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Bei ihrer Jagd auf Schwarzseher macht die Gebühreneinzugszentrale (GEZ) keine Kompromisse. So forderte sie 2003 von einer „Frau Walburga ST“ im Münsterland unter Androhung von 1000 Euro Bußgeld ultimativ die Entrichtung von Rundfunkgebühren. Jedoch handelte es sich bei der vermuteten Schwarzseherin um die Heilige Walburga, Schutzpatronin einer katholischen Kirchengemeinde. Der Pfarrer der Kirche schrieb zunächst noch belustigt einen Antwortbrief im Namen der Schutzpatronin: „Ich - um 710 geboren, da es noch keine Radio- und Fernsehgeräte gab - kann ja verstehen, dass man in Zeiten knapper Kassen jedem Hinweis nachgehen muss, wo noch was zu holen ist. Aber dass Sie dabei nicht einmal vor der Kirche und den Heiligen Halt machen, stimmt mich doch ein bisschen traurig.“
Ein Jahr war Ruhe, dann forderte die GEZ von Frau Walburga ST 1242,82 Euro für den Betrieb eines alten Videogeräts im örtlichen Pfarrheim.
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In München forderte die GEZ einen toten Dackel auf, für seinen Fernseher zu zahlen. 2010 flatterte der ehemaligen Besitzerin des bereits vor fünf Jahren verstorbenen Hundes ein Bescheid ins Haus. Die GEZ entschuldigte sich für die Panne und begründete sie damit, dass der Name des Hundes, "Bini", nicht als Haustiername erkannt worden sei. Zudem würden Besitzer oft den Namen ihres Haustiers etwa bei Gewinnspielen angeben - über Adresshändler landeten die Daten dann bei der GEZ.
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Die "Bild"-Zeitung berichtete von zwei Leserinnen, deren Babys plötzlich Gebühren zahlen sollten. Die Mütter reagierten empört. "Von solchen Behörden erwarte ich wirklich mehr Sorgfältigkeit“, sagte Tims Mama der Zeitung. Die zehn Monate alte Jolina-Joy hatte wenigstens Spaß, als sie das Anschreiben kurzerhand zerrupfen durfte - so war es doch noch zu etwas gut.
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Auch Dichter Friedrich Schiller war nicht vor einem GEZ-Schreiben gefeiht. Die "Dresdner Morgenpost" berichtete 2008, dass die GEZ Mahnbriefe an die sächsische "Friedrich Schiller"-Grundschule schickte. Die Briefe waren an "Herrn Friedrich Schiller" addressiert; in der Schule hielt man es zunächst für einen schlechten Scherz und antwortete der Zentrale, dass Schiller seit 200 Jahren tot und nicht mehr in der Lage sei, ein Radio anzumelden. Daraufhin erhielt die Schule jedoch nur ein weiteres Mahnschreiben.
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2010 berichtete die Zeitung „tz“ von einem Brief der GEZ, der an einen Orlando Henne adressiert war. Allerdings handelte es sich bei Orlando um das Haustier eines Münchners. Der Golden Retriever war auf mysteriöse Weise in den Datenbestand der GEZ gelangt.
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Auch Tote stehen auf der GEZ-Fahndungsliste: Im Jahr 2009 bekam der Rechenmeister Adam Ries, besser bekannt als Adam Riese, Post von der GEZ. Das Adam-Ries-Museum im sächsischen Annaberg-Buchholz erhielt ein Schreiben, das den Mathematiker aufforderte, seine Rundfunkgeräte anzumelden. Allerdings war Ries bereits am 30. März 1559 gestorben, also vor gut 450 Jahren. Erst ein klärender Anruf der Museumsdirektion konnte die Gebührenfahnder davon überzeugen, dass bei Adam Ries nicht mehr zu holen war.
