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exklusiv Norbert Reithofer im Interview: "E-Autos müssen erfolgreich werden"

von Martin Seiwert, Reinhold Böhmer und Franz W. Rother

BMW hat Milliarden in die Entwicklung von Elektro-Autos gesteckt. Der BMW-Chef will deshalb alles tun, damit das Segment kein Flop wird. Unter anderem fordert er eine andere Berechnung der CO2-Emissionen.

Norbert Reithofer Quelle: Wolf Heider-Sawall für WirtschaftsWoche
Norbert Reithofer Quelle: Wolf Heider-Sawall für WirtschaftsWoche

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WirtschaftsWoche: Herr Reithofer, BMW meldet trotz Krise in Europa ständig neue Absatzrekorde. Die sind aber anscheinend teuer erkauft. Bei einigen Modellen erhalten Kunden 20 Prozent Rabatt, beim BMW 7er sogar bis zu 30 Prozent. Haben Sie das nötig?

Reithofer: Ich weiß nicht, wo Sie diese Zahlen herhaben. Aber natürlich können auch wir uns nicht völlig vom Wettbewerb und der Marktentwicklung abkoppeln, die in den einzelnen Ländern recht unterschiedlich ist. Deutschland ist mit einem Anteil der Premiumfahrzeuge von etwa 30 Prozent ein heftig umkämpfter Markt. Der Wettbewerb ist intensiv, der Kampf um Marktanteile wird härter...

...und für Sie damit die Gewährung von Rabatten unausweichlich?

Nein. Zu Premium passen dauerhaft keine hohen Rabatte. Sie sind weder für eine Marke noch für die Geschäftsentwicklung gut. Wir haben uns deshalb entschieden, dass wir in Deutschland in diesem Jahr unsere Marktanteile nicht um jeden Preis verteidigen und Gewinn vor Absatz geht. Wir haben das Volumen hier deshalb deutlich zurückgenommen. Und da reden wir nicht nur von 5000 Autos.

Sondern?

Genauer möchte ich hier nicht werden, aber wir achten, wie gesagt, auf profitables Wachstum.

 Zum zehnten Mal hat Schwacke mit „Auto Bild“ die Wertmeister für das kommende Jahr gekürt. Dabei wurden in insgesamt elf Fahrzeugkategorien je zwei Sieger ermittelt: Bewertet wurden die Fahrzeuge nach dem geringsten prozentualen und dem geringsten absoluten Wertverlust. Dabei steht wie in den Vorjahren auch nicht der bisherige Restwertverlauf im Fokus. Stattdessen analysierten die Experten von Schwacke die künftige Entwicklung des Restwertes in den kommenden vier Jahren.

Den besten Werterhalt bei Kleinstwagen hat laut den Schwacke-Experten der VW Up. Er ist ihrer Prognose nach 2016 noch 59,1 Prozent seines Neupreises von 13.535 Euro wert. Der Verlust liegt damit bei 5.534 Euro. Auf einen Euro genau wird die Prognose sicher nicht zutreffen. Die grobe Richtung ist aber wahrscheinlich: Die Kollegen von Bähr & Fess gehen beim Up von einem Restwert von 56 Prozent aus.

Bild: ampnet

Mit weniger Verkäufen riskieren Sie aber, dass Audi in Deutschland an BMW vorbeizieht.

Für uns ist entscheidend, wie wir weltweit dastehen, und da liegen wir an der Spitze. BMW ist auch bei Kundenzufriedenheit und Markenwert führend, und auch das ist für uns als Premiumhersteller von großer Bedeutung.

Wird der Verteilungskampf noch härter?

Der Autoabsatz in Deutschland dürfte weiter schrumpfen. Wir gehen 2013 von etwa drei Millionen Neuzulassungen aus, nach 3,1 Millionen 2012. In Europa dürfte der Markt 2013 mit Glück auf dem niedrigen Niveau von 2012 stagnieren, wahrscheinlicher aber noch mal um etwa zwei Prozent nach unten gehen. Trotzdem sind wir bei BMW insgesamt vorsichtig optimistisch, weil wir gute Wachstumsraten nicht nur in China und den USA erwarten, sondern auch in den Märkten Südostasiens, Südamerikas oder in der Türkei.

