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Es war das Geschenk für Griechenland zum neuen Jahr: Am 18. Dezember hat die Ratingagentur Standard & Poor's die Kreditwürdigkeit Griechenland gleich um sechs Stufen auf das Level B- angehoben, Aussicht: stabil. Dank der neuen Pro-Griechenland-Haltung der Europäischen Union glaubt die Agentur nicht länger an einen "teilweisen Kreditausfall" des Landes.
Der Schuldenberg des kleinen Mittelmeerlandes ist allerdings weiterhin erdrückend. Allein 290 Milliarden Euro, etwa das 1,5-fache Bruttoinlandsprodukt, schuldet der Staat Investoren in aller Welt. 2012 gab das Land Staatsanleihen im Volumen von rund 93 Milliarden Euro aus.
Fällig werden 2013 allerdings nur 28,5 Milliarden und auch in den nächsten Jahren belaufen sich Rückzahlungen in kleinerem Rahmen. Interessant wird es erst 2017: Binnen einem Jahr muss Griechenland dann Anleihen im Wert von 60 Milliarden Euro ablösen. Sollte das Rating Griechenlands allerdings tatsächlich längerfristig auf dem jetzigen Niveau bleiben, stehen die Chancen nicht schlecht, dass das Land weniger auf EU-Hilfen angewiesen sein wird und sich verstärkt über den Kapitalmarkt refinanzieren kann.
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Geld ist schön, weil es eine Befreiung bedeutet, wusste der Portugiesische Nationaldichter Fernando Pessoa bereits in den 1920er-Jahren. Das Elf-Millionen-Land am Rande Europas wartet tatsächlich auf eine Befreiung. Gegenwärtig lasten gewaltige Schulden auf seinen Schultern. 2011 erhielt Portugal rund 80 Milliarden Euro Hilfe aus dem europäischen Rettungsschirm, die Ratingagentur Moody's stufte das Land im Februar 2012 auf das Niveau Ba3 herab. Portugiesische Staatanleihen waren fortan "spekulativ".
Insgesamt hält Portugal derzeit über 200 Milliarden Euro an Verbindlichkeiten aus Staatspapieren, das sind knapp 80 Prozent des Bruttoinlandsprodukts. 13,7 Milliarden neuer Anleihen kamen 2012 hinzu. Dagegen werden 2013 Staatspapiere in Höhe von rund 19,6 Milliarden Euro fällig. Dabei ist der September der kritische Monat: Dann muss Portugal auf einen Schlag sechs Milliarden Euro an Investoren zurückzahlen.
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Ryanair ist trotz mancher kleineren Panne eines der erfolgreichsten Unternehmen, das Irland derzeit hat. Wann wird sich das einstige Vorzeigeland Europas, das als erstes europäische Finanzhilfe in Anspruch nahm, wieder aufrappeln können? Gegenwärtig sind die Schulden weiter bedrohlich, bereits seit Ende 2011 rangiert Irland bei Moody's unter "spekalutive Anlage" (Rating Ba1).
Konkret fallen Irland allein aus Staatspapieren rund 172 Milliarden Euro Verbindlichkeiten an und übersteigen damit das Bruttoinlandsprodukt, das 2012 bei rund 162 Milliarden Euro lag. Nur 9,5 Milliarden Euro konnte sich das Land 2012 von Investoren leihen. 6,1 Milliarden Euro muss es im nächsten Jahr refinanzieren.
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Auch Spanien kämpft mit den Auswirkungen der Krise. Im Juni 2012 schlüpfte das Land nach längerem Zögern unter den europäischen Rettungsschirm. Die EU sicherte 100 Milliarden Euro Garantien für notleidende Banken zu. Die Regierung unter dem konservativen Mariano Rajoy setzte fortan auf harsche Sparmaßnahmen etwa im Gesundheitssektor.
Rund 940 Milliarden Euro an Verbindlichkeiten in Form von Staatspapieren hält Spanien, rund 90 Prozent des Bruttoinlandsprodukts. Knapp 100 Milliarden neue Schulden konnte das Land dabei 2012 aufnehmen, 151 Milliarden muss es in 2013 refinanzieren. Wie teuer das wird, ist noch ungewiss. Im Oktober hatte die Ratingagentur Moody's die Kreditwürdigkeit spanischer Staatspapiere als "durchschnittlich gute Anlage" (Baa3) bestätigt.
