Das Phänomen der Inflation betrifft nicht nur Währungen. Auch Treffen von Regierungschefs unterliegen einer gewissen Entwertung. Angesichts der unzähligen Zusammenkünfte der europäischen Regierungschefs in Zeiten der Euro-Krise, fragt man sich, wie Roosevelt und Churchill es schafften, mit nur neun Gipfeltreffen den Zweiten Weltkrieg zu gewinnen. Daran, dass die Probleme damals weniger groß oder kompliziert waren, kann es wohl kaum gelegen haben. Eher vielleicht daran, dass es in der aktuellen Krise der Europäischen Union, der Staatsfinanzen und der angeschlagenen Banken offenbar vor allem darum geht, der heimischen Öffentlichkeit und den „Märkten“ Vertrauen in die kollektive Krisenlösungsfähigkeit der Regierungen einzuflößen. Frankreichs Staatspräsident François Hollande demonstrierte in der vergangenen Nacht mit seinem beschwörenden Resümee wie das geht: „Die Ergebnisse sind da. Das Vertrauen kann zurückkehren. Auf den Märkten hat es sich bereits gezeigt.“ Politik als Confidence-Building-Machine.
Tatsächlich haben er und seine europäischen Kollegen zur Reform der Euro-Zone wenig konkretes anzubieten – von den Beschlüssen ihrer Finanzminister zur Bankenaufsicht am Tag zuvor einmal abgesehen. Sie taten das, was immer zuerst getan werden muss, wenn europäische Entscheidungen gefunden werden sollen: Sie legten einen „Fahrplan“ fest.
Im Juni also wollen sie darüber diskutieren, wie Reformverträge zwischen Brüssel und den Mitgliedstaaten aussehen könnten. Deren Umsetzung wäre dann wiederum Bedingung, "um Ländern, die voll mit der Haushaltskonsolidierung beschäftigt sind, dabei auch Unterstützung zu geben", sagte Kanzlerin Angela Merkel nach achtstündigen Gipfelverhandlungen. Wenn es dazu Veränderungen des EU-Vertrags geben müsse, sei dies allerdings nicht vor den Europawahlen 2014 realistisch.
Auch über die Möglichkeit direkter Finanzhilfen des Euro-Rettungsschirms ESM an marode Banken soll im ersten Halbjahr 2013 entschieden werden. Also wenn die beschlossene gemeinsame Bankenaufsicht in der EU tatsächlich steht.
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