Ästhetik, Dynamik, Eleganz. Mit diesen Worten beschreibt BMW das neue Concept 4er Coupé, das auf der Detroit Motor Show im Januar Premiere feiern wird. Mit eigener Persönlichkeit und eigenständigerem Design wollen die Münchner die Zahl „4“ zum Inbegriff von eben jener Ästhetik und Dynamik in dem Segment der Luxus-Coupés der Mittelklasse erheben.

Bild: Presse

Der neue VW-Golf wurde in Vergleichstests vielfach besser bewertet als der BMW 1er oder die neue Mercedes A-Klasse. Was ist an Premiummarken eigentlich besser als an guten Massenmarken? Wodurch rechtfertigt sich ein Preisaufschlag von oftmals einigen Tausend Euro?

Wer sich für ein Premiumfahrzeug entscheidet, kauft damit etwas Besonderes, Begehrliches...

...sagen Sie jetzt aber bitte nicht, Freude am Fahren.

Warum nicht? Unsere Fahrzeuge sind in puncto Dynamik und Sportlichkeit führend, und das ist ein wichtiger Kaufgrund. Unsere Marken lösen zudem Emotionen aus und sind begehrlich. BMW ist Studien zufolge die wertvollste Automobilmarke der Welt. Das ist auch ein Unterschied zu Massenmarken, die dieses Niveau nicht erreichen. Und mit über elf Millionen Fans ist BMW auch die erfolgreichste Automobilmarke auf Facebook.

Die Idee

Die Geschichte des Z1 ist mit einem Umdenken bei BMW untrennbar verbunden. Die Münchener wollten Innovationen, sie wollten neue Technologien und Werkstoffe verwenden und gründeten dafür die BMW Technik AG.
Keine fünf Autominuten von der Konzernzentrale entfernt entstand zum Jahresanfang 1985 ein konzentriertes Hochtechnologieunternehmen. Das 60 Mann starke Team lieferte bereits nach einem halben Jahr das, was man von ihm erhofft hatte: Konkrete Konzepte die dem Automobilbau neue Impulse geben konnten, vereint in einem Pilotprojekt für die Anwendung neuer Werkstoffe, für andersartige Fahrzeugstrukturen und für die Verkürzung der Entwicklungszeiten. Ein Name für das neue Auto war schnell gefunden: Z1.

Bild: PR

Doch am Fahrzeug selbst verschwimmen die Grenzen zwischen Masse und Premium immer mehr.

Das sehe ich anders. Bei der Produktsubstanz gibt es weiterhin Unterschiede, das gilt auch für das Design. Ob ein Auto gekauft wird, entscheidet sich zu zwei Dritteln am Aussehen des Fahrzeugs.

Aber der neue Golf ist auch nicht hässlich. Wir fragen uns, was bekommt der Kunde beim 1er-BMW zusätzlich?

Bei uns sind beispielsweise nahezu alle Motoren optional mit dem Acht-Gang-Automatikgetriebe erhältlich, was in dieser Klasse einmalig ist. Ein intuitives Bediensystem wie BMW iDrive finden Sie in dem von Ihnen genannten Fahrzeug ebenfalls nicht. Der BMW 1er setzt zudem beim Verbrauch Maßstäbe, und es gibt eine Palette von Ausstattungsvarianten, die ihresgleichen suchen. Das ist wichtig, denn Premium hat auch viel mit Individualität zu tun. Und in der Kategorie Sportlichkeit ist der BMW 1er ohnehin spitze. Das ist und bleibt der Kern der Marke BMW.