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Fast wäre Italien im vergangenen Jahr unter der Schuldenlast zusammengebrochen. Dank der Technokratenregierung unter Führung des Wirtschaftsprofessors Mario Monti konnte das Land das Schlimmste abwenden, ging Reformen an und erlangte das Vertrauen der Investoren zum Großteil zurück: Für zehnjährige Staatsanleihen sank der Zins von mehr als sieben zwischenzeitlich auf 4,5 Prozent. Bei der letzten Auktion Ende des Jahres lag er wieder bei 5,5 Prozent.
Trotz allen Reformeifers steckt das Land finanziell weiter in der Schlinge. Italien hält insgesamt 2,13 Billionen Euro Schulden in Staatspapieren, 291 Milliarden kamen allein 2012 hinzu. Ein wenig mehr, rund 312 Milliarden Euro, werden 2013 fällig und müssen refinanziert werden. Der größte Brocken, rund 25 Milliarden Euro, fällt im August an. Es wäre Italien zu wünschen, dass Monti auch nach den Wahlen im Februar weiterregieren und Italien auf Wachstumskurs trimmen kann.
Dann vielleicht könnten die führenden Ratingagenturen Italien wieder bessere Kreditwürdigkeit zusichern. Moody's hatte Italien zuletzt im Juli 2012 auf das Niveau Baa2 herabgestuft, mit damals noch negativen Aussichten. Moody's fürchtete vor allem das fehlende Vertrauen der Märkte und eine Negativspirale, sollten andere Krisenstaaten weitere EU-Hilfen beantragen oder Griechenland aus der Währungsunion ausscheiden.
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Belgien steht in Europa vor allem für zwei Dinge. Innenpolitisch dringt hin und wieder der Streit zwischen Politikern aus dem flämischen und wallonischen Landesteil an die Öffentlichkeit, der stets die Regierungsbildung erschwert. Aus europäischer Sicht ist Brüssel der zentrale Treffpunkt der Diplomatie und Sitz der Europäischen Kommission. Doch wie steht es um die Schulden des Landes?
Die laufenden Staatsanleihen übertreffen mit einem Volumen von 440 Milliarden Euro das Bruttoinlandsprodukt um 17 Prozent. Voraussichtlich ein ähnlich großes Volumen an neuen Staatsanleihen wie 2012 muss Belgien in diesem Jahr emittieren, um die gut 60 Milliarden Euro Verbindlichkeiten aus Staatspapieren zu bedienen, die 2013 fällig werden. Im März muss das Königreich rund 16 Milliarden, im September 18 Milliarden Euro refinanzieren.
Die Ratingagentur Moody's hatte die Kreditwürdigkeit Belgiens bereits Ende 2011 auf Aa3 herabgestuft, belgische Papiere gelten demnach weiterhin als sicher. Doch zweifelt Moody's langfristig am Wachstumspotenzial des kleinen Königsreichs.
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Seit dem 26. Dezember regiert der Liberaldemokrat Shinzo Abe, nach 2006 bereits zum zweiten Mal, Japan. Bereits weniger Tage nach seinem Amtsantritt gab er deutlich die politische Richtung vor. Japan setzt weiter auf Atomkraft und Japan schwächt den Yen. Unter dem Druck des neuen Regierungschefs will die japanische Notenbank Wertpapiere mehr als zehn Billionen Yen (rund 85 Milliarden Euro) aufkaufen. Ob dadurch die hohe Schuldenlast abebbt und sich die deflationäre Stimmung im Land dreht, ist unklar.
Derzeit schuldet Japan den Finanzmärkten rund eine Billiarden Yen (etwa acht Billionen Euro). Ein gutes Viertel davon, rund 251 Billionen Yen (2,1 Billionen Euro), gab Japan 2012 an neuen Staatsanleihen aus. Wie Belgien schätzt die Ratingagentur Moody's auch die Kreditwürdigkeit Japans als "sicher" (Aa3) ein. 2013 muss Japan rund 261 Billiarden Yen (2,23 Milliarden Euro) aus fälligen Staatspapiere ablösen.
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Es ist vor allem die fehlende Wettbewerbsfähigkeit, die Frankreich das Jahresende verhagelte. Nach Standard & Poor's entzog im November auch die Ratingagentur Moody's dem Land die Bestnote in Sachen Kreditwürdigkeit. Kritiker sehen zudem das Problem, dass viele Franzosen die Krise nicht ernstnehmen, Staatschef Hollandes fehle es an der nötigen Führungsstärke.