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Während man über die Panne mit Adam Ries noch schmunzeln kann, war die nächste für die Betroffenen besonders bitter: Im August 2010 hat die GEZ zwei Kinder, die schon vor über 18 Jahren gestorben waren, zur Anmeldung ihrer Geräte aufgefordert. Die Eltern im baden-württembergischen Alb-Donau-Kreis waren schockiert. "Es ist alles wieder hochgekommen", sagte der Vater der beiden toten Kinder. Die GEZ bedauerte den Vorfall "zutiefst".
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Der "Berliner Kurier" berichtete 2006 von einer 97-jährigen blinden und gehörlosen Frau, der eine Mahnung ins Haus flatterte. Sie sollte 55,32 Euro nachzahlen. Zugleich wurden ihr 1000 Euro Bußgeld angedroht. Die 97-Jährige hatte vergessen, ihr alljährliches Formular zur Gebührenbefreiung abzuschicken - die GEZ fühlte sich im Recht und bestand auf den Gebühren.
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2011 klingelten einem Rentner die Ohren: Als der 62-Jährige sein GEZ-Formular an die darauf angegebene Nummer faxen wollte, landete er bei einer kostenpflichtigen Erotik-Hotline. Anstatt dem Fiepen eines Faxgeräts hörte der Mann einem Bericht der "Bild" nach eine Frauenstimme, die ihm wollüstig ins Ohr stöhnte. Die Panne kam zustande, weil die GEZ im Jahr 2009 ihre alte Nummer kündigte - nach sechs Monaten wurde sie neu vergeben. Der Rentner hatte allerdings ein veraltetes Formular erhalten, auf dem noch nicht die neue Nummer vermerkt war.
Künftig müssten ARD und ZDF noch ausführlicher offen legen, wohin die Beitragsgelder fließen, fordert die Nichtregierungsorganisation. „Die öffentlich-rechtlichen Sender sollten jährlich detailliert Auskunft darüber geben, wie sie die Beiträge verwenden, die bisherigen Jahresberichte reichen dazu nicht aus“, sagte Transparency-Mitgründer und Vorstandsmitglied Jürgen Marten der WirtschaftsWoche. Mit der Umstellung sei eine „völlig neue Qualität erreicht: Der Rundfunknutzer hat einen klaren Anspruch darauf, zu erfahren, was mit seinen Beiträgen finanziert wird“, so der Jurist.
Die wichtigsten Fragen zur neuen Rundfunkabgabe
Wen betrifft die neue Rundfunkgebühr?
Sie wird zunächst für jeden Haushalt und Betrieb fällig. Hartz-IV-Empfänger können einen Antrag auf Befreiung stellen. Menschen mit Behinderungen werden mit einem reduzierten Beitrag eingestuft. Bislang richtet sich der zu zahlende Betrag nach den vorhandenen Geräten.
Wie hoch wird die neue Rundfunkgebühr sein?
Ab 1.1.2013 kostet die Haushaltsabgabe 17,98 Euro pro Monat. Somit wird es nicht teurer fernzusehen, Radio zu hören oder im Internet zu surfen - zumindest für diejenigen, die schon zahlen.
Müssen also auch diejenigen Rundfunkgebühren zahlen, die kein Gerät besitzen?
Ja. Die Gebühr betrifft alle. Verfassungsrechtler haben die Rechtmäßigkeit bereits mehrfach geprüft.
Wann ist eine Befreiung möglich?
Wer Sozialhilfe, Arbeitslosengeld II oder eine Ausbildungsförderung wie Bafög oder Ausbildungsgeld erhält, wird davon befreit - allerdings nur auf Antrag. Blinde oder stark Sehbehinderte, Gehörlose und schwer behinderte Menschen sind künftig nicht mehr grundsätzlich befreit. Sie sollen nunmehr einen ermäßigten Beitrag von einem Drittel der regulären Gebühr zahlen.
Was muss ich jetzt tun?
Der neue Rundfunkgebühren-Staatsvertrag soll am 1. Januar 2013 in Kraft treten. Es ändert sich für bereits zahlende Kunden nichts.
Was passiert, wenn ich nicht zahle?
