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Kontenabfrage: Behörden kennen immer mehr Privatkonten

von Andreas Toller

Seit 2008 hat sich die Zahl der Kontenabfragen bei Privatpersonen mehr als verdoppelt, für immer mehr Behörden entwickelt sie sich zur Routine. Alles dürfen sie zwar nicht, aber Datenschützer kritisieren die gängige Praxis.

EC-Karten in einem Portemonnaie Quelle: dapd
Einige Behörden können einfach prüfen, wer welche Konten wo hat Quelle: dapd

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So privat, wie die Bezeichnung glauben macht, sind Privatkonten gar nicht. Denn insbesondere Finanz- sowie einige weitere Behörden können seit Jahren schnell und einfach prüfen, wer welche Konten wo hat. Und von Jahr zu Jahr machen die Behörden lebhafteren Gebrauch von dieser Möglichkeit, die ihnen 2005 eingeräumt wurde.

Seit 2008 hat sich die Anzahl der Kontoabfragen zu Privatpersonen mehr als verdoppelt. Allein gegenüber dem Vorjahr stieg ihre Zahl um 15,5 Prozent auf mehr als 72.000. Allein im Dezember gingen pro Arbeitstag durchschnittlich 481 Anfragen beim Bundeszentralamt für Steuern ein.

Auch der Bundesdatenschutzbeauftragte Peter Schaar zeigt sich von dieser Entwicklung zunehmend alarmiert. Gegenüber der Neuen Osnabrücker Zeitung forderte Schaar, die Kontoabfragen müssten wieder zur Ausnahme werden. Der Umgang mit der Kontodatenabfrage gehöre auf den Prüfstand.

Infos zur Kontoabfrage

  • Wer darf eine Kontenabfrage beantragen?

    Die Finanzbehörden sowie die die Realsteuern verwaltenden Gemeinden dürfen beim Bundeszentralamt für Steuern ein Ersuchen stellen. Außerdem wird allen Behörden, die für die Verwaltung der Grundsicherung für Arbeitsuchende (SGB II), der Sozialhilfe (SGB XII), der Ausbildungsförderung (BAföG), der Aufstiegsfortbildungsförderung (AFBG) und des Wohngeldes (WoGG) zuständig sind, diese Möglichkeit eingeräumt.

    Quelle: Bundeszentralamt für Steuern

  • Erfolgt der Kontenabruf nur nach Falschangaben des Steuerpflichtigen?

    Nein, für einen Abruf genügen objektiv nachvollziehbare Zweifel an der Richtigkeit und Vollständigkeit der Steuerangaben des Steuerpflichtigen. Kontenabrufersuchen im Rahmen einer Rasterfahndung oder Ermittlungen ins Blaue hinein sind unzulässig und nicht gestattet, wenn jeglicher Anhaltspunkt für eine steuerliche Relevanz fehlt.

  • Wann darf ein Kontenabruf für nichtsteuerliche Zwecke erfolgen?

    Die ersuchende Behörde muss zumindest begründen können, warum ein Kontenabruf im vorliegenden Einzelfall zur Klärung des Sachverhalts geeignet ist. Dazu genügen Verdachtsmomente oder allgemeine Erfahrungen der Behörde. Ein Kontenabruf ist allerdings unangemessen, wenn es zur Aufklärung des Sachverhalts ein ebenso geeignetes, aber für den Betroffenen weniger belastendes Beweismittel gibt.

  • Wer entscheidet über die Zulässigkeit eines Kontenabrufs?

    Die Verantwortung für die Zulässigkeit des Datenabrufs und der Datenübermittlung trägt immer die ersuchende Behörde. Das Bundeszentralamt für Steuern prüft lediglich, ob das Ersuchen plausibel ist.

  • Ist ein Kontenabruf anfechtbar?

    Ein Kontenabruf ist kein Verwaltungsakt, muss nicht bekannt gegeben werden, um wirksam zu werden, und ist auch nicht selbständig anfechtbar. Seine Rechtmäßigkeit kann jedoch gerichtlich überprüft werden.

  • Liefern alle Banken Daten an das Bundeszentralamt für Steuern?

    Grundsätzlich nehmen sämtliche Kreditinstitute (einschließlich der Zweigstellen ausländischer Banken) in Deutschland an dem Kontenabrufverfahren teil. Bei Vorliegen entsprechender Voraussetzungen kann im Einzelfall für ein Kreditinstitut eine Ausnahmeregelung bei der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) beantragt werden.

  • Welche Konten und welche Daten werden ermittelt?

