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Die Anzeichen verdichten sich, dass der bereits mehrfach verschobene Eröffnungstermin für den neuen Berliner Großflughafen wieder nicht gehalten werden kann. Die "Bild"-Zeitung zitiert aus einem neuen Geheimgutachten, dass die Check-in Schalter im Terminal des Hauptstadtflughafens Berlin Brandenburg Willy Brandt (BER) in Schönefeld zu Spitzenzeiten nicht ausreichen: "Am Spitzentag stehen nicht genügend Schalter als Ausfall- und Dispositionsreserve zur Verfügung", heißt es demnach in der Kapazitätsstudie. Um eine „Flächenüberfüllung“ zu verhindern, sollen Air Berlin und Lufthansa Exklusiv-Schalter abgeben. Zudem raten die Experten zu einem „dynamischen Warteschlangen-Management“.
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Auch die Sicherheitskontrollen werden dem Gutachten nach für Probleme sorgen. Die Kapazität der Kontrollspuren reicht nicht aus. "Eine kritische Überlagerung der Warteschlangen vor den Bordkartenkontrollen mit den Warteschlangen vor den Check-in-Schaltern" könne nicht ausgeschlossen werden, wenn sich die Passagiere nicht gleichmäßig auf die Spuren verteilen.
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Testkoffer stehen vor dem künftigen Check-In von Air Berlin. Es gibt auch bei den Gepäckbändern Kapazitätsprobleme: "Die Anzahl an Gepäckbändern ist für die Verkehrslast der Wintersaison 2013 nur eingeschränkt ausreichend, da keinerlei Systemreserven zur Verfügung stehen", heißt es. Es stehen acht Gepäckbänder zur Verfügung - bereits in einem Gutachten von November wurde klar, dass eigentlich 20 Kofferbänder nötig wären. Würde nun auch nur eines der Bänder ausfallen, schließen die Gutachter laut "Bild" einen Betriebsausfall nicht aus. Laut Flughafen können nach der Eröffnung im Bedarfsfall zeitnah neue Gepäckbänder angebaut werden - laut der "Bild"-Zeitung können aber maximal ein bis zwei Bänder zugefügt werden. Es sei nur eine Frage der Zeit, bis man über ein zweites Terminal mit Check-in-, Sicherheitskontroll- und Gepäckausgabebereich nachdenken müsse, zitiert das Blatt einen ehemaligen Planer des Flughafens.
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Die "Bild"-Zeitung berichtete bereits im Sommer 2012, dem Chaos-Flughafen Berlin-Brandenburg drohe ein Teilabriss, weil die Probleme beim Brandschutz größer seien als bisher vermutet. Nach der Klage der Fluglinie Air Berlin habe sich jetzt auch die Deutsche Bahn zur Schadensersatzklage entschieden, hieß es weiter.
Die Mehrkosten für den Pannenflughafen belaufen sich bereits auf einen zweistelligen Millionenbetrag. Bevor der Bund allerdings weiteres Geld für den Großstadtflughafen freigibt, muss der Haushaltsausschuss darüber abstimmen.
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Die Betreiber des Berliner Flughafens müssen nach Medienberichten eine Million Liter Kerosin wieder abpumpen. Der erst im Mai eingelagerte Treibstoff wird jetzt an andere Berliner Flughäfen verteilt. Der Großflughafen lagert nach Informationen von Berliner Medien insgesamt 18 Millionen Liter Kerosin im Wert von 15 Millionen Euro.
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Die Pannenserie beginnt Anfang Mai. Der Chef der Flughafengesellschaft teilt mit, dass sich der Eröffnungstermin des neuen Hauptstadtflughafens auf unbestimmte Zeit verzögert. Geplant war der 3. Juni. Schuld sind Probleme bei Brandschutzanlagen und Katastrophenschutz. Der brandenburgische Innenminister Dietmar Woidke (SPD) sagte: "Es kann keine Abnahme vom TÜV geben. Sie sind noch nicht so weit."
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Nach dem Bericht des Nachrichtenmagazins "Focus" wäre der Flughafen Berlin auch mit funktionierender Brandschutzanlage am 3. Juni nicht startklar gewesen. Der Berliner Stadtentwicklungsverwaltung liegt demnach ein Bericht von Experten eines Münchner Unternehmens aus dem April vor, wonach wichtige Bereiche von Check-in über Zoll bis Boarding und Bodenverkehr nur zu 52 Prozent betriebsbereit sind. Die Firma ist für den Probebetrieb am neuen Flughafen mitverantwortlich.