Mehr Verbindlichkeiten als Deutschland hat Frankreich aus laufenden Staatsanleihen zu verbuchen: 1,75 Billionen Euro oder rund 86 Prozent des Bruttoinlandsprodukts. Auch nahm das Land 2012 nur leicht weniger neue Schulden in Form von Staatspapieren auf (263 Milliarden Euro), als 2013 fällig werden (276 Milliarden Euro).
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So einige Wolken zogen zum Ende des vergangenen Jahres über das Weiße Haus in Washington. Doch die USA haben die sogenannte Fiskalklippe fürs erste abgewendet. Dennoch: Bereits in zwei Monaten muss der Senat einer Ausweitung der Schuldenobergrenze zustimmen, sonst sind die USA technisch bankrott. Seit Präsident George W. Bush war das Staatsdefizit in die Höhe geschossen. Die Vereinigten Staaten stehen bei Investoren derzeit mit rund 13 Billionen US-Dollar (zehn Billionen Euro) in der Schuld, das sind rund 87 Prozent des Bruttoinlandsprodukts.
Die USA haben 2012 neue Anleihen im Gesamtwert von rund vier Billionen US-Dollar (3,08 Billionen Euro) ausgegeben und müssen in diesem Jahr Staatspapieren im Wert von rund drei Milliarden US-Dollar (2,3 Milliarden Euro) ablösen. Gleich im Januar ist eine erste große Tranche über 613 Milliarden US-Dollar (472 Milliarden Euro) fällig. Die Lage ist brisant: Sowohl Moody's als auch Standard & Poor's halten den Kompromiss zur Lösung des Haushaltsstreits für nicht ausreichend und drohen, den USA das Top-Rating zu entziehen. Dann würde die Refinanzierung teurer als gedacht, der finanzielle Spielraum der USA würde noch enger.
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Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) kann entspannt ins Wahljahr 2013 starten. Die Chancen stehen nicht schlecht, dass Deutschland bereits 2014 einen ausgeglichenen Haushalt vorweisen kann. Dabei profitiert die Bundesrepublik langfristig auch von den geringen Zinsen, die sie auf neu emittierte Staatsanleihen zahlen musste. Investoren zeichneten zehnjährige Bundesanleihe zuletzt bei einem Zinssatz von 1,93 Prozent.
Derzeit hält der Bund 1,38 Billionen Euro Schulden in Staatspapieren, das ist gut die Hälfte des Bruttoinlandsprodukts. Dank sprudelnder Steuereinnahmen und weniger Ausgaben für die soziale Sicherung hat der Top-Schuldner Deutschland im Jahr 2012 Staatsanleihen in Höhe von 178 Milliarden ausgeben müssen. Demgegenüber stehen Staatsanleihen mit einem Volumen von insgesamt 213 Milliarden Euro, die der Bund 2013 ablösen muss.
„Unsichtbar wird der Wahnsinn, wenn er genügend große Ausmaße angenommen hat.“
(Berthold Brecht, 1898-1956)
Im fünften Jahr der nun immer stärker die Solvenz von Staaten infrage stellenden Finanzkrise ließen die Notenbanker der USA, Europas und Japans die letzten geldpolitischen Hemmungen fallen und beglückten die Welt im zweiten Halbjahr 2012 unter großem Beifall der Finanzmarktteilnehmer mit der Botschaft, Geld nunmehr unlimitiert (!) drucken zu wollen.
Zwar konnten die Herren der Notenpressen so den unmittelbaren Fall einer inzwischen nahezu vollständig von der Droge des billigen Kredits abhängigen Wirtschaft in eine tiefe Rezession (vorerst) verhindern oder auch den Offenbarungseid von sich gegenseitig stützenden Zockerbanken und Wohlfahrtsstaaten nochmals vertagen. Jedoch alles mit dem Ergebnis, dass – jenseits von Angebot und Nachfrage – die Preisfindung an den "Märkten a. D." nun fast ausschließlich von den Notenbanken dominiert wird. Willkommen in der neuen Realität: der Zentralbank-Planwirtschaft!
Obwohl sich die weltweite konjunkturelle Situation in den letzten beiden Quartalen 2012 bereits wieder deutlich eintrübte und auch die Ausblicke der Unternehmen per saldo nur noch sehr verhalten ausfielen, beendeten die Aktienmärkte das Jahr 2012 mit teilweise kräftigen Kursgewinnen. Als Hauptargumente für die steigenden Kurse wurden vor allem die unerschöpfliche Liquidität und der durch die Nullzinspolitik verursachte „Anlagenotstand“ angeführt, der die Investoren die immensen Risiken an den Aktienmärkten, aber vor allem auch die an den Anleihemärkten, offenbar vergessen ließ.