Zu dem modifizierten Design an BMWs kompaktem Geländegänger gehören unter anderem eine neu strukturierte Frontschürze, neue Scheinwerfer, integrierte Blinker in den Außenspiegeln, weniger Kunststoffeinfassungen und mehr lackierte Flächen

Bild: Pressefoto

Mit Verlaub, was hat das mit Premium zu tun, wenn die Heckklappen des 1er-BMW nicht mehr wie früher mit Klarlack überzogen und Scharniere nicht mehr abgedeckt sind oder hier und da ein Dichtungsgummi fehlt?

Die Qualität ist für uns sehr wichtig, das gilt für alle unsere Marken. Entscheidend ist, wo der Kunde einen echten und fühlbaren Nutzen hat und wo nicht. Wir haben beim BMW 1er zum Beispiel großen Wert auf die Wertigkeit des Interieurs, die Variabilität, den Bedienkomfort und die Vernetzung gelegt. Und selbstverständlich sind an allen relevanten Stellen Dichtungsgummis verbaut, an der Heckklappe wurden an der Innenseite statt Klarlack Blenden verwendet. Scharnierabdeckungen bringen dem Kunden keinerlei funktionalen Mehrwert.

Trotzdem haben wir den Eindruck, BMW geht immer mehr in Richtung Masse. Weshalb geben Sie beim 1er denn den Heckantrieb auf, den nur BMW hat und für den Sie immer geworben haben?

Ja, der Heckantrieb ist ein Alleinstellungsmerkmal, auf das wir großen Wert legen. Ab dem BMW 3er werden unsere Fahrzeuge deshalb auch in Zukunft über Heckantrieb verfügen. Das ist auch beim aktuellen BMW 1er der Fall, und das bringt deutliche Vorteile bei der Dynamik. Aber man muss manche Dinge auch mal ändern dürfen. Um im Kleinwagen- und Kompaktsegment in Zukunft profitabel wachsen zu können, entwickeln wir eine gemeinsame Architektur für Front- und Allradantrieb. Mit dem Mini haben wir schon viel Erfahrung mit dem Vorderradantrieb gesammelt, und auch ein zukünftiger BMW 1er mit Vorderradantrieb wird in seiner Klasse Maßstäbe beim Thema Sportlichkeit setzen.

Seinen Concept Action Tourer zeigt BMW auf dem Pariser Autosalon (29.09. bis 14.10.2012). Das Konzeptauto gewährt einen Ausblick auf den kommenden Kompakt-Van und die geplante Frontantriebsreihe. Als Plug-in-Hybrid demonstriert es ferner künftige Antriebsvariante in Fahrzeugen der Kompaktklasse.

Der BMW Concept Active Tourer nimmt die Maße des für nächstes Jahr erwarteten BMW-Van vorweg: 4,35 Meter lang, 1,83 Meter breit und 1,56 Meter hoch bei einem Radstand von 2,68 Meter ...

Bild: dpa

Und was hat ein BMW-Van mit dynamischem Fahren zu tun?

Keine Sorge, auch dieses Fahrzeug wird BMW-typische Gene haben. Auch mit einem Fahrzeug wie dem BMW Active Tourer – den wir nicht als Van bezeichnen – werden wir neue Kundengruppen gewinnen, die bislang noch keinen BMW gefahren haben.

Welche Kunden sollen das sein?

Sie verdienen gut, haben vielleicht drei Kinder und wollen hinten ins Auto Fahrräder reinstellen. Mich fragen immer wieder Kunden nach Fahrzeugen dieser Art, die noch mehr Platz und Funktionalität bieten.

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Mit dem i8 Concept Spyder stellt BMW auf der Autoausstellung in Peking im April ein drittes Fahrzeug seiner auf Elektroautos spezialisierten Submarke BMW i vor - dieses Mal ohne Dach.

Bild: BMW

Und, werden Sie das Auto noch größer machen?