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Die Verzögerungen machen auch der Deutschen Bahn zu schaffen. Sie muss leere Züge durch die Tunnel und den Flughafen-Bahnhof jagen, damit die Anlage belüftet werden und kein Schimmel ansetzt. Allein die S-Bahn plane täglich drei Fahrten ein, für die Personalkosten anfielen, berichtet die Berliner Zeitung. Zudem müssten die Trassen bewacht werden, um Kupferklau und Vandalismus zu verhindern.
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Die Flughafen-Eröffnung verschiebt sich immer weiter nach hinten. So lange aber der Termin nicht steht, kann das abschließende Finanzierungskonzept für den Mehrbedarf von rund 1,2 Milliarden Euro nicht vorgelegt werden. Der Flughafengesellschaft geht langsam das Geld aus.
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Als neuer Starttermin wird der 17. März 2013 anvisiert. Doch auch dieser Termin ist nur zu halten, wenn das Brandschutzkonzept genehmigungsfähig ist, alle Anlagen störungsfrei arbeiten und die beteiligten Baufirmen zustimmen. Ob das klappt, ist fraglich. Das Raumlufttechnik zum Beispiel sei noch nicht einmal fertig geplant, berichtet das Nachrichtenmagazin "Der Spiegel" Mitte August.
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Das erfuhr die Nachrichtenagentur dpa aus "mehreren zuverlässigen Quellen". Zuvor hatte die „Bild“-Zeitung in ihrer Montagsausgabe unter Berufung auf interne Unterlagen darüber berichtet. „Bild.de“ zitierte am Sonntag aus einem Vermerk einer an dem Projekt beteiligten Baufirma. Danach habe die Flughafengesellschaft am 18. Dezember 2012 „die Gesellschafter und die anwesenden Firmenvertreter über die Terminabsage“ informiert. Bei einer vertraulichen Besprechung im Besucherzentrum des künftigen Airports an diesem Tag habe Technikchef Horst Amann eine Eröffnung 2013 ausgeschlossen. Hauptproblem sei, dass beim Brandschutz abweichend von der Baugenehmigung gebaut worden sei. Die etwa zehn Teilnehmer der Runde hätten sich darauf geeinigt, die erneut notwendige Terminverschiebung erst einmal nicht öffentlich zu machen.
Es wäre die vierte Verschiebung der Eröffnung des Pannenflughafens. Auch für Flughafenchef Rainer Schwarz könnte es jetzt eng werden. Und die Opposition setzt die Regierungschefs von Berlin und Brandenburg, Klaus Wowereit (SPD) und Matthias Platzeck (SPD), unter Druck. Wowereit ist Vorsitzender des Flughafen-Aufsichtsrates, Platzeck sein Stellvertreter.
Ein Sprecher der Flughafengesellschaft wollte am Sonntagabend keine Stellung zu den Informationen über die Terminverschiebung nehmen. Die Regierungssprecher in Berlin und Potsdam waren nicht zu erreichen. Berlin und Brandenburg sowie der Bund sind die Gesellschafter des Flughafens. Die Grünen im Berliner Abgeordnetenhaus wollen noch in dieser Woche eine Sondersitzung des Abgeordnetenhauses beantragen und einen Misstrauensantrag gegen Wowereit stellen. Das kündigte Fraktionschefin Ramona Pop am Sonntagabend an. Wowereit soll nach Informationen der „Bild“-Zeitung Ende November der Berliner SPD seinen Rücktritt angeboten haben, falls der Flughafen-Start 2013 platzt.
Der steinige Weg zum Hauptstadtflughafen
Dezember 1991
Gründung der Berlin Brandenburg Flughafen Holding (BBF). Gesellschafter sind die Länder Berlin und Brandenburg.
Januar 1992
Beginn der Planungen für den Flughafen mit dem Projektnamen Berlin Brandenburg International, BBI.
Juni 1996
Der Ausbau des Flughafens Schönefeld sowie die Schließung der Flughäfen Tegel und Tempelhof werden beschlossen.
August 2004
Das Genehmigungsverfahren für den BBI wird mit dem Planfeststellungsbeschluss abgeschlossen.
August 2005
Das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig verhängt im Eilverfahren einen weitgehenden Baustopp. Bis zum Urteil sind nur Bauvorbereitungen gestattet.
März 2006
Das Gericht genehmigt in letzter Instanz den Bau des BBI unter verschärften Lärmschutzauflagen.
