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Internetriesen: Vier Sheriffs zensieren die Welt

von Götz Hamann und Marcus Rohwetter Quelle: Zeit Online

Apple, Facebook, Amazon und Google zwingen dem Internet ihre Gesetze auf. Sie haben eine digitale Welt geschaffen, die an ein autoritäres Disneyland erinnert.

Facebook Quelle: dapd
Facebooks Schnüffelei ist nur ein Fall von vielen, in denen führende Konzerne den Internetnutzern mit fragwürdigen Methoden ihre Regeln aufzwingen Quelle: dapd

Die Antworten sind beängstigend: Alles sei bloß „ein Test“. Oder: „Statistik. That’s all.“ So fertigen sonst Herrscher ihre aufgeregten Untertanen ab: Macht euch keine Sorgen. Ihr braucht nichts zu wissen. Wer fragt, der stört.
Genau dann aber muss man sich Sorgen machen. Große Sorgen.

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Ein Test. Statistik. Das waren Reaktionen eines Mitarbeiters von Facebook gegenüber kritischen Mitgliedern des Sozialen Netzwerks. „Blockwart 2.0“ und „stasimäßig, das Ganze“ hatten sie geschimpft, weil Facebook sie über ihre Bekannten ausfragte. Den Computersystemen von Facebook waren zuvor nämlich etliche Nutzer aufgefallen, die anscheinend Pseudonyme statt ihrer richtigen Namen verwendeten. Nun entspricht es aber nicht der Geschäftsphilosophie des Hauses, dass seine Mitglieder Geheimnisse haben. Also ließ Facebook vor wenigen Wochen seine Software den Bekanntenkreis der Verdächtigen ausfindig machen und dort nachfragen: „Ist dies der wahre Name deines Freundes?“

Ein Test? Was für ein Test? Ob Menschen bereitwillig ihre Freunde verraten, wenn eine Software sie dazu auffordert?

Facebooks Schnüffelei ist nur ein Fall von vielen, in denen führende Konzerne den Internetnutzern mit fragwürdigen Methoden ihre Regeln aufzwingen. Etwa zeitgleich verweigerte Apple die Freigabe für ein satirisches Spiel, das Frederic Jacobs aus San Francisco für das iPhone programmiert hat. Es heißt Angry Syrians und kritisiert in bunter Comic-Optik das brutale Regime von Präsident Baschar al-Assad. Warum es bei Apple nicht erscheinen durfte? Weil es angeblich „diffamierend oder beleidigend“ gewesen sei, berichtet der Programmierer.

Muy interesante

Sex sells, egal ob es sich um die Seite-1-Mädchen von der Bild-Zeitung handelt oder um diesen unbekleideten jungen Mann. Die spanische Wissenschaftszeitung Muy interesante von G+J machte mit diesem Titelbild auf, allerdings waren beim Ursprungsmotiv keine großen Buchstaben unterhalb der Bauchnabelregion zu sehen. Laut Meedia hatte Apple die Zeitschrift nicht für sein Zeitschriftenregal Newsstand zugelassen und erst als die Buchstaben das Bild etwas züchtiger machten, wurde die Wissenschaftszeitschrift bei Apple zugelassen.

Bild: Screenshot

Ein Ort der Freiheit

Apple unterdrückt eine politische Meinungsäußerung. Wie oft wohl noch?

Oder Amazon: nahm Anfang Juni das Schwarzbuch WWF vorübergehend aus dem Programm. Der Autor Wilfried Huismann warf darin der Umweltorganisation große Nähe zur Industrie vor, ein juristischer Streit zeichnete sich ab. Amazon verbannte das Buch, noch bevor die Richter die Vorwürfe beurteilten. Aber bedeutet das angesichts der Marktmacht von Amazon nicht, dass faktisch ein einzelner Konzern im Wesentlichen entscheidet, was gelesen wird?

Oder Google: filtert die Ergebnisse seiner Suchmaschine weltweit mal nach politischen Vorgaben, mal nach unterstellten persönlichen Interessen der Nutzer. Jedenfalls nicht immer so neutral, wie es das schlichte Weiß der Internetseite suggeriert.

Was passiert hier?

Das Internet war mal ein Ort der Freiheit. Wo man unbekannte Welten entdecken und sich dabei auch schon mal verlaufen konnte. Ein Ort, anarchisch zwar und wild. Aber frei.
Heute gibt es Apple, Facebook, Google und Amazon. Vier amerikanische Konzerne beherrschen das Internet und zählen zusammen einen signifikanten Anteil der Weltbevölkerung zu ihren Kunden. Sie vereinen rund 80 Prozent des grenzüberschreitenden Datenverkehrs auf sich. 40 Prozent der Zeit, die Menschen online verbringen, vereinen die Seiten der großen vier auf sich. Facebook hat zehnmal mehr Nutzer als Deutschland Einwohner. Google beantwortet eine Milliarde Suchanfragen pro Tag.

1 KommentarAlle Kommentare lesen
  • 09.08.2012, 16:27 Uhromnicon

    Netter Artikel! Es wird jedoch nicht erwähnt, daß es gute Alternativen gibt.
    Wer sich von diesen Firmen an der Nase herumführen läßt, will es wohl so haben.
    I don't feel sorry.

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