Die Absage kam plötzlich, so wie mittlerweile üblich durch die Hintertür, aber überraschen tut sie niemanden mehr. Was überrascht überhaupt noch beim Flughafen BER - nach mehreren Kostenschüben, etlichen Planungsdebakeln und mittlerweile satten vier Terminverschiebungen?
Auch am 27. Oktober 2013 wird der neue Hauptstadtflughafen also nicht eröffnen können. Öffentlich wurde dies, wie so ziemlich alles rund um den BER: es sickerte irgendwie durch. Vielleicht wird es im Frühjahr 2014 etwas, vielleicht auch erst 2015. Schon auf den Oktober-Termin wollte sich von den politisch Verantwortlichen in den vergangenen Wochen keiner mehr festlegen, die Länderchefs Klaus Wowereit und Matthias Platzeck (beide SPD) nicht und auch nicht Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer (CSU). Sie wussten wahrscheinlich, warum.
Die Starttermine für den Flughafen BER
30. Oktober 2011
Dieser Termin wird 16 Monate zuvor gekippt. Begründung: Neue Sicherheitsvorschriften und die Pleite zweier Planungsfirmen. Tatsächlich ist der Bau schon ein Jahr im Rückstand.
3. Juni 2012
Nur vier Wochen vorher wird der Start abgeblasen. Begründung: Die Brandschutzanlage funktioniere nicht. Tatsächlich ist in dem Neubau noch viel mehr nicht fertig.
17. März 2013
Dieses neue Datum wird nach neuerlicher Verschiebung im Mai 2012 genannt und einen Monat später schon wieder in Zweifel gezogen. Anfang September wird klar: Auch dieser Termin wird nicht zu halten sein.
27. Oktober 2013
Nach einer Analyse des neuen Technikchefs Horst Amann legt der Aufsichtsrat diesen Termin am 7. September als neuen Eröffnungstag fest.
Starttermin 5
Anfang Januar 2013 wurde bekannt, dass auch der Termin im Herbst des Jahres nicht zu halten sein wird. Frühestens 2014 wird das Großprojekt nun seiner Bestimmung übergeben werden können.
Den Montag über schwiegen sie lange so laut, dass es peinlich wurde. Am Nachmittag dann die erste Reaktion: Wowereit trat zurück, ein ganz kleines bisschen. Platzeck übernimmt den Vorsitz im Aufsichtsrat, Wowereit bleibt einfaches Mitglied. Die beiden Herren, die am längsten im Kontrollgremium des Flughafens sitzen, wollen weitermachen. Einfach so. Es passt ins desaströse Bild.
Das Debakel trifft eine Flughafengesellschaft, die an den bestehenden Flughäfen Tegel und Schönefeld am Rande, wenn nicht längst jenseits der Kapazitätsgrenzen operiert. Sie trifft eine Gesellschaft, die gerade erst mit einer neuen 1,2-Milliarden-Spritze aus Steuermitteln vor der drohenden Zahlungsunfähigkeit gerettet werden musste. Die monatlichen Einnahmeausfälle summieren sich in zweistelliger Millionenhöhe immer weiter, die Schadenersatzansprüche von Airlines und Mietern in spe ebenso.
Vielleicht kostete der Flughafen am Ende fünf Milliarden
4,3 Milliarden Euro lautet die noch gültige Kostenansage für den BER. Vielleicht hat sie noch ein paar Monate Bestand. Wahrscheinlich aber wird der neue Airport fünf Milliarden Euro oder mehr kosten. Wieder einmal bestätigt sich die Grundregel politischer Großprojekte: Es wird viel teurer und es wird viel später. Der BER dürfte für Bauten dieser Art die neue Maßeinheit bilden.
Den Kontrolleuren im Aufsichtsrat um Klaus Wowereit fällt nun ihr gesamtes Missmanagement vor die Füße. Um die Eröffnung im Juni 2012 noch irgendwie möglich zu machen, wurde im Frühling vergangenen Jahres von Baufirmen und Planern hastig improvisiert und gepfuscht, bis die Genehmigungsbehörden genug hatten; die Geschäftsführung orchestrierte, die Räte ließen es geschehen. Als der Flughafen danach die zuständigen Planer und Architekten feuerte, war zwar ein erster Sündenbock gefunden, aber Monate lang passierte dafür auf der Baustelle gar nichts mehr.
Offensichtlich ist auch der neue Chefplaner Horst Amann bis heute mit der Bestandsaufnahme der Katastrophe beschäftigt und nicht damit, die Baustelle voranzubringen. Es wird höchste Zeit, ihm weitere unabhängige und unbelastete Fachleute an die Seite zu stellen.
Für den langjährigen Aufsichtsrat-Chef Wowereit wird es eng. Einen unabhängigen Vertreter des Landes Berlin für das Gremium zu benennen, wäre ein ehrlicher Schritt gewesen. Die nun angekündigte Rochade mit Matthias Platzeck ist das Gegenteil. Das Klammern ist unwürdig, aber es passt zu Geschichte des BER.
Wahrscheinlich wird stattdessen Rainer Schwarz als nächstes seinen Hut nehmen müssen. Das Vertrauen des Bundes in den Flughafenchef ist längst dahin. Sein Verlust dürfte zu verschmerzen sein. Bisher stützten ihn im Aufsichtsrat die beiden SPD-Ministerpräsidenten. Doch die kümmern sich nun offensichtlich nur noch um Schadensbegrenzung ihrer eigenen Havarie.
Die Geschäftsführung endlich so kompetent zu besetzen, dass der BER eines Tages überhaupt eröffnet werden kann, muss jetzt ihr alleiniges Ziel sein. Scheitern sie auch noch an dieser Aufgabe, müssen sie selbst gehen. Endgültig.