Eigentlich müsste Herwig Birg zufrieden sein. Sollte man meinen. Jahrzehnte seines Wissenschaftlerlebens verbrachte der Demograf damit, den Deutschen und ihren Politikern mit Büchern wie „Die ausgefallene Generation“ und „Die demografische Wende“ die Brisanz des Geburtenrückgangs klarzumachen. Und nun, acht Jahre nach seiner Emeritierung als Professor in Bielefeld, hat Deutschlands Regierung endlich eine „Demografiestrategie“ vorzuweisen. Ein Dokument von 52 Seiten mit dem versöhnlichen Titel „Jedes Alter zählt“. Sogar ein eigenes Logo hat das Bundespresseamt entwerfen lassen: eine stilisierte Grafik der schrumpfenden Geburtenjahrgänge in Deutschland, die aussieht wie ein Kebap-Spieß.
Hat die Bevölkerungsentwicklung nun endlich den politischen Stellenwert erhalten, der ihr zukommt? Die Kanzlerin zumindest legt sich in ihrer zweiten Amtszeit schwer ins Zeug, um die Demografie als zentrales politisches Handlungsfeld zu präsentieren. Im Kanzleramt hat sie ein eigenes Demografiereferat einrichten lassen und sogar in ihre Rede auf dem CDU-Parteitag in Hannover schaffte es der demografische Wandel. Zum neuen Aktivismus der Regierung gehört auch das Berliner Demografieforum, zu dem Bundesfamilienministerin Kristina Schröder und Allianz-Vorstandschef Michael Dieckmann heute und morgen mit „internationalen Akteuren aus Politik, Wirtschaft, Wissenschaft und Zivilgesellschaft“ zusammenkommen, um „Lösungsansätze“ zu diskutieren.
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Platz 10: Finnland
Mit 18 Prozent Einwohnern über 64 Jahre gehört Finnland zu den zehn ältesten Ländern der Welt. Als eines der am dünnsten besiedelten Ländern Europas kommen dort auf 1000 Einwohner im Schnitt nur elf Geburten. Finnen unter 15 Jahren machen 16 Prozent der Bevölkerung aus. Das sorgt für eine recht alte Gesamtbevölkerung.
Quelle: Stiftung Weltbevölkerung
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Platz 9: Österreich
Mit 18 Prozent leben prozentual gesehen genauso viele Menschen über 64 Jahre in Österreich wie in Finnland. Das Land ist allerdings deshalb älter, weil es weniger junge Menschen und auch weniger Geburten gibt: 15 Prozent der Bevölkerung sind unter 15 Jahre alt und pro 1000 Einwohner werden neun Babys geboren. Damit zählt Österreich, das insgesamt etwas über 8,4 Millionen Einwohner hat, zu den ältesten Ländern überhaupt.
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Platz 8: Portugal
Ebenfalls neun Babys pro 1000 Einwohner kommen im südeuropäischen Portugal auf die Welt. Die Zahl der Portugiesen über 64 Jahre liegt allerdings mit 19 Prozent ein wenig höher als in Österreich. Der Bevölkerungsanteil der unter-15-Jährigen liegt bei 15 Prozent bei einer Gesamtbevölkerung von 10,6 Millionen. - Bild: dapd
Platz 7: Schweden
Mit Schweden zählt auch ein skandinavisches Land zu den ältesten der Welt. Fast jeder Fünfte dort (19 Prozent) ist über 64 Jahre. Jugendliche und Kinder unter 15 Jahre machen nur 17 Prozent der Bevölkerung aus. Dafür werden in Schweden mehr Kinder geboren als etwa in Österreich - nämlich zwölf pro 1000 Einwohner. An dem hohen Durchschnittsalter der Gesamtbevölkerung ändert das derzeit allerdings nichts.