Es gibt zumindest Überlegungen in diese Richtung. Wir haben aber auch noch ein anderes, noch nicht ausgeschöpftes Kundenpotenzial für BMW, das wir mit unseren Elektrofahrzeugen i3 und i8 ansprechen werden. Diese Kunden sind stark umweltorientiert und werden nun überlegen, ob der Zweitwagen zukünftig nicht besser ein i3 sein sollte, mit dem sie bereits die Technik von morgen fahren und den sie nachts mit regenerativem Strom für ein paar Euro aufladen können.

Geht es bei den Elektroautos nur darum, die Lohas, also Menschen, die großen Wert auf Gesundheit und Nachhaltigkeit legen, zu erreichen? Oder brauchen Sie die Fahrzeuge, um die durchschnittliche CO2-Emission Ihrer Autos zu senken?

Beides. Der Bau von Elektroautos ist keine Option, sondern ein klares Muss. Wir konnten unsere durchschnittliche Emission mithilfe effizienterer Motoren und innovativer Spritspartechniken von 210 Gramm auf 144,7 Gramm pro Kilometer in Deutschland senken. Vielleicht schaffen wir mit konventionellen Technologien auch noch 120 Gramm. Aber dann ist Schluss, dann ist technisch alles ausgereizt. Um bis 2020 auf die für BMW vorgeschriebenen 101 Gramm in der EU zu kommen, brauchen wir Elektroautos, die so angerechnet werden, dass die Industrie einen möglichst starken Anreiz hat, sie früh auf den Markt zu bringen. Und es muss auch der Beitrag honoriert werden, den sie jenseits der direkt gesparten Emissionen auf der Straße für ein nachhaltiges Energiesystem leisten – etwa als Speicher für erneuerbare Energien. Ähnliche Vorgaben gibt es auch in anderen Ländern und Kontinenten. Das schaffen wir nur mit Elektroautos.

Opel Cascada

Opel will mehr Eleganz und Glamour in die Mittelklasse bringen und mit dem Cascada dem Audi A5, dem Mercedes E-Klasse Cabrio und dem BMW 3er Konkurrenz machen. Der 4,70 Meter lange und 1,84 Meter breite Freiluft-Flitzer - die selben Maße hat das E-Klasse Cabrio - ist auf der Astra-Plattform konzipiert. Der Viersitzer ist mit einem klassischen Stoffverdeck ausgerüstet. Binnen 17 Sekunden wird der 1,4-Liter-Turbo-Benziner mit wahlweise 120 oder 140 PS zum Oben-Ohne-Modell. Per Knopfdruck oder serienmäßiger Fernbedienung verschwindet das Verdeck bei bis zu einem Tempo von 50 km/h im Kofferraum. Der fasst ohne Verdeck 350 Liter, mit sind es nur noch 280 Liter. Opel will den Open-Air-Schlitten zu einem "sehr attraktiven Preis" anbieten, Details wurden noch nicht bekannt.

Wie sehr belasten solche Vorgaben Ihr Investitionsbudget?

Wir haben zusätzlich hohe Aufwendungen für Forschung und Entwicklung, und es wird auch in den kommenden Jahren zu deutlichen Belastungen kommen. Es geht darum, das Unternehmen fit für die Zukunft zu machen. Wir gehen zudem davon aus, dass es in den kommenden Jahren in immer mehr Ländern protektionistische Tendenzen geben wird, die uns zu schaffen machen. Dies führt auch dazu, dass wir in den Schwellenländern verstärkt über lokale Produktion wachsen.

Die Entwicklung der Elektroautos der neuen i-Reihe kostet BMW angeblich zwei Milliarden Euro. Was, wenn die Autos floppen?

Zu den Kosten für BMW i haben wir uns bislang nicht geäußert. Wir gehen davon aus, dass diese innovativen Fahrzeuge erfolgreich sein werden. Wir haben seit 2009 Hunderte E-Fahrzeuge zu Testzwecken an Kunden gegeben, die inzwischen mehr als 16 Millionen Kilometer gefahren sind. Da haben wir lange vor unserem ersten Serienauto gelernt, was Kunden von Elektrofahrzeugen erwarten und wie diese Technologie genau funktioniert. Der Testwagen BMW Active-E, der von Kunden in verschiedenen Ländern getestet wird, hat fast schon den Antriebsstrang des i3. 2013 bringen wir mit dem i3 unser erstes Serien-Elektrofahrzeug auf den Markt, 2014 mit dem i8 einen Sportwagen mit einem Plug-in-Hybridantrieb.

