öffentliche Debatte zeigt, dass Sexismus von jedem anders wahrgenommen wird und nahezu überall passieren kann, auch im Arbeitsalltag“, begründete Verbandspräsidentin Claudia Frank im Gespräch mit Handelsblatt Online den Vorstoß.

Zwar spiele das Thema bei den Berliner Freiberuflern bislang „keine große Rolle“, fügte die Fachanwältin für Arbeitsrecht hinzu. „Dennoch wollen wir Opfern von Sexismus eine Anlaufstelle bieten, an die sie sich wenden können, wenn sie nicht wissen wie sie damit umgehen sollen.“

Gerade junge Auszubildende und Berufseinsteigerinnen wüssten sich bei „eindeutig anzüglichen Bemerkungen“ von männlichen Kollegen oder sogar dem Vorgesetzten unter Umständen nicht zu wehren, sagte Frank weiter. Sie fürchteten um ihre Ausbildung oder den Job. Wie sich Frauen dann verhalten sollten, könnten Betroffene bei der Hotline abfragen.  

Auch Männer könnten den neuen Service nutzen. „Frauen, aber auch Männer, die solche Situationen erlebt haben und nicht wissen, wie sie damit umgehen sollen, können sich gerne an unsere Hotline wenden“, sagte Frank.

Die Hilfe wird entweder über das anonymisierte Kontaktformular unter www.freie-berufe-berlin.de angeboten. Oder telefonisch unter der Rufnummer: 030 – 89 59 07 58. Die Hotline ist montags bis freitags von 10:00 bis 15:00 Uhr geschaltet.“ Anrufe und E-Mails würden auf Wunsch auch anonym entgegen genommen, so Frank.

Der Verband Freier Berufe Berlin (VFB) vertritt rund 30.000 Berliner Freiberufler. Dazu gehören unter anderem die Heilberufe, die Anwaltschaft, Steuerberater und Wirtschaftsprüfer, Architekten, Übersetzer und andere publizistische, pädagogische und künstlerische Berufsgruppen.


Rösler verteidigt Brüderle

FDP-Chef Philipp Rösler nahm derweil seinen Fraktionsvorsitzenden Rainer Brüderle in der Sexismus-Debatte in Schutz. "Die Vorwürfe gegen ihn sind durchsichtig und haltlos", sagte Rösler dem "Kölner Stadt-Anzeiger“. "Das ist eine Kampagne gegen die gesamte FDP." Rösler räumte zugleich ein, eine gesellschaftliche Auseinandersetzung mit Sexismus sei notwendig. Diskutiert werden solle dies aber "auf der Sachebene und nicht mit aggressiver Polemik".

Auslöser der Debatte über Brüderle war ein "Stern"-Artikel. Darin hatte eine Journalistin des Magazins dem FDP-Fraktionschef vorgeworfen, sie vor gut einem Jahr an einer Hotelbar mit Anzüglichkeiten belästigt zu haben. Brüderle selbst will sich dazu nicht äußern.

Die FDP-Europapolitikerin Silvana Koch-Mehrin wünscht sich in der Debatte "substantielle Diskussionsbeiträge auch aus der FDP". Den Dortmunder "Ruhr Nachrichten" sagte sie: "Liberale streiten für das Ideal einer freien Gesellschaft ohne jede Diskriminierung. Deshalb sollte die FDP dieses Thema nicht ignorieren oder kleinreden, sondern über alltäglichen Sexismus offen mitdiskutieren."

Nach Ansicht von Koch-Mehrin bewirkt bereits "das bloße Thematisieren etwas. Damit steigt die Sensibilität für sexistisches Verhalten. Manche Traditionen werden hinterfragt. Es geht um gegenseitigen Respekt."

Die aktuelle Diskussion sieht die FDP-Politikerin derweil als Signal für viele Frauen: "Fast jede Frau kann über entsprechende Erlebnisse berichten. Es ist erschreckend, wie stark dumme sexistische Sprüche und offensichtliche Grenzüberschreitungen noch toleriert werden." Brüderle will sie in der Debatte keine Ratschläge geben. "Herr Brüderle weiß bestimmt, was er zu tun hat", sagte sie dem Blatt,

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