    Es werden grundsätzlich alle Arten von Konten (z.B. Spar-, Giro-, Depot- oder Kreditkonten) der teilnehmenden Kreditinstitute ermittelt. Dazu gehören auch nach dem 1. April 2003 aufgelöste Konten, sofern die Auflösung nicht mehr als drei Jahre her ist. Das Bundeszentralamt für Steuern kann nur bestimmte Stammdaten der Konten und Depots abrufen. Dies sind die Konto-/Depotnummer, der Tag der Errichtung und Auflösung, die Namen und Geburtsdaten der jeweiligen Inhaber und Verfügungsberechtigten sowie die Namen und die Anschriften der abweichend wirtschaftlich Berechtigten. Kontostände oder Kontobewegungen werden nicht ermittelt.

  • Können auch Privatpersonen ein Kontenabrufersuchen stellen?

    Nein, es sind ausschließlich Finanzbehörden und bestimmte andere Behörden befugt.

  • Erfährt der Betroffene von einem Kontenabruf durch die Behörden?

    Bei Steuerfragen gibt die Behörde dem Betroffenen Gelegenheit, Auskunft über seine Konten und Depots zu erteilen und entsprechende Unterlagen vorzulegen. Hierbei soll die Behörde auch darauf hinweisen, dass sie nach § 93 Abs. 7 Abgabenordnung (AO) einen Kontenabruf durchführen lassen kann, wenn die Auskunft des Betroffenen unbefriedigend ausfällt.

    Wenn eine vorhergehende Information des Betroffenen den Ermittlungszweck gefährden würde oder eine Aufklärung durch den Beteiligten selbst nicht zu erwarten ist, kann sich die Finanzbehörde direkt an die Banken wenden. In diesen Fällen erfährt der Betroffene erst nachträglich über den Kontenabruf.

    Selbst wenn die Angaben des Betroffenen durch den Kontenabruf bestätigt wurden, ist dieser über den Kontenabrufes zu informieren, zum Beispiel in den Erläuterungen zum Steuerbescheid.

  • Wann dürfen die Behörden auch Kontostände und -bewegungen abfragen?

    Hat die Kontenabfrage Konten und Depots aufgedeckt, die der Betroffene verschwiegen hat, ist er über das Ergebnis des Kontenabrufs zu informieren und darauf hinzuweisen, dass die Finanzbehörde die ermittelten Kreditinstitute nach § 93 Abs. 1 AO um Auskunft über Kontostände und Kontobewegungen ersuchen kann, wenn ihre Zweifel durch den Betroffenen nicht ausgeräumt werden.

Ohne konkrete Anhaltspunkte für Steuerhinterziehung, Sozialbetrug oder erhebliche Straftaten sollten Schaar zufolge Abfragen zu den Kontostammdaten nicht gestattet sein. „Derzeit erfährt der Betroffene häufig noch nicht einmal von der Abfrage“, zitiert die Zeitung den Bundesdatenschutzbeauftragten.

Gesetzlich vorgeschrieben ist jedoch, dass die Behörden zunächst den Betroffenen um Auskunft ersuchen sollen und die automatisierte Kontenabfrage ankündigen. Nachdem die Kontenabfrage erfolgt ist, muss die betroffene Privatperson in jedem Fall informiert werden, etwa im Steuerbescheid. Das scheint jedoch in vielen Fällen nicht zu passieren.

3 KommentareAlle Kommentare lesen
  • 15.01.2013, 12:27 Uhrskyjellyfetty

    Absolut richtig!Und mit dieser Taktik schlägt man gleich mehrere Fliegen mit einer Klappe.
    Und noch wichtig ist der Verzicht auf Check-und Kreditkarten.
    Nicht zurückverfolgbares Bargeld kann ich nur wärmstens empfehlen.Bargeld tut dem System regelrecht weh!
    Wollen doch mal sehen ob wir diese Schlaumeier nicht dumm aussehen lassen können.

  • 14.01.2013, 19:57 UhrChlodwig

    Das Kind ist längst in den Brunnen gefallen und die
    Überwachung allumfassend. Das Enzige was man jetzt noch
    machen kann ist, nur das Notwendigste noch auf dem Konto halten,
    den Rest abheben.

  • 14.01.2013, 18:09 Uhrguhvieh

    Wer erinnert sich noch? Nur in Ausnahmefällen, begründeten obendrein, keinesfalls als Routine.
    Die dummen Deutschen lassen sich halt von ihren Politdarstellern anlügen und gehen auch noch wählen.
    Selbst schuld!

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