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David McAllister unmittelbar nach den ersten Hochrechnungen. "Die CDU in Niedersachsen ist die Nummer eins", sagte er in einer ersten Stellungnahme seinen Parteianhängern. Eine hauchdünne Mehrheit zeichnete sich im Verlauf des Abends ab. Auch als schließlich klar wurde, dass es nicht zu einer bürgerlichen Mehrheit reicht, beanspruchte McAllister die Regierungsbildung für sich und kündigte an: „Wenn es nicht reicht für eine Fortsetzung des Bündnisses von CDU und FDP, würden wir als stärkste Kraft mit allen politischen Parteien Gespräche führen. Natürlich auch mit der SPD.“
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Am lautesten feiert nach dieser Wahl wohl die FDP. Sie konnte sich über Rekordwerte freuen.
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FDP-Spitzenkandidat Stefan Birkner (FDP, M.) jubelt nach den ersten Hochrechnungen zur Landtagswahl zwischen dem Wirtschaftsminister Joerg Bode (l.) und dem Parlamentarischen Geschäftsführer Christian Grascha. Die krisengeschüttelte FDP schaffte mit 9,7 Prozent klar den Wiedereinzug in den Landtag.
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FDP-Generalsekretär Patrick Doering gibt in der Parteizentrale der FDP im Thomas-Dehler-Haus in Berlin bei der Wahlparty der Partei zur Landtagswahl in Niedersachsen ein Pressestatement zum Ergebnis ab. Er ist sichtlich zufrieden mit dem Erfolg seiner Partei.
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Da muss Rainer Brüderle doch im Hintergrund bleiben. Die 9,7 Prozent haben FDP-Chef Philipp Rösler vorerst in seiner Funktion gerettet. "Es ist ein großer Tag für die FDP und alle Parteimitglieder", resümierte Rösler das Wahlergebnis.
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SPD-Kanzlerkandidat Peer Steinbrück würdigte den Wahlkampf von Herausforderer Stephan Weil, er habe einen fantastischen Wahlkampf in Niedersachsen geführt. Wenn das Ergebnis noch nicht klar für die SPD ausgefallen sei, habe auch Steinbrück das mit zu verantworten. "Aber es ist dennoch ein gutes Ergebnis für diesen Abend".
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Stephan Weil ließ sich von seinen Genossen ebenfalls feiern. Er legte kurz nach der ersten Hochrechnung ein zufriedenes Lächeln auf. "Das ist nun wirklich mal ein spannender Wahlabend", resümierte er am frühen Abend. Nach dem vorläufigen Endergebnis erklärte der Wahlsieger, er werde auch mit nur einer Stimme Mehrheit im Landtag regieren. „Ich freue mich jetzt auf fünf Jahre Rot-Grün.“
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Der Spitzenkandidat Stephan Weil (li.) und der SPD-Bundesvorsitzende Sigmar Gabriel wissen noch nicht, wie die Wahl am Ende ausgeht. Fest steht für Gabriel vor allem eines: "Die FDP ist eine Partei, die ohne Fremdblutzufuhr nicht existieren würde".
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Jürgen Trittin (v.l.), Spitzenkandidat der Grünen fuer die Bundestagswahl, und Claudia Roth, Bundesvorsitzende der Grünen bei ihrer Wahlveranstaltung. Die Freude über das gute Abschneiden der Grünen mit mehr als 13 Prozent steht insbesondere Trittin ins Gesicht geschrieben.
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Jubel und Zähneknirschen bei den Genossen. Sie konnten sich über mehr als 13 Prozent freuen, ob es für eine rot-grüne Koalition reicht, muss abgewartet werden.
Die CDU wird klassisch als Kanzlerwahlverein bezeichnet, im Gegensatz zu den Programmparteien, der SPD und den Grünen. Diese Bezeichnung als Wahlverein hat den Nagel noch nie so sehr auf den Kopf getroffen wie heute. Das hat die Niedersachsenwahl vom vergangenen Sonntag brutalstmöglich deutlich gemacht. Die Berliner CDU-Strategen haben die Wahl in Hannover in den Sand gesetzt. Sie haben in ihrer Fixiertheit auf die Person Merkel und in ihrem Unterordnungswillen unter die von ihnen für ewig gehaltene Kanzlerin das Denken und das Handeln eingestellt.