So sank beispielsweise die Rendite zehnjähriger deutscher Bundesanleihen zwischenzeitlich sogar auf ein historisches Tief von 1,17 Prozent, und das, obwohl sich das Land im Zuge der europäischen Solvenzkrise via Europäischen Stabilitätsmechanismus (ESM) und der Zustimmung zur Bankenunion (fast) unwiderruflich in eine von Frankreich und Italien angeführte Club-Med-Schuldenunion zwingen ließ.
Die 10 Gebote für die Euro-Zone
1. Du sollst nicht über deine Verhältnisse leben
Kein Staat darf sein Defizit über drei Prozent der Wirtschaftsleistung steigen lassen. Tut er es doch, wird automatisch eine Geldstrafe gegen ihn verhängt.
2. Du sollst gerechte Strafen nicht verhindern
Der EU-Finanzministerrat darf Strafverfahren gegen Haushaltssünder nur noch in absoluten Ausnahmefällen stoppen - und dann nur mit Zweidrittelmehrheit. Das wird im neuen EU-Vertrag von Lissabon festgeschrieben.
3. Du sollst Rücksicht auf nachfolgende Generationen nehmen
Jeder Euro-Staat muss eine Schuldenbremse in seiner Verfassung verankern. Der europäische Pump-Kapitalismus gehört der Vergangenheit an.
4. Du sollst Ehrfurcht vor dem Europäischen Gerichtshof haben
Euro-Länder, die die Schuldenbremse nicht vorschriftsgemäß in ihrer Verfassung verankert haben, können vor dem europäischen Gerichtshof verklagt werden. Damit bekommt Europa in Finanzfragen Vorrang vor den Nationalstaaten.
5. Du sollst Investoren nicht verunsichern
Der griechische Schuldenschnitt bleibt ein einmaliger Sündenfall, der sich nicht wiederholen darf. Rechtsicherheit für Investoren wird im Gründungsvertrag des permanenten Euro-Rettungsschirms ESM festgeschrieben.
6. Du sollst für Wirtschaftswachstum sorgen
Die Euro-Zone bekommt eine echte Wirtschaftsregierung: Die Regierungschefs der Mitgliedstaaten treffen sich jeden Monat zu einem Gipfel, um ihre Wirtschaftspolitik zu koordinieren und das Wachstum gemeinsam anzukurbeln.
7. Du sollst die Unabhängigkeit der EZB achten
Die Europäische Zentralbank ist und bleibt unabhängig. Sie entscheidet selbst, ob und wie viele Staatsanleihen sie ankauft. Die Regierungen der Euro-Zone äußern sich dazu nicht.
8. Du sollst nicht begehren deines Nächsten Geld
Euro-Bonds sind nicht geeignet, die Schuldenkrise zu lösen. Sie werden vorläufig nicht eingeführt. Jeder Euro-Staat haftet weiter individuell für seine Schulden.
9. Du sollst auf die großen Volkswirtschaften hören
Deutschland und Frankreich übernehmen als größte Volkswirtschaften de facto die politische Führung in der Euro-Zone. Das steht so nirgends, wird aber von fast allen akzeptiert.
10. Du sollst das Kerneuropa als neue Wirklichkeit anerkennen
Die Euro-Zone marschiert voran in Richtung Fiskalunion und lässt dabei notfalls die zehn Nicht-Euro-Länder hinter sich. Wenn EU-Vertragsänderungen nicht mit allen 27 Staaten machbar sind, werden sie eben von den 17 Euro-Ländern allein beschlossen.
Der Dax konnte das Jahr 2012 in diesem Umfeld nach einer beeindruckenden Berg- und Talfahrt als weltweiter Spitzenreiter unter den etablierten Indizes mit einem Plus von 29,1 Prozent beenden, während der MSCI-Welt-Aktienindex auf Euro-Basis berechnet 11,5 Prozent hinzugewann. Der Dow Jones und der Nikkei 225 stiegen immerhin noch um jeweils knapp acht Prozent, während China-Investoren trotz des beeindruckenden veröffentlichten Wirtschaftswachstums im Shanghai A-Index lediglich 2,3 Prozent verdienen konnten. Die größten Gewinne fuhren jedoch die Investoren des gerade in der Depression versinkenden Griechenlands ein, wo der Athen General-Index nach einem Minus von 30 Prozent zur Jahresmitte das Jahr der zweimaligen „Rettung“ mit einem Plus von 33 Prozent (!) beendete.