Wer seiner Anzeigepflicht nicht nachkommt oder den fälligen Rundfunkbeitrag länger als sechs Monate nicht oder nur teilweise zahlt, begeht eine Ordnungswidrigkeit, die mit einer Geldbuße geahndet werden kann.
Wird es weiterhin diese aufdringlichen GEZ-Beauftragten geben?
Nein. Die Schnüffelei der GEZ ist nicht mehr nötig. Da jeder zahlen muss, ist es egal, ob jemand Geräte hat oder nicht.
Welche Regelungen gelten für Betriebe?
Die Beiträge für Firmen werden künftig pro Betriebsstätte erhoben und nach der Zahl der Mitarbeiter gestaffelt.
Wegen des neuen Beitrags stehen weitere Klagen ins Haus. So hat der Handelsverband HDE nach Informationen der WirtschaftsWoche beim renommierten Leipziger Staats- und Medienrechtler Christoph Degenhart ein Gutachten zur Verfassungskonformität der Gebühr in Auftrag gegeben. Das Gutachten soll Anfang Februar vorliegen und könnte Mitgliedsunternehmen des HDE als Grundlage für eigene Klagen dienen. Zudem kündigte auch Autovermieter Erich Sixt erneut an, gerichtliche Schritte einzuleiten, sobald der Zahlbescheid in der Firmenzentrale in Pullach eintreffe.
7,4 Milliarden Euro an Gebühren zog die GEZ 2012 ein. Das Geld floss in den öffentlich-rechtlichen Rundfunk mit 25.000 fest angestellten Mitarbeitern, die täglich 22 TV-Sender, 67 Radioprogramme sowie zahlreiche Internet-Seiten füllen.
Öffentlich-Rechtliche wiegeln ab
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Der Deutsche Welle-Chef, Erik Bettermann, bezieht ein Jahresgehalt von 207 000 Euro. (Quelle: Bild.de)
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Der Intendant des Saarländischen Rundfunks, Thomas Kleist, erhält ein Gehalt von 210 000 Euro im Jahr.
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Der Intendant des Hessischen Rundfunks verdient nach Medieninformation zwischen 215 000 und 220 000 Euro pro Jahr.
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Die RBB-Intendantin Dagmar Reim verdient im Jahr 220 000 Euro.
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Der Intendant des SWR, Peter Boudgoust, verdient 273 000 Euro im Jahr.
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Der Vorgänger von Karola Wille, die Intendantin des Mitteldeutschen Rundfunks (MDR), erhielt ein Jahresgehalt in Höhe von 273 891 Euro.
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Der NDR-Intendant Lutz Marmor verdient 286 000 Euro im Jahr.
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Bis März 2012 war Markus Schächter Intendant des ZDF. In dieser Rolle verdiente Schächter 290 000 Euro im Jahr.
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Das genaue Jahresgehalt von Jan Metzger, Intendant von Radio Bremen, ist unklar, da nur der Gesamtbetrag von Intendant und Programmdirektor ausgewiesen wird. Der liegt immerhin bei 297 000 Euro.
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Die Intendantin des Westdeutschen Rundfunks (WDR), Monika Piel, erhält im Jahr 308 000 Euro.
Die öffentlich-rechtlichen Sender spüren nach eigenen Angaben bisher keine Protestwelle von Verbrauchern gegen den neuen Rundfunkbeitrag. Sie müssen aber mit Klagen großer Firmen rechnen. So sieht Deutschlands zweitgrößte Drogeriekette Rossmann unter anderem das Gleichheitsgebot verletzt und zieht vor Gericht.
Rossmann muss für seine mehr als 1700 Filialen künftig statt 39 500 Euro etwa 200 000 Euro zahlen. „Bezogen auf alle Rundfunknutzer kann das Gleichheitsgebot hier nicht wirklich zugrunde gelegt werden“, sagte ein Unternehmenssprecher. Der Bayerische Verfassungsgerichtshof habe die Klage angenommen.
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