Sieger: Alter 2 bis 3 Jahre

Platz 3: Audi Q5

Mängelquote: 2,8
Durchschnittliche Laufleistung: 61.000 km

Bild: obs

Ist der Markt reif für solche Autos?

Neue Technologien starten immer erst dann durch, wenn es für die Kunden überzeugende Angebote gibt, wie das beim i3 und i8 der Fall ist. Die Aufwendungen für diese Fahrzeuge haben wir übrigens bereits verdaut.

Ab wann verdienen Sie mit E-Autos Geld?

Wir werden ab dem ersten verkauften Auto Geld verdienen.

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Die Motoren werden immer sparsamer: Im vergangenen Jahr konnten die 20 größten Autobauer der Welt den Verbrauch ihrer Autos durch neue Antriebstechnologien um 17,3 Prozent senken. Auch für das laufende Jahr wird mit einer Verbrauchsreduzierung um 17 Prozent gerechnet. In den Vorjahren erreichten die großen Automobilhersteller durch verbesserte Technologien Senkungen von 15,5 Prozent (2010) und 12,4 Prozent (2009). Die Autobauer, die die innovativsten Antriebstechnologien verwenden, sind....

Bild: dpa

Auch die Verwendung von Karbon bei den Elektroautos ist eine Herausforderung. Haben Sie den Einsatz des unberechenbaren und teuren Materials schon bereut?

Nein, überhaupt nicht. Wir haben diesen innovativen Werkstoff im Griff und liegen voll im Zeitplan.

Angeblich haben Sie vor, die Kosten des Karbons von gegenwärtig 80 Euro pro Kilogramm auf 15 Euro zu drücken. Wie weit sind Sie damit?

Sie können davon ausgehen, dass der Einsatz von Karbon durchaus wirtschaftlich ist und sich rechnet. Außerdem darf man die Kosten eines neuen Werkstoffs nicht nur aus der Gegenwartsperspektive betrachten.

Die Schmutzfinken unter den saubersten Autos

Den letzten Platz bei den umweltfreundlichsten Autos teilen sich gleich sechs Modelle: Der Citroën DS3 e-HDi 70 Airdream EGS, der Lexus CT 200h, der Peugeot 208 e-HDi FAP 68 EGS, der VW Polo 1,2 TDI, der Citroen C3 und der Ford Fiesta haben jeweils eine CO2 Belastung von 7,75 Punkten.

Das heißt, dass alle sechs Modelle 87 Gramm Kohlendioxid pro Kilometer ausstoßen. Der Wert liegt allerdings noch deutlich unter dem von der EU vorgegebenen Grenzwert von 95 Gramm.

Bild: AP

Wie viele E-Autos muss BMW 2020 verkaufen, um über die ganze Flotte hinweg den geforderten CO2-Grenzwert in der EU zu erreichen?

Eine fünfstellige Zahl pro Jahr. Oder wir können in Europa nur noch kleine Autos verkaufen.

Wieso sollte jemand für einen elektrischen Kleinwagen 40.000 Euro ausgeben?

Um den genauen Preis für das Fahrzeug zu nennen, ist es noch zu früh. Der BMW i3 wird ein Premiumfahrzeug mit einem entsprechenden Preis, der aber wettbewerbsfähig sein wird. Mit einem Gerücht kann ich im Übrigen aufräumen: dass für einen Kleinwagen keine Preise in der von Ihnen genannten Größenordnung gezahlt werden. Ein gut ausgestatteter Mini Cooper S ist davon nicht weit entfernt und findet auch seine Kunden. Natürlich wird es für alle Hersteller eine Herausforderung sein, die Kunden von der neuen Technik zu überzeugen. Nach dem anfänglichen Hype um die Technik folgt nun eine überzogene Ernüchterung. Das ist wohl immer so nach Hypes. Nun folgt die Phase, in der ein tatsächlicher Markt entsteht.

