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Geschlossene Fonds: Schmierige Geschäfte mit kanadischem Öl

von Florian Zerfaß

Mit fabelhaften Renditen lockt die kanadische Conserve Oil deutsche Anleger. Die Hintermänner bleiben im Dunkeln. Spuren führen zu Milliardenpleitier Jürgen Hanne, der bereits Tausende Immobilienanleger schädigte.

Scan aus dem Buch "Steuern sparen hohe Schule" (1993).  Quelle: Scan aus dem Buch "Steuern sparen hohe Schule" (1993).
Hanne-Artikel "Kein Aufwand, kaum Risiko, hoher Ertrag". Quelle: Scan aus dem Buch "Steuern sparen hohe Schule" (1993).

Wenn es um dunkle Geschäfte geht, kann das Ambiente gar nicht hell genug strahlen. Das Berliner Emissionshaus „Proven Oil Canada“ (POC) hat seine Vertriebstruppen zur „Kompetenztagung“ zusammentrommelt, in einem Grandhotel in Frankfurt. Zu Meeresfrüchteterrine und Tafelspitzsülze werden beeindruckende Präsentationen und glänzende Renditeaussichten serviert – aber auch reichlich unappetitliche Fonds.

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Proven Oil („Nachgewiesenes Öl“) verkauft geschlossene Fonds. Das sind Beteiligungen an Unternehmen. „Geschlossen“, weil das Geld für Jahre nicht mehr herauskommt – anders als etwa bei Aktienfonds, die sich täglich zu Geld machen lassen. Deshalb sind diese Fonds extrem riskant. Wer ihnen Geld gibt, sollte wissen, mit wem er es zu tun hat.

Bei Proven Oil ist das nahezu unmöglich. Am Pult im noblen „Frankfurter Hof“, unter dessen Dach schon Thomas Mann seinen Hochstapler Felix Krull agieren ließ, steht David Crombie, Präsident der Conserve Oil Corporation (COC), der Muttergesellschaft von Proven Oil. Er ist aus Calgary eingeflogen, um den gut 100 Verkäufern Jubelmeldungen zu verkünden. 11.000 Anleger habe man gewonnen, schon 300 Millionen Euro eingesammelt. Die Inszenierung ist perfekt. Dolmetscher übersetzen die Botschaft des Chefs, dunkle Holzvertäfelung und schwere Messingleuchter an den Wänden geben seinen Worten Erhabenheit, riesige Spiegel erzeugen die Illusion von Größe.

Geschäftsprinzip Geheimniskrämerei

Als der kleine, etwas untersetzte Mann jedoch kurz nach dem Vortrag angesprochen wird, werden seine Lippen ganz schmal, verschwinden fast unter dem grauen Schnäuzer. Wem Conserve Oil gehöre? „Kanadische Eigentümer“, entgegnet Crombie mürrisch. Mehr sagt er nicht.

Die Geheimniskrämerei gehört zum Geschäftsprinzip. Anwälte von Proven Oil haben den anonymen Eigentümern bestätigt, sie könnten sich bei solchen Fragen hinter einer Vertraulichkeitsvereinbarung verstecken, diese sei „zulässig und schützenswert“. Heißt: Die Hintermänner der unbekannten kanadischen Ölfirma, der Tausende deutsche Anleger Millionen anvertraut haben, wollen im Dunkeln bleiben.

Sie dürften ihre Gründe haben.

Bei Anlegern sollten die Alarmglocken läuten, wenn...

  • bei Auflage des Fonds...

    noch nicht bekannt ist, in welche Objekte, etwa Immobilien oder Schiffe, investiert wird (Blind-Pool). Anleger können das Risiko ihres Investments nicht abschätzen.

  • der Fonds Renditen von...

    mehr als acht Prozent pro Jahr verspricht, gleichzeitig aber 30 Prozent der Investitionen für Vertrieb und Verwaltung draufgehen. Die Rechnung geht dann kaum auf.

  • der Initiator des Fonds...

    bereits Fonds aufgelegt hat, deren Anteile am Zweitmarkt für geschlossene Fonds (www.zweitmarkt.de) mit hohen Abschlägen gehandelt werden.

  • das wirtschaftliche Umfeld...

    gegen hohe Renditen spricht. Zuletzt litten Reedereien unter sinkenden Frachtraten für ihre Schiffe. Einige Schiffseigner, darunter Beluga Shipping, gingen pleite.

  • der Fonds in einen...

    gerade überhitzten und überall beworbenen Markt investiert, zuletzt etwa in Immobilien oder erneuerbare Energien.

  • der Fonds eine weitgehende...

    Nachschusspflicht des Anlegers vorsieht, falls der Fonds zum Sanierungsfall wird.

  • die Initiatoren von...

    einem Liebhaberobjekt mit hohem historischem Wert sprechen. Meist ist dann das Pleiterisiko hoch – wie im Fall des Hotels Heiligendamm.

Erprobte Masche

Bei genauem Hinsehen erweist sich die Investment-Idee als Räuberpistole: Die Selbstdarstellung der Conserve Oil ist hanebüchen, in den Bilanzen knirscht es. Und wer in das Firmengeflecht der kanadischen Ölbarone eintaucht, stößt auf Jürgen Hanne. Der wurde in Deutschland bekannt, als er vor der Jahrtausendwende mit Immobilienfonds für Altersheime ein großes Rad drehte. „Dr. Hanne Fonds“ waren für Anleger ein Desaster. Hanne wurde wegen Betrugs auf Bewährung verurteilt und setzte sich nach Kanada ab.

Vor der Immobilien-Karriere in Ostdeutschland aber war Hanne schon mal im Ölgeschäft. Mit der gleichen Masche, mit der heute Proven Oil auf Anlegerfang geht: hohe Rendite versprechen, Sicherheit suggerieren, Geld einsammeln und erst mal selbst kassieren. Vom Anlegergeld gehen insgesamt rund 20 Prozent an Nebenkosten ab. Die Geschäfte laufen auch jetzt wieder prächtig. Im Energiefonds-Ranking des Fondsverbands VGF schafften es die Berliner schon mal auf Platz zwei.

4 KommentareAlle Kommentare lesen
  • 09.01.2013, 22:23 Uhrunikat

    Das ist richtig gut und seriös recherchierter Journalismus, der akribisch und fleißig die Wahrheit ans Licht bringt. Wie alt sind wohl die Söhne des Dr. Hanne?

  • 09.01.2013, 19:37 UhrUdoM.

    Wer investiert heutzutage noch in so risikobehaftete Anlageformen? Insider legen ihr Geld in Gold- und Silbermünzen an, denn nur diese Anlageform ist krisenresistent! Und die Gewinne erzielen sie ohne Risiko mit den Arbitragen von http://www.smartstrategie.com … Die Vorteile liegen in der kurzen Kapitalbindung von wenigen Tagen und der hohen Renditen. ;-)

  • 09.01.2013, 10:12 UhrZett

    Sehr gut recherchierter und auch stylistisch sehr interessanter Text. Wenn ich ihn richtig verstehe, ist das Einzige, was die kanadischen Ölbarone gut draufhaben, die Handaufhalten, um sie hinterher zu heben.

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