Dass die Wahl in Hannover für Schwarz-Gelb verloren gehen würde, stand in den letzten Monaten, entgegen dem in vielen Medien erzeugten Eindruck, dass alles offen wäre, fest. Und ein ganz mildes Schicksal hat dem bürgerlichen Lager in Hannover am Ende noch eine unerwartet knappe Niederlage regelrecht "geschenkt". Der Noch-Ministerpräsident David McAllister, CDU, hatte als Person bekanntlich gute Werte, aber seine Partei ließ ihn im Stich. Es war nicht die SPD, die unter einem Steinbrück-Malus litt, das nebenbei auch, sondern es war die CDU, die in weit stärkerem Maße unter Merkel leidet, was es jetzt schnellstmöglich zu erkennen gilt.
60.000 konservative Protestwähler gegen Merkel
60.000 CDU-Wähler, die sich in Niedersachen diesmal entschlossen haben ihre Partei, die CDU, nicht zu wählen und stattdessen lieber rot-grüne Politik, die die unumkehrbare Weichen stellen wird, zu akzeptieren, sind in Wahrheit 60.000 konservative Protestwähler gegen Merkel.
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1988: „Eins ist sicher: die Rente“ (CDU)
Noch im Sommer forderte Bundessozialministerin Ursula von der Leyen, eine Zuschussrente einzuführen. Das soll die Armut im Alter verhindern, die viele Deutsche fürchten. Denn die staatliche Rente allein reicht längst nicht mehr. Schon 2001 führte die Bundesregierung mit der Riester-Rente eine zusätzliche Vorsorge-Möglichkeit ein.
1988 klangen noch andere Töne: Einen abgesicherten Lebensabend versprach damals CDU-Sozialminister Norbert Blüm im Wahlkampf. Mit dem Spruch „Eins ist sicher: die Rente“ hatte die CDU für sich geworben.
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2011: Die Grünen wollen raus aus Stuttgart 21
Stuttgart 21 war das Streitthema des Jahres 2010: In Stuttgart, Baden-Württemberg und ganz Deutschland. Die Grünen stellten sich auf Seite der Demonstranten, die den Teilabriss des Stuttgarter Hauptbahnhofs und das ganze Projekt verhindern wollten. Das brachte ihnen in Baden-Württemberg eine hohe Popularität – und 2011 den Sieg bei den Landtagswahlen. „Stuttgart 21 lehnen wir ab“ hieß es in ihrem Wahlprogramm – doch nur weil die Partei das Projekt ablehnt, heißt es nicht, dass sie es nicht weiter fortführt. Die Bauarbeiten laufen heute immer noch. Grünen-Ministerpräsident Winfried Kretschmann hatte die Verantwortung auf eine Volksabstimmung abgewälzt. Ergebnis: Die Wähler sprachen sich gegen den Ausstieg aus Stuttgart 21 aus.
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1990: CDU will Aufbau Ost aus der Porto-Kasse zahlen
„Blühende Landschaften“ versprach Kanzler Helmut Kohl 1990 in den neuen Bundesländern. Dafür hatte er vor der Bundestagswahl ausgeschlossen und wollte die Wiedervereinigung „aus der Portokasse“ finanzieren. Stattdessen kam der Solidaritätszuschlag.
Dieser sollte aber nicht lange bleiben. 1996 versprach Kohl: „Der Solidaritätszuschlag ist bis Ende 1999 endgültig weg.“ Heute gibt es ihn immer noch.
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2009: CDU und FDP wollten das Kindergeld auf 200 Euro erhöhen
200 Euro Kindergeld versprach die FDP vor der Bundestagswahl 2009. Die Koalition mit der CDU einigte sich sogar auf diese Erhöhung – geschehen ist seit dem nichts: Der Kindergeld-Satz liegt derzeit bei 184 Euro für das erste und zweite Kind, sowie 190 Euro für das dritte Kind. Laut einem Bericht der Bild-Zeitung von November 2012 können Eltern immerhin auf eine Erhöhung von zwei Euro bis spätestens 2014 rechnen.
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2005: SPD schließt eine höhere Mehrwertsteuer aus
Franz Müntefering fand es 2005 als Vizekanzler „unfair“, dass die Regierung „an dem gemessen wird, was in Wahlkämpfen gesagt worden ist“. Seine SPD hatte im damaligen Wahlkampf gesagt, dass es mit ihre keine höhere Mehrwertsteuer geben würde. Die CDU hatte sich für eine Erhöhung um zwei Prozentpunkte eingesetzt. Schließlich wurden es drei Prozentpunkte – mit der SPD als Koalitionspartner.