Wir hören, Ihre Vertriebsorganisation gehe davon aus, dass BMW von 2014 an nicht mehr als 2000 E-Autos pro Jahr in Deutschland verkaufen wird.

Solche Spekulationen kommentiere ich nicht. Nur so viel: Das Feedback, das wir in Deutschland für BMW-i-Fahrzeuge bekommen, ist sehr positiv. Der BMW i3 ist ein Fahrzeug, das für die großen Metropolen in aller Welt konzipiert ist.

Sind Sie mit dem Stromer i3 im Zeitplan?

Ja, der kommt Ende 2013 auf den Markt.

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Volkswagen Golf I

1975 hat alles angefangen. Mit dem Golf I sollte sich ein Modell am Markt etablieren, mit dem Volkswagen eine beispiellose Erfolgsgeschichte schreiben konnte.

Bild: dpa

Fordern Sie staatliche Subventionen für Elektroautos?

Für Fahrzeugflotten von Unternehmen wäre es sehr wichtig, wenn die drohende Benachteiligung ihrer Nutzer steuerlich ausgeglichen wird. Dies steht nun zur parlamentarischen Entscheidung an. Insgesamt halten wir steuerliche Anreize aber nur für die Anfangsphase des Elektroautos für notwendig, danach nicht mehr. Wir können als marktwirtschaftlich denkendes Unternehmen nicht erwarten, dass der Staat so ein Projekt über zehn Jahre fördert.

Keine staatliche Kaufprämie für E-Fahrzeuge?

Nein.

Die EU will bei der Berechnung des Flottenverbrauchs nur eine kleine Zahl von Elektroautos mit null Gramm CO2-Emissionen berücksichtigen. Das würde Hersteller größerer Fahrzeuge wie BMW hart treffen, weil hohe Strafzahlungen drohen.

Wir wollen die Grenzwerte für 2020 erreichen, eine Strafzahlung ist für uns als Premiumhersteller keine Option. Die EU-Kommission betont, dass sie der Elektromobilität zum Durchbruch verhelfen will, um die Umwelt zu schonen, ohne dafür die entsprechenden Voraussetzungen zu schaffen. Die Vorschläge setzen bei Weitem keine ausreichenden Anreize für die Einführung alternativer Antriebe.

Für viele ein unerreichbarer Traum, in der Liste der teuersten Autos aus deutscher Produktion reicht es für den BMW 760 Li aber nur zu Rang 17. Für die 544 PS starke Langversion der größten BMW-Limousine muss der Kunde mindestens 147.200 Euro zahlen. Ohne Extras, versteht sich.

Bild: BMW

Die EU will darüber hinaus die E-Autos bei der Berechnung des Flottenverbrauchs nicht besonders stark gewichten. Ein stromgetriebenes Fahrzeug soll im Vergleich zu einem Benziner oder Diesel nur 1,3-mal so stark berücksichtigt werden.

Das ist wie gesagt viel zu wenig. In den USA werden Elektroautos bei dieser Berechnung langfristig mit dem Faktor 2,0 berücksichtigt. Ich halte den Faktor 2,5 in der EU für das Minimum.

Viele BMW-Mitarbeiter klagen mittlerweile, es werde zu viel gespart im Konzern, um genügend Mittel für das Elektroauto-Projekt zu haben. Sie sagen, BMW habe keine Sparprogramme wie Daimler, sondern fahre ein Dauersparprogramm.

Kostenmanagement und Kostendisziplin sind bei uns ein ständiger Prozess. Wir überprüfen permanent die Strukturen, um die Effizienz verbessern. Damit schaffen wir die entsprechenden Freiräume, in Zukunftsthemen zu investieren.

