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Italien: Mit Berlusconi droht das Chaos zurückzukehren

Die Nachricht von Berlusconis erneuter Kandidatur für das italienische Ministerpräsidentenamt verheißt nichts Gutes für das Land. Dabei waren der Monti-Regierung harte Reformschritte gelungen.

Silvio Berlusconi ist nicht nur berühmt und berüchtigt als Italiens Ministerpräsident. Der 75-Jährige ist mit einem von "Forbes" geschätzten Vermögen von 7,8 Milliarden Dollar (2010) auch einer der reichsten Mann im Land. Seine unternehmerischen Aktivitäten hat Berlusconi in der Familienholding Fininvest gebündelt. Ein Überblick über Berlusconis Milliardenimperium.

Die Märkte haben mit einer Reaktion auf die jüngsten Nachrichten aus Italien nicht auf sich warten lassen. Nach der Rücktrittsankündigung des italienischen Ministerpräsidenten Mario Monti vom Samstag sind die europäischen Börsen am Montag mit Verlusten in die Handelswoche gestartet.

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So unverhofft und überraschend dürften die Neuigkeiten aus dem Krisenland Italien im Rückblick nicht gewesen sein. Dass der Regierungschef Mario Monti zurücktreten würde, hätte man bereits vergangene Woche ahnen können. Berlusconis Partei "Volk der Freiheit" (PDL) hatte da schon bei mehreren Abstimmungen aus Protest gegen die Wirtschaftspolitik Montis das Parlament verlassen. Die politische Instabilität drückte sich an den Märkten aus, wo die Renditen für zehnjährige italienische Staatsanleihen zuletzt gestiegen waren.

Nun steht Silvio Berlusconis mit seiner PDL wieder in den Startlöchern. Der Medientycoon und Unternehmer, der im Zuge der verschärften Krise vergangenes Jahr zurücktrat, möchte noch einmal Verantwortung für Italien übernehmen – und zwar zum fünften Mal als Ministerpräsident. Dabei hatte der skandalumwitterte Unternehmer zunächst eine Teilnahme an den Wahlen 2013 ausgeschlossen. Doch jetzt heißt es: "Ich kehre nicht zurück, um ein gutes Ergebnis zu erzielen" sagte Berlusconi am Sonntag, "sondern um zu gewinnen".

Welche Reformen Monti in Italien angepackt hat

  • Schuldenbremse

    Die Regierung hat eine Schuldenbremse auf den Weg gebracht. Ab 2014 soll sie für ausgeglichene Haushalte sorgen. Um das zu schaffen, wurde ein Sparpaket geschnürt. Es soll bis 2014 insgesamt rund 26 Milliarden Euro bringen.

  • Einnahmen steigern

    Um den Haushalt zu sanieren, will der Staat mehr Geld eintreiben. Die Mehrwertsteuer wurde bereits von 20 auf 21 Prozent angehoben. 2013 soll sie auf 23 Prozent hochgeschraubt werden. Zahlreiche Steuererleichterungen wurden abgeschafft, während mit Obergrenzen für Bartransaktionen die Steuerflucht bekämpft werden soll. Besitzer von Jachten, Privatflugzeugen und Autos mit großem Hubraum müssen eine Luxussteuer entrichten. Wer mehr als 300.000 Euro im Jahr verdient, muss eine Solidaritätsabgabe von drei Prozent leisten. Auch die Immobiliensteuer wurde wieder eingeführt, die allein fast zehn Milliarden Euro in die Staatskasse spülen soll. Privatisierungen sollen 15 Milliarden Euro erlösen - etwa der Verkauf von Flughäfen, Netzbetreibern, Rückversicherungs- und Infrastrukturgesellschaften sowie Staatsimmobilien.

  • Ausgaben kürzen

    Allein durch die Kürzung von Urlaubstagen und Urlaubsgeld sowie bei Essensgutscheinen sollen im öffentlichen Dienst rund sieben Milliarden Euro gespart werden. Dort soll jede fünfte Leitungsstelle und jede zehnte in den unteren Gehaltsgruppen wegfallen. Der Rotstift regiert auch im Gesundheitswesen und bei Zivilgerichten. Regierungschef Monti leistet ebenfalls einen kleinen Beitrag: Er verzichtet auf sein Gehalt.

  • Arbeitsmarkt

    Um die chronisch schwache Konjunktur anzukurbeln, hat die Monti-Regierung zahlreiche Arbeitsmarktreformen in Angriff genommen. Festangestellte in privaten Unternehmen können leichter gekündigt werden. Das Klageverfahren auf Kündigungsschutz wurde verkürzt, Abfindungen gedeckelt. Unternehmen können neue Mitarbeiter ohne Angabe von Gründen befristet einstellen. Liberalisiert wird auch der Einzelhandel, wo es längere Ladenöffnungszeiten gibt. Kommunale Dienstleister erhalten weniger Rechte, um die Konkurrenz mit privaten Anbietern zu erhöhen. Zudem müssen die Italiener künftig länger arbeiten: Männer bis 66 Jahre, Frauen ab 2018 ebenfalls. Die Frühverrentung wird eingeschränkt.

  • Lichtblicke

    Die Staatsfinanzen sehen nicht so schlecht aus, wie die hohen Risikoaufschläge für italienische Anleihen vermuten lassen: Der sogenannte Primärhaushalt - bei dem Zinszahlungen ausgeklammert werden - weißt einen Überschuss aus. Nach Prognose der EU-Kommission wird die Neuverschuldung sowohl 2013 als auch 2014 unter der in den EU-Verträgen festgelegten Drei-Prozent-Hürde liegen. Außerdem exportiert das Land inzwischen wieder mehr als es importiert. Der Überschuss in der Handelsbilanz lag im von Januar bis September bei 4,1 Milliarden Euro, während sie ein Jahr zuvor noch ein Defizit von 23,1 Milliarden Euro auswies. Der Außenhandel dämpft damit den Abschwung, der auf die wegen zahlreicher Steuererhöhungen schwächelnde Binnennachfrage zurückgeht.

Seine Anhänger dürfte das freuen. Sie waren es, die den ehemaligen Bunga-Bunga-Premier nach eigenen Angaben darum gebeten hatten, das Ruder wieder zu übernehmen. Doch für alle anderen ist es eine wahrhaftig beunruhigend Nachricht: Der Mann, der das Land in die Krise führte, droht, an die Spitze zurückzukehren.

Die Folgen liegen auf der Hand. Bereits am Wochenende hatten Finanzanalysten eine Verteuerung der Kreditaufnahme Italiens prognostiziert. Größtes Risiko sei es, dass Berlusconi die Unzufriedenheit über die Strukturreformen nun für sich nutzen könne, hieß es. "Ein Comeback Berlusconis wäre eine Katastrophe für Italiens Finanzen und die Realwirtschaft", sagte ein Banker, der anonym bleiben wollte, der Nachrichtenagentur Reuters. Nicholas Spiro von Spiro Sovereign Strategy sagte, die größte innenpolitische Bedrohung stelle der Populismus dar. Eine Rückkehr Berlusconis, sei "für Italien so überflüssig wie ein Kropf". Berlusconis Griff zum Populismus sind nicht unbekannt. Als wollte er diese Befürchtungen erneut bestätigen, schimpfte er am Sonntag gegen die "von Deutschland dominierte Eurozone".

7 KommentareAlle Kommentare lesen
  • 10.12.2012, 22:20 Uhrallesverloren

    Da wird man bald die Steuern in Deutschland erhöhen müssen, um damit Solidarität mit Italien zeigen zu können.

    Statt einmal alle 4 Jahre haben wir in Deutschland nun in der gleichen Zeit 17 Wahlen, wo wir uns von Euro-Sieg zu Euro-Sieg zittern müssen. Der Einfluss der Italien-Wahl hat mehr Einfluss auf unser Geld als unsere eigene Wahl im September.

    Sollen wir nun Wahlkampf machen oder wie stellt man sich das vor. Mehr Europa?, das muss man wirklich mögen.

  • 10.12.2012, 17:59 Uhrsteigenberger

    Nicht zu viel Lob für Monti !

    OK. er hat etwas konsolidiert, die meisten "Reformen" sind aber An-

    kündigungen geblieben!

    Auch Monti sieht in Europa u. den Nordeuropäern in 1. Linie die pot-
    entiellen, potenten Geldgeber, er wünscht sich daher Schuldenvergemeinschaftung via Eurobonds etc - zu Lasten der guten
    Bonität der Nordländer!

    wie verfahren u. blockiert die Situation in Italien wirklich ist zeigt

    die Firma Würth ( grösster Befestigungsmaterialhändler weltweit 10 Mia.
    Eu. Umsatz ! ) diese hat 60000 ! Kunden in Italien von Lieferungen
    ausgeschlossen, weil alte FRechnungen nicht ! bezahlt worden sind, die
    Kreditklemme der italienischen Mittelständler ist also schon da u. das
    würgt die Wirtschaftstätigkeit stark u. lange ab !!

    Die Lage ist also viel schlimmer als Monti sie schildert u. der alte
    Rattenfänger Berlusconi wird sie weiter verschlechtern.

    Für Italien sind alle Rettungsschirme 5 x zu klein!

    Schlechte Aussichten für den Euro u. die "Euroretter" mit Merkel an
    vorderster Front !!

  • 10.12.2012, 16:20 Uhrmathias

    Der Unterschied ist:

    Berlusconi machts

    Merkel darf nur in der Dusche zuschauen - anfassen ist nix!!

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