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kolumne Bettina Röhl direkt: Merkel hat die Wahl in Hannover verloren

Kolumne von Bettina Röhl

 Die Niedersachsenwahl zeigt, dass die CDU in weit stärkerem Maß unter Angela Merkels Politik leidet, als beispielsweise die SPD unter den Patzern Peer Steinbrücks.

David McAllister unmittelbar nach den ersten Hochrechnungen. "Die CDU in Niedersachsen ist die Nummer eins", sagte er in einer ersten Stellungnahme seinen Parteianhängern. Eine hauchdünne Mehrheit zeichnete sich im Verlauf des Abends ab. Auch als schließlich klar wurde, dass es nicht zu einer bürgerlichen Mehrheit reicht, beanspruchte McAllister die Regierungsbildung für sich und kündigte an: „Wenn es nicht reicht für eine Fortsetzung des Bündnisses von CDU und FDP, würden wir als stärkste Kraft mit allen politischen Parteien Gespräche führen. Natürlich auch mit der SPD.“

Bild: dapd

Die CDU wird klassisch als Kanzlerwahlverein bezeichnet, im Gegensatz zu den Programmparteien, der SPD und den Grünen. Diese Bezeichnung als Wahlverein hat den Nagel noch nie so sehr auf den Kopf getroffen wie heute. Das hat die Niedersachsenwahl vom vergangenen Sonntag brutalstmöglich deutlich gemacht. Die Berliner CDU-Strategen haben die Wahl in Hannover in den Sand gesetzt. Sie haben in ihrer Fixiertheit auf die Person Merkel und in ihrem Unterordnungswillen unter die von ihnen für ewig gehaltene Kanzlerin das Denken und das Handeln eingestellt.

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Dass die Wahl in Hannover für Schwarz-Gelb verloren gehen würde, stand in den letzten Monaten, entgegen dem in vielen Medien erzeugten Eindruck, dass alles offen wäre, fest. Und ein ganz mildes Schicksal hat dem bürgerlichen Lager in Hannover am Ende noch eine unerwartet knappe Niederlage regelrecht "geschenkt". Der Noch-Ministerpräsident David McAllister, CDU, hatte als Person bekanntlich gute Werte, aber seine Partei ließ ihn im Stich. Es war nicht die SPD, die unter einem Steinbrück-Malus litt, das nebenbei auch, sondern es war die CDU, die in weit stärkerem Maße unter Merkel leidet, was es jetzt schnellstmöglich zu erkennen gilt.

60.000 konservative Protestwähler gegen Merkel

60.000 CDU-Wähler, die sich in Niedersachen diesmal entschlossen haben ihre Partei, die CDU, nicht zu wählen und stattdessen lieber rot-grüne Politik, die die unumkehrbare Weichen stellen wird, zu akzeptieren, sind in Wahrheit 60.000 konservative Protestwähler gegen Merkel.

1988:Eins ist sicher: die Rente“ (CDU)

Noch im Sommer forderte Bundessozialministerin Ursula von der Leyen, eine Zuschussrente einzuführen. Das soll die Armut im Alter verhindern, die viele Deutsche fürchten. Denn die staatliche Rente allein reicht längst nicht mehr. Schon 2001 führte die Bundesregierung mit der Riester-Rente eine zusätzliche Vorsorge-Möglichkeit ein.

1988 klangen noch andere Töne: Einen abgesicherten Lebensabend versprach damals CDU-Sozialminister Norbert Blüm im Wahlkampf. Mit dem Spruch „Eins ist sicher: die Rente“ hatte die CDU für sich geworben.

Bild: AP

Klar ist, dass der Casus Christian Wulff und dessen Bundespräsidentendesaster vor einem Jahr die Niedersachsen-CDU, die Wulff einst hervorgebracht hatte, nachhaltig beschädigt hat. Daran konnte sein Schwiegermutter-basierter Freispruch vom Vorwurf sich einen Sylter-Hotelaufenthalt von einem Filmunternehmer bezahlt haben zu lassen nichts mehr ändern. Hätte Merkel den von den Medien abwegiger Weise jahrelang als Kanzlerkonkurrenten gehandelten Wulff nicht zum Bundespräsidenten gemacht, wäre dieser Kelch womöglich noch einmal an der CDU vorbei gegangen. 

Jetzt aber ist deutlich geworden, dass Merkel mit ihrer Assimilierungspolitik, ihrem Faksimile-Credo an ihre Grenzen gestoßen ist. Und dies in doppeltem Sinn: zum einen sind diejenigen Wähler, die rot-grüne Politik wollen, im Wesentlichen gewillt, diese Politik auch bei ihren Lieblingsparteien "einkaufen" zu wollen. Ein echter grüner Wähler will eben die Energiewende nicht von Merkel, sondern von den Grünen gemacht kriegen. Und ein echter Sozialdemokrat will die soziale Gerechtigkeit, wie er sie versteht, von seiner SPD gemacht bekommen.

21 KommentareAlle Kommentare lesen
  • 23.01.2013, 17:16 UhrGuzzi_Cali2

    Merkel ist insgeheim zwar bereits angezählt, aber aus der Deckung wagt sich keiner. Merkel hat alle Schlüsselpositionen mit ihren Getreuen (Gröhe, Kauder, Schavan etc.) besetzt - insofern unterscheidet sie sich nur graduell von Kim Jong Un; der macht das genauso. Würde einer der Wolfswelpen in Lauerstellung nur den Kopf heben, wäre er binnen Kurzem weggemobbt. Würde Merkel aber die Bundestagswahl versemmeln und wäre es noch so knapp (wie in Niedersachsen), wäre sie zwei Tage später erledigt. Eine Dankesrede noch und dann tschüss. Wer dann folgen würde? Keine Ahnung. Ich sehe niemanden, der auch nur in Ansätzen das Format hätte, einen Kanzler zu stellen. Steinbrück - so unsympathisch er mir ist - hätte zumindest Format. Steinmeier ist momentan zwar ein Weichei, aber vielleicht würde er mit der Aufgabe wachsen. Aber in der CDU? Lauter merkelhörige Waschlappen. Da wäre mir ein MacAllister noch der liebste von allen.

  • 23.01.2013, 16:03 UhrRoss

    http://www.faz.net/aktuell/feuilleton/medien/wahldeutung-ohne-verstand-hildesheimer-leihschafe-12034873.html

    Nicht wahr, Frau Röhl ? mäh mäh mäh

  • 23.01.2013, 13:03 UhrEliStep

    Danke, Frau Röhl. Wenn ich Ihre Artikel lese,bin ich fast immer, (diesmal unbedingt) begeistern ob Ihrer Fragestellung, Ihrer Darstellung, Ihrer Bereitschaft, die Dinge durchzudenken.
    Es wäre ja so viel bequemer, lieber alles in der freundlichen "Ist-doch-alles-gut"-Soße zu lassen. Das führt dann zwar über lang oder kurz (inzwischen eher über kurz) in den Abgrund, aber bis dahin ist es halt gemütlicher.
    Danke, daß Sie dieser lockenden Gemütlichkeit nicht nachgeben. Tut aber weh. Realität tut halt auch mal weh.

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