Das Maß aller Dinge im automobilen Oberhaus ist seit Jahrzehnten die S-Klasse von Mercedes. Vor allem im Hinblick auf die nächste Wachablösung bei den Schwaben im kommenden Jahr hat BMW die 7er-Reihe mit einem umfangreichen Facelift aufgehübscht.

Bild: Pressefoto

BMW ist permanent im Krisenmodus?

Nein, auch wenn wir immer die Kosten im Blick haben. Wir sparen aber ganz sicher nicht an unserer Zukunft. Deshalb haben sich die Aufwendungen für Forschung und Entwicklung bei uns in den ersten neun Monaten 2012 um rund 15 Prozent erhöht. Unsere Ausgaben für Forschung und Entwicklung betragen 5,3 Prozent vom Umsatz. Trotz der höheren Forschungs- und Entwicklungsaufwendungen und Investitionen bleiben wir aber auch zukünftig in unserem Zielkorridor.

Manche fürchten, Ihr Sparkurs könnte auf die Qualität gehen. Im ersten Halbjahr 2012 mussten Sie in den USA drei Mal mehr Autos zurückrufen, als BMW dort verkaufte.

Diese Sorge ist unbegründet. In Ihrem Fall ging es um Fahrzeuge der alten 5er-Reihe über den gesamten Lebenszyklus, die wir vorsorglich zurückgerufen haben. Insofern ist diese Zahl gut zu erklären.

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Lifestyle-Kombis leben davon, dass sie gute Form mit ansprechender Leistung und hohem Nutzwert verbinden. So gesehen legt BMW mit einem Stauvolumen-Bestwert die Latte für die Konkurrenz mit dem neuen 3er-Kombi sehr hoch ...

Bild: Pressefoto

Trotzdem landen aktuelle BMW- und Mini-Modelle in den Zuverlässigkeitsrankings der US-Marktforschung J.D. Power unter den Premiumherstellern auf den letzten Plätzen.

Das ist falsch. In der jüngsten Studie liegen wir vor Audi und gleichauf mit Mercedes. Auch laut einer Umfrage des ADAC hat BMW die zufriedensten Kunden, bei den einzelnen Modellen liegt der BMW X3 an der Spitze. In der jüngst veröffentlichten Studie „Wertmeister 2013“ belegen BMW und Mini ebenfalls Spitzenplätze. Der hohe Werterhalt ist auch ein Indiz für die Qualität unserer Produkte. Davon ungeachtet versuchen wir hier immer noch besser zu werden, das Thema nimmt bei uns einen hohen Stellenwert ein. Und es gibt kaum eine Vorstandssitzung, in der ich nicht sehr deutlich darauf hinweise.

Gibt es 2020 den Euro noch?

Ja, davon gehe ich aus.

Ford

Als erster Autobauer zieht angesichts der Absatzkrise in Westeuropa die Notbremse und macht drei Werke mit Tausenden Beschäftigten dicht. Noch vor der Fabrik im belgischen Genk mit 4300 Mitarbeitern sollen im nächsten Jahr die beiden Standorte Southampton und Dagenham in Großbritannien mit 1400 Beschäftigten geschlossen werden.

Abgesehen von Russland werde die Produktionskapazität in Europa um 355.000 Fahrzeuge verringert, eine Kürzung um fast ein Fünftel. Der wegen der weggebrochenen Verkaufszahlen für dieses Jahr erwartete Verlust werde über 1,5 Milliarden Dollar liegen, räumte Ford ein. Bisher war der Autobauer von lediglich über einer Milliarde ausgegangen.

In Saarlouis hat Ford seine Produktion bereits gedrosselt: Sie soll von täglich 1.670 Fahrzeugen ab November 2012 auf 1.530 pro Tag sinken. Außerdem entlässt das Unternehmen Leiharbeiter. Schon im Sommer hatte Ford mehrere tausend Mitarbeiter seines Kölner Werks (Foto) in Kurzarbeit geschickt.

