Einen „Unfall“ nannte Ratan N. Tata seinen Eintritt in das Familienunternehmen. Eigentlich war der gelernte Architekt vor 21 Jahren nur deswegen aus den USA nach Indien zurückgekehrt, weil seine Großmutter krank war. Doch dann trat sein Verwandter J.R.D. Tata ab und vermachte ihm in einem Handstreich den Chefposten der Tata-Gruppe. Nun geht Ratan Tata zu seinem 75. Geburtstag am Freitag (28.12.) selbst in den Ruhestand. Aus dem indischen Konglomerat hat er einen modernen Konzern gemacht, der im vergangenen Finanzjahr 76 Milliarden Euro umsetzte und bei Stahl, Autos und Tee weltweit ganz oben mitspielt.
Kaum einer der 1,2 Milliarden Inder kommt im Alltag ohne Tata aus. Die mehr als 100 Firmen stellen Konsumgüter von Titanuhren bis Mineralwasser her, bieten Beratung und IT-Dienstleistungen, führen Hotels und liefern Strom, bearbeiten Metall und Chemikalien. Mit dem Tata Nano - eine Herzensangelegenheit von Ratan N. Tata - produziert der Konzern das mit etwa 2000 Euro weltweit günstigste, wenn auch nur mäßig erfolgreiche Auto. Und im Herbst eröffnete der Konzern in einem Joint-Venture das erste Starbucks-Café des Landes.
Ratan Tatas großer Verdienst ist die Internationalisierung des Konzerns, der zwar schon bei seinem Amtsantritt das größte Privatunternehmen Indiens darstellte, aber fast nur auf dem heimischen Markt aktiv war. Ab der Jahrtausendwende ging der Konzern im Ausland auf Einkaufstour. Im Jahr 2000 erwarb die Tata-Gruppe die führende britische Teemarke Tetley, vier Jahre später kaufte sie sich beim zweitgrößten Lastwagenbauer in Südkorea, Daewoo Commercial Vehicle, ein. Es folgten fast im Jahrestakt Singapurs größtes Stahlunternehmen NatSteel, Millennium Steel in Thailand und das britische Chemieunternehmen Brunner Mond.
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