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Platz 6: Griechenland
Auch die griechische Bevölkerung hat 19 Prozent Bürger im Alter von über 64 Jahren. Zwar werden im Schnitt mit zehn Geburten pro 1000 Einwohner dort momentan weniger Kinder geboren als in Portugal, aber die Zahl der Griechen unter 15 Jahren beträgt nur 14 Prozent.
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Platz 5: Bulgarien
Das einzige Land Osteuropas, das unter den zehn ältesten der Welt vertreten ist, ist Bulgarien. Mit 19 Prozent Menschen über 64 Jahre und nur 13 Prozent Kindern und Jugendlichen unter 15 kann das noch junge EU-Mitglied nicht punkten. Auf 1000 Bulgaren kommen derweil nur zehn Babys. Damit geht der fünfte Platz der ältesten Länder der Welt an das Land am Schwarzen Meer. - Bild: dapd
Platz 4: Italien
Auch die Italiener sind ein alterndes Volk: 21 Prozent von ihnen sind älter als 64, lediglich 14 Prozent jünger als 15 Jahre. Bei den Geburten sind sie ebenfalls nicht gut dabei: Neun Geburten kommen auf 1000 Einwohner. Damit ist Italien das viertälteste Land der Welt und das drittälteste in Europa. - Bild: dpa
Platz 3: Deutschland
Das zweitälteste Land Europas und das drittälteste der Welt: In der Bundesrepublik sind mittlerweile 21 Prozent der Bevölkerung über 64 Jahre. Die junge Generation kann da mit 13 Prozent unter 15 Jahren nicht mithalten und mit einem baldigen Babyboom können die Deutschen bei einem Negativrekord von gerade einmal acht Babys pro 1000 Einwohner garantiert nicht rechnen.
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Platz 2: Japan
In Japan werden zwar mehr Kinder geboren - immerhin neun Geburten pro 1000 Einwohner - aber dafür sind die Menschen über 64 Jahren mit 24 Prozent eine noch größere Gruppe in der japanischen Gesellschaft. Daneben erscheinen die 13 Prozent der unter-15-Jährigen mehr als gering. - Bild: dpa
Platz 1: Monaco
Das älteste Land der Welt ist Monaco: Ebenso wie Japan sind hier 24 Prozent der Bevölkerung älter als 64 Jahre und gerade einmal 13 Prozent unter 15. Geburten gibt es dafür hier noch einmal deutlich weniger als in Deutschland - nämlich nur sechs Babys pro 1000 Einwohner. Dabei muss man hier aber auch bedenken: Von den 36.000 Einwohnern sind rund 78 Prozent Ausländer ohne monegassischen Pass.
Nimmt sich also endlich eine Bundesregierung des Geburtenrückganges an - mehr als vierzig Jahre nach dem Pillenknick?
Wohl kaum. Fragt man Herwig Birg nach seiner Ansicht zur Demografiestrategie der Bundesregierung, wird er ziemlich wütend: Das, was die Bundesregierung präsentiert, sei nichts anderes als ein „Propagandatrick“, sagt Birg. So gut wie nichts habe sich geändert. Die Wahrheit sei, dass „die Politik mit dem Thema Demografie einfach nicht klarkommen will.“ Dabei sei das „demografische Erdbeben“ auf das wir zusteuern, die „bestprognostizierte Krise“.
Tatsächlich musste man kein Prophet sein, um die Brisanz des Themas zu erkennen. Seit rund vierzig Jahren bekommen die Deutschen weniger Kinder, als für den Erhalt der Bevölkerungszahl notwendig wären. Mit knapp 1,4 Geburten pro Frau ist Deutschland gemeinsam mit Italien und Spanien das unfruchtbarste Land in Westeuropa. Damit die Geburten die Sterbefälle langfristig ausgleichen, die Bevölkerung also weder wächst noch schrumpft, müsste diese Zahl im Schnitt bei etwa 2,1 liegen. Diesen Wert erreicht kein einziger Landkreis in Deutschland.