Das geldpolitische Versagen der Europäischen Zentralbank (EZB) zeigt sich in unterschiedlichen Formen. Zum Beispiel bei der so genannten Sterilisation des im Zuge des Securities Markets Programm (SMP) zusätzlich geschaffenen Zentralbankgeldes. Über SMP hat die EZB seit Mai 2010 im großen Stil Staatsanleihen der EU-Krisenländer aufgekauft. In den letzten Tagen des alten Jahres konnte eine wöchentliche Zuweisung zur Abschöpfung dieser Liquidität nicht vollständig am Markt, also in der Regel bei den Banken, untergebracht werden. Das klingt unbedeutend, ist es aber vielleicht nicht. Misslingt eine Sterilisation, könnte es den am Tropf der EZB hängenden Geschäftsbanken auch an Liquidität mangeln.
Der letzte Misserfolg dieser Art passierte am 29. November 2011. Tags darauf starteten die internationalen Zentralbanken einen koordinierten Bail-out. In Europa waren längerfristige Refinanzierungsgeschäfte, die so genannten Longer-term Refinancing Operations (LTRO) Teil dieses Bail-out. Gut 1000 Milliarden Euro pumpte die EZB im Rahmen dieses zweiteiligen Programms in die europäischen Banken. Kommt nach LTRO 1 und LTRO 2 jetzt mit LTRO 3 die nächste große Geldspritze für die Banken?
Dabei wäre ein Liquiditätsmangel bei den europäischen Banken eigentlich erstaunlich. Schließlich durfte die Öffentlichkeit gerade durch „Die Welt“ erfahren, dass den Banken neben dem LTRO-Programmen mit dem so genannten Short Term European Papers Market, kurz STEP-Markt, eine zusätzliche und offenbar nahezu unbegrenzte Refinanzierungsquelle zur Verfügung steht.
STEP ist ein unregulierter Handelsplatz auf dem unterjährige Bank- und Unternehmensanleihen an- und verkauft werden. Bedeutung für die Geldschöpfung im Euro-Raum bekommt dieser Markt, weil STEP-Anleihen vom französischen Finanzdienstleister Euroclear France in aller Regel mit dem Gütesiegel “notenbankfähig” ausgezeichnet werden. Das reicht schon, um diese Anleihen bei der EZB als Sicherheit für Kredite hinterlegen zu können. Notenbankfähige STEP-Anleihen sind sozusagen für jede Bank eine Lizenz zum Gelddrucken. Nahezu blind auf das Urteil des geschäftsbanknahen Finanzdienstleisters verlässt sich die Banque de France. Die französische Zentralbank aber ist im Eurosystem nach Recherchen der „Welt“ die alleinige Schaltstelle für den Umgang mit den meisten STEP-Papieren. Der Rest einschließlich EZB hockt im Tal der Ahnungslosen.
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