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2009: CDU will Eingangssteuersatz senken
Zum Jahresbeginn2013 dürfen sich die Steuerzahler über eine Erleichterungen freuen. Der Grundfreibetrag steigt ab jetzt schrittweise bis 2014 von 8.004 auf 8.354 Euro. Der Eingangssteuersatz bleibt jedoch gleich. Dabei hatte die CDU im Wahlkampf 2009 versprochen, ihn in zwei Schritten von 14 auf zwölf Prozent zu senken.
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2008: Hessens SPD will erst ohne, dann mit der Linken
Roland Koch als hessischen Ministerpräsidenten zu Fall bringen: Das war 2008 das Ziel von SPD-Spitzenkandiidatin Andrea Ypsilanti im hessischen Wahlkampf. Dafür wollte sie sogar ihr Wahlversprechen brechen, keine Koalition mit der Linken einzugehen. „Wir werden uns nicht einmal von ihr tolerieren lassen. Auch nach dem Wahlabend nicht, garantiert!“ Das waren Ypsilantis Worte vor der Wahl gewesen. Als sie sich nach der Wahl doch von der Linken tolerieren lassen wollte, ließ sie nach heftigem Widerstand von ihrem Vorhaben ab und trat zurück.
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2005: CDU will erst raus aus dem Atomausstieg - und dann doch nicht
Schon im Wahlkampf 2005 stellt die CDU den unter der SPD beschlossenen Atomausstieg in Frage. Raus aus dem Ausstieg wagt sie sich jedoch erst 2010 in einer Koalition mit der FDP. Lange fest hält sie daran nicht. Kanzlerin Angela Merkel änderte ihre Haltung ein knappes Jahr später nach der Atom-Katastrophe von Fukushima. Im Juni 2011 beschlossen Bundestag und Bundesrat, die sieben ältesten deutschen Atomkraftwerke und das Kraftwerk Krümmel sofort stillzulegen sind. Die restlichen deutschen Kernkraftwerke sollen bis 2022 abgeschaltet werden.
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2009: FDP will Bürgergeld einführen
Schon seit 1994 ist das Bürgergeld in den Wahlprogrammen der FDP. Mit diesem Grundeinkommen will sie das Sozialsystem komplett umgestalten. Das Bürgergeld von 662 Euro soll alle sozialen Zuschüsse, wie Arbeitslosengeld II, Grundsicherung im Alter oder Wohngeld zusammenfassen und ersetzen. Das Bürgergeld soll auch als Mindesteinkommen anstelle eines Mindestlohns gelten. Damit konnte sich die Regierungspartei bis jetzt nicht durchsetzen.
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1961: FDP will erst ohne und dann doch mit Adenauer
Gründungskanzler Konrad Adenauer war Anfang der 60er Jahre vielen Deutschen zu alt für das Amt geworden – auch der FDP. Ihr Wahlkampfspruch 1961 war: „Mit der CDU, aber ohne Adenauer!“ Nach der Wahl ging sie eine Koalition mit der CDU ein – mit dem 85-jährigen Adenauer als Kanzler. Zwei Jahre später trat er schließlich zugunsten Ludwig Erhards zurück.
Klar ist, dass der Casus Christian Wulff und dessen Bundespräsidentendesaster vor einem Jahr die Niedersachsen-CDU, die Wulff einst hervorgebracht hatte, nachhaltig beschädigt hat. Daran konnte sein Schwiegermutter-basierter Freispruch vom Vorwurf sich einen Sylter-Hotelaufenthalt von einem Filmunternehmer bezahlt haben zu lassen nichts mehr ändern. Hätte Merkel den von den Medien abwegiger Weise jahrelang als Kanzlerkonkurrenten gehandelten Wulff nicht zum Bundespräsidenten gemacht, wäre dieser Kelch womöglich noch einmal an der CDU vorbei gegangen.
Jetzt aber ist deutlich geworden, dass Merkel mit ihrer Assimilierungspolitik, ihrem Faksimile-Credo an ihre Grenzen gestoßen ist. Und dies in doppeltem Sinn: zum einen sind diejenigen Wähler, die rot-grüne Politik wollen, im Wesentlichen gewillt, diese Politik auch bei ihren Lieblingsparteien "einkaufen" zu wollen. Ein echter grüner Wähler will eben die Energiewende nicht von Merkel, sondern von den Grünen gemacht kriegen. Und ein echter Sozialdemokrat will die soziale Gerechtigkeit, wie er sie versteht, von seiner SPD gemacht bekommen.
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