Bild: dpa/dpaweb

Haben Sie intern dennoch schon einmal durchgespielt, was BMW nach einem Euro-Kollaps machen müsste?

Wir prüfen natürlich verschiedene Szenarien, gehen aber nicht von einem Scheitern des Euro aus. 60 Prozent der Güter der deutschen Wirtschaft gehen in Länder der Euro-Zone. Alles, was wir beim Export in Länder mit anderen Währungen tun müssen, etwa teure Absicherungen gegen Währungsschwankungen oder Fabriken vor Ort, brauchen wir in Europa nicht. Ich habe deshalb nicht den leisesten Zweifel, dass die deutsche Wirtschaft vom Euro enorm profitiert.

Aber es wäre doch nicht tragisch für BMW, wenn Griechenland die Euro-Zone verlassen müsste?

Wenn Griechenland austritt, stürmen die Kunden auch in Portugal, Spanien und Italien die Banken, und dann haben wir wahrscheinlich keinen Euro mehr. Die Folgen möchte ich mir gar nicht vorstellen. Dann bricht der Automarkt über Jahre vermutlich um mindestens 30 Prozent ein, was für viele Hersteller das Aus bedeuten würde. Die Folgen gehen aber über das rein Wirtschaftliche hinaus.

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Inwiefern?

Wenn es so kommt, ist die soziale und politische Stabilität in ganz Europa in Gefahr. Schon heute ist jeder zweite Jugendliche in Spanien arbeitslos. In Italien ist die Lage ähnlich. Ich habe viele Bücher gelesen über die Zeit der Weimarer Republik und 1929. Ich möchte nicht, dass Zustände eintreten, die nicht mehr kalkulierbar sind. Davon bliebe auch die Wirtschaft in Asien und den USA nicht unberührt. Wenn ich abwäge, was für uns besser ist, dann ist das Ergebnis ganz eindeutig: eine Rettung des Euro und auch ein Verbleib Griechenlands in der Euro-Zone.

Sie sind 57 Jahre alt. Nach den BMW-Regeln müssen Sie mit 60 aufhören. In drei Jahren ist also Feierabend?

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Ja, nach den genannten Regeln ist das so. In den kommenden Jahren geht es darum, das Unternehmen auf die Herausforderungen der Zukunft vorzubereiten und damit in eine erfolgreiche Zukunft zu führen. Dafür werde ich mich mit aller Kraft einsetzen.

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8 KommentareAlle Kommentare lesen
  • 07.01.2013, 19:11 Uhrln-von-e

    Milliarden für die Entwicklung von E-Autos? Was haben die denn da bei BMW gemacht?
    Das E-Auto ist eine Frage der Batterie und sonst nichts. So lange da nichts ist, was mindestens 2000 mal 100 KWh innerhalb von 15 Minuten auflädt, max. 400 kg wiegt und nicht größer ist als 0,2 Kubikmeter kann man das Elektroauto vergessen und da gibt es gerade mal gar nichts zu entwickeln.

  • 07.01.2013, 07:37 UhrBen-Wa

    Fahre einen 740D. Bei 43000 ein kapitaler Motorschaden.

    Ein Elektroauto wie der i3, der in Praxis wohl gerade mal eine Reichweite von kaum 100 km haben wird, wird floppen. Aber auch hier soll der Steuerzahler wieder geradestehen für Subventionen. WIDERWÄRTIG!

    Was Reithofer zum Euro sagt nehm ich zur Kenntnis. Schon deshalb werde ich keinen BMW mehr kaufen. Eine Firma wie BMW, die sich den Euro mit Billionen des deutschen Steuerzahlers subventionieren läßt ohne Gewissensbisse finde ich nur WIDERWÄRTIG!

  • 05.01.2013, 21:35 Uhrkunde

    Er hat's noch nicht verstanden. die besten jahre für die automobilhersteller sind vorbei. niemals wieder wird die vergangene
    blütezeit" wieder erreicht.
    es werden einige hersteller in nächster zeit vom markt verschwinden
    und es ist nicht schade drum.

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