Juli 2008
Erster Spatenstich für das Flughafen-Terminal.
Oktober 2008
Nach 85 Jahren schließt der Flughafen Tempelhof.
Oktober 2009
Das Brandenburger Verkehrsministerium erlässt eine neue Nachtflugregelung: Keine Starts und Landungen von Mitternacht bis 5.00 Uhr, Ausnahme Post- und Regierungsmaschinen, Notfälle. In den Randzeiten davor und danach ist die Zahl begrenzt.
Juni 2010
Unter anderem wegen der Pleite einer Planungsfirma wird die Eröffnung von November 2011 auf den 3. Juni 2012 verschoben.
September 2010
Die Deutsche Flugsicherung legt einen ersten Flugrouten-Vorschlag vor. Tausende Betroffene gehen dagegen auf die Straße. Es gibt neue Klagen gegen den Planfeststellungsbeschluss.
Oktober 2011
Das Bundesverwaltungsgericht gibt grünes Licht für nächtliche Flüge in den Randzeiten. Der Airport kann ohne weitere Einschränkungen an den Start gehen.
Januar 2012
Das Bundesaufsichtsamt für Flugsicherung legt die Flugrouten fest und folgt im wesentlichen einem Vorschlag der Fluglärmkommission aus Gemeinde- und Airline-Vertretern.
Mai 2012
Vier Wochen vor dem Termin wird wegen Problemen mit der Brandschutzanlage die Eröffnung des Flughafens erneut abgesagt. Später wird Chef-Planer Manfred Körtgen entlassen.
Juni 2012
Das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg spricht den Anwohnern das Recht auf besseren Schallschutz zu.
22. Juni 2012
Der Aufsichtsrat entscheidet, den neuen Starttermin 17. März erneut zu überprüfen und am 16. August darüber zu entscheiden.
31. Juli 2012
Das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig weist die Klage von Anwohnern ab, das Genehmigungsverfahren für den neuen Hauptstadtflughafen neu aufzurollen. Jetzt steht der Eröffnung des Airports zumindest juristisch nichts mehr im Weg.
16. August 2012
Sitzung des Aufsichtsrats der Flughafengesellschaft. Der Aufsichtsrat lässt den Eröffnungstermin weiter offen. Damit sind auch die Mehrkosten und deren Finanzierung noch nicht abschließend geklärt. Fest steht, dass Bund und Länder Gelder zuschießen müssen. Beim Schallschutz für Anwohner wird nachgebessert.
14. September 2012
Der Aufsichtsrat will den Eröffnungstermin endgültig festlegen. Der bisherige dritte Termin am 17. März 2013 steht seit langem wieder zur Disposition.
In Brandenburg forderte CDU-Fraktionschef Dieter Dombrowski indirekt den Rücktritt von Ministerpräsident Platzeck. „Der Ministerpräsident hat nicht nur als Aufsichtsrat, sondern auch als Regierungschef unverantwortlich und fahrlässig gehandelt. Er wird beiden Aufgaben nicht gerecht“, sagte Dombrowski in der Fernsehsendung „rbb aktuell“.
Der Vorsitzende des Berliner Flughafen-Untersuchungsausschusses, Martin Delius (Piratenpartei), kritisierte die Informationspolitik der Flughafengesellschaft scharf. „Dass wir aus der Boulevardpresse erfahren müssen, dass der Eröffnungstermin 2013 eventuell nicht zu halten sein wird, ist eine Frechheit“, sagte Delius zu „heute.de“. Dass eine Eröffnung des Berliner Flughafens 2013 unrealistisch sei, habe sich bereits seit Wochen abgezeichnet. „Im Moment wird noch immer nicht mit 100 Prozent an der Baustelle gearbeitet.“
Der Eröffnungstermin wurde bislang dreimal um insgesamt zwei Jahre verschoben. Grund ist die komplexe Brandschutzanlage, die nicht rechtzeitig fertig wurde und bis heute nicht funktioniert. Zum komplexen Brandschutzsystem im Flughafengebäude gehören eine Entrauchungsanlage, die Brandmeldeanlage, ein Warnsystem für Notfälle, die Steuerung der Türen bei einer Evakuierung des Gebäudes sowie die Sprinkleranlage zum automatischen Löschen.
Der neue Flughafen soll die alten Airports in Tegel und Schönefeld ersetzen. Er wird nach jüngster Kalkulation mindestens 4,3 Milliarden Euro kosten, mehr als doppelt so viel wie anfangs angegeben.