WiWo App 1 Monat für nur 0,99 €
Anzeigen
Berlin intern

Röslers Zeit als FDP-Chef läuft ab

Seite 2/2

Der Niedergang der FDP
Machtwechsel in der FDP?Viele Parteimitglieder geben ihm die Schuld: Dem Parteivorsitzenden Philipp Rösler. Seit Wochen schon wird darüber diskutiert, ob Rösler nach einem niedersächsischen Wahldebakel zurücktritt. Noch am Freitag vor der Wahl bezweifelte dies FDP-Bundestagsfraktionsvorsitzender Rainer Brüderle. Allerdings fordert er, dass der kommende Parteitag vorgezogen wird – an dem auch die Wahl zum Parteivorsitzendem ansteht. Bisher ist der Parteitag für Mai 2013 geplant. Rainer Brüderle werden gute Chancen zugerechnet Rösler abzulösen. Quelle: dpa
Rösler: Vom Hoffnungsträger zum BuhmannRösler kommt nach den Wahlniederlagen im Frühjahr 2011 zum Zug: Rheinland-Pfalz, Sachsen-Anhalt und Baden-Württemberg: Die FDP kassiert gleich drei krachende Wahlniederlagen. In Mainz fliegen die Liberalen nicht nur aus der Regierung, sondern auch aus dem Landtag. Sie bekommen nur noch 4,2 Prozent der Stimmen, 3,8 Prozent weniger als fünf Jahre zuvor. Auch in Sachsen-Anhalt ist für die FDP kein Platz im Parlament, die Partei scheiterte mit 3,8 Prozent klar an der Fünf-Prozent-Hürde. In Baden-Württemberg fällt die FDP von 10,7 auf 5,3 Prozent. Grün-Rot übernimmt die Macht. Damaliger Buhmann ist Röslers Vorgänger Guido Westerwelle, der von seinem Amt zurücktritt. Quelle: dpa
Bundeswirtschaftsminister Philipp Rösler wird am 13. Mai in Rostock mit 95,1 Prozent der Stimmen zum neuen FDP-Vorsitzenden gewählt. „Ab heute wird die FDP liefern“, kündigt er in seiner Antrittsrede an. Quelle: dapd
Trotz Führungswechsels verharren die Liberalen im Umfragetief. Die FDP startet einen Verzweiflungsversuch, um die Wahlen in Mecklenburg-Vorpommern zu ihren Gunsten zu entscheiden: Sie macht auf Wahlplakaten Stimmung gegen die Einführung von Eurobonds. Der Erfolg bleibt aus, die FDP verliert 6,8 Prozent und fliegt aus dem Landtag. Quelle: dpa
In Berlin folgt das nächste Fiasko. Die FDP holt gerade einmal 1,8 Prozent der Stimmen zum Berliner Abgeordnetenhaus und liegt damit hinter der NPD und nur knapp vor der Tierschutzpartei. Quelle: dapd
Rösler beteuert anschließend, dass die FDP ihren europäischen Kurs nicht verlassen wolle und beharrt darauf, dass eine „geordnete Insolvenz“ Griechenlands eine Option bleiben müsse. Gehört wird der Parteivorsitzende nicht, die Euro-Rettung wird von Bundeskanzlerin Angela Merkel in Brüssel gestaltet. Die FDP trägt ihre Rettungspläne mit, die Basis murrt. Eine Gruppe um den FDP-Abgeordneten Frank Schäffler sammelt mehr als 3500 Unterschriften von Parteimitgliedern und erzwingt damit einen Mitgliederentscheid zum Europa-Kurs der Liberalen. Die Euro-Rebellen um Schäffler wollen die FDP in dem Entscheid gegen den Willen der FDP-Führung um Rösler auf ein Nein zum geplanten Euro-Rettungsfonds ESM festlegen. Quelle: dpa
Der Entscheid stiftet Unruhe in der Partei. Die Initiatoren werfen der Parteispitze Behinderung vor. Rösler und Lindner ziehen heftige Kritik auf sich, als sie vor Ablauf des Entscheids öffentlich die Erwartung äußern, dass die nötige Mindestbeteiligung von einem Drittel der Mitglieder verfehlt werde. Quelle: dpa

Hermann Otto Solms hat das politische Schicksal gerade ereilt. Der finanzpolitische Vordenker – einige erinnern sich an seinen aufsehenerregenden Stufentarif von 15, 25, 35 Prozent bei der Einkommensteuer – wurde von den hessischen Delegierten nicht mehr als Spitzenkandidat für die kommende Bundestagswahl aufgestellt. Auch Hans-Joachim Otto, Staatssekretär im Bundeswirtschaftsministerium unter Rösler, fiel durch. In Bayern brachen die Delegierten über Daniel Volk, Finanzexperte im Bundestag, den Stab. In Baden-Württemberg erhielt Birgit Reinemund, derzeit Vorsitzende des Bundestags-Finanzausschusses, den aussichtslosen Listenplatz zehn. Stattdessen rücken Sozialpolitiker, Menschenrechtler und Umweltschützer nach vorne.

Keine Steuerstrukturreform, nicht einmal einen Abbau der kalten Progression

Die (verbliebene) FDP-Basis hadert mit ihren Finanzpolitikern. Zu groß ist die Enttäuschung über die nicht erfüllten Wahlversprechen aus dem Jahr 2009. Es gab keine Steuerstrukturreform. Nicht einmal einen bescheidenen Abbau der kalten Progression oder eine Verkürzung der Aufbewahrungsfrist für Steuerunterlagen von zehn auf acht Jahre.

Deutschland



Zum Unglück kommt noch Pech dazu. Dass Deutschland am besten durch die Euro-Krise kurvt und neue Rekordstände bei den sozialversicherungspflichtigen Jobs erreicht, schreiben die Bundesbürger vor allem Angela Merkel und der Union gut. Nicht einmal Brosamen fallen für Rösler und die FDP ab. Das schmerzt.

Die schwarz-gelbe Liebe ist erkaltet. Unruhestifter Wolfgang Kubicki wirbt offen für eine Koalition mit SPD und Grünen. Rainer Brüderle tut dies (noch) nicht. Aber der wahrscheinliche Nachfolger von Parteichef Rösler ist Pragmatiker, stets für Überraschungen zu haben und hat nur gute Erinnerungen an seine Zeit als Wirtschafts- und Weinbauminister in Rheinland-Pