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kolumne Denkfabrik: Frankreich droht eine Flaute von einem Jahrzehnt

Kolumne von Hans-Werner Sinn

Frankreich hat anfangs von der Euro-Einführung profitiert wie die Länder des Südens auch. Jetzt ist es mit ihnen in die Krise gerutscht. Um wieder wettbewerbsfähig zu werden, muss unser Nachbarland um 20 Prozent billiger werden. Eine Reformverweigerung à la Hollande kann das Leiden nur verlängern.

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Banken verlieren Einlagen, notleidende Kredite steigen

Bild: dapd

Frankreich geht es derzeit nicht gut, für den britischen „Economist“ ist das Land gar eine „Zeitbombe“. Die Zahl der Konkurse liegt heute um 14 Prozent höher als im Jahr 2008, dem Jahr der Lehman-Krise. Der Wertschöpfungsanteil des verarbeitenden Gewerbes am BIP ist auf nur noch neun Prozent gefallen. Das ist sogar noch weniger als in England (zehn Prozent) und nicht einmal halb so viel wie in Deutschland (20 Prozent). Selbst die traditionellen Automobilfirmen sind gefährdet. Peugeot gab schon im Juli die Streichung von 8000 Stellen und die Schließung eines Werks bei Paris bekannt. Auch Renault erwägt die Stilllegung von Werken. Anderswo ist es nicht besser. Der Luftfahrt- und Rüstungskonzern EADS kündigte Entlassungen an. Die Stahlindustrie ist im Rückschritt.

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Wesentlich niedriger

Im Gegensatz zu Deutschland hat es Frankreich nicht geschafft, nach der großen Weltrezession, die auf die Lehman-Krise folgte, wieder Tritt zu fassen. Während Deutschlands Arbeitslosigkeit mit einem Wert von 5,4 Prozent heute wesentlich niedriger ist als vor dem Zusammenbruch (2008), übersteigt die französische Arbeitslosenquote mit 10,7 Prozent bei weiterhin steigender Tendenz ihren Höchstwert aus der Zeit der Flaute im Winter 2005/06. Die Jugendarbeitslosigkeit liegt in Frankreich bei mehr als 25 Prozent. In Deutschland beträgt sie nur acht Prozent

Fakten zu François Hollande

  • Ausbildung

    Studierte Recht, Wirtschaft und Politik an Pariser Eliteuniversitäten.

  • Wahlkampf

    Holte sich Wahlkampftipps von Beratern des US-Präsidenten Barack Obama.

  • Einkommen

    Will im Amt sich und seinen Ministern das Gehalt um ein Drittel kürzen.

  • EU

    Plant einen Wachstumspakt zur Ergänzung des EU-Fiskalpakts.

  • Steuern

    Will Jahreseinkommen über eine Million Euro mit 75 Prozent besteuern.

Die Krise in Frankreich ist vergleichbar mit der deutschen Krise nach der Einführung des Euro. Der deutsche Spitzenwert bei der Arbeitslosigkeit von 11,5 Prozent in 2005 ist zwar noch nicht ganz erreicht, doch ist man auf dem Wege dorthin. Die französische Arbeitslosenquote ist heute bereits um einen Prozentpunkt höher als in Deutschland im März 2003, als Kanzler Schröder dem Rat der Ökonomen folgte und die Agenda 2010 ausrief, mit der er die impliziten Mindestlöhne des deutschen Sozialsystems senkte.

Präsident Hollande ist heute noch nicht so weit wie Schröder damals. Er fabuliert, wie die Linken es zu tun pflegen, von Wachstumspolitik und meint damit keynesianische Maßnahmen zur schuldenfinanzierten Nachfragesteigerung. Solche Maßnahmen bewirken bloße Strohfeuer, die schnell wieder vergehen. Sie mindern den Reformdruck, unterminieren die Wettbewerbsfähigkeit und erhöhen die Staatsquote des Landes. Frankreichs Quote ist mit einem Wert von 56 Prozent ohnehin schon die zweithöchste aller entwickelten Länder dieser Erde. Die deutsche Staatsquote liegt demgegenüber nur bei 45 Prozent. Kein Land der Euro-Zone ist dem Sozialismus so nahe wie Frankreich.

11 KommentareAlle Kommentare lesen
  • 23.12.2012, 11:52 Uhrallesverloren

    Statt 20 % Lohnsenkungen in Frankreich zu organisieren wäre es besser, wenn Deutschland seine Löhne so schnell wie möglich erhöhen würde. Nicht unbedingt um 20% aber u.U. um 10% + x.

    Das Lohnniveau ist hier ohnehin viel zu niedrig, da dessen Wachstum seit Jahren weit hinter dem Wachstum der Produktivität erfolgte. Das würde auch die Diskussion um Mindestlöhne ins rechte Licht rücken. Mindestlöhne sind dort erforderlich, wo die Tariflöhne zu niedrig sind, wie es eben in Deutschland er Fall ist.

    Die viel zu hohen Exportüberschüsse auch ausserhalb der EU sind ebenfalls kein Vorteil für Deutschland.

    Diese zeigen zum einen, dass auch im Vergleich zu den Ländern ausserhalb der EU das deutsche Lohnniveau zu niedrig ist.

    Zum anderen ist es mitnichten so, dass wir von dort höher-wertigere Ansprüche erhalten als es die Target-2-Salden darstellen.

    Die Frage ist doch, wann fliesst das Geld zurück und zwar in Form von realen Gütern, welches Deutschland im Ausland gespart hat (siehe China, USA, etc.). Solange Deutschland immer nur hohe Export- und Leistungs-Bilanzüberschüsse haben wird lautet die einfache Antwort - Nie !!!. Im Gegenteil, wir verschenken dabei auch unsere Patente und Know-How (siehe China aber auch USA, etc.).

    Es ist also richtig, wenn man darauf hinweist, dass Deutschland nicht immer nur sinnlos exportieren sollte. Insbesondere wenn dies verbunden ist mit einem massiven Wachstum der Armut (fehlende Löhne) in Deutschland. Das ist reiner Masochismus und hat mit guter Wirtschaftspolitik nichts zu tun.

  • 14.12.2012, 22:44 Uhrpedrobergerac

    Wie anno 1789

  • 14.12.2012, 10:39 UhrPeter

    Das würde auch in Deutschland passieren, wenn die SPD oder andere linke Gruppierungen an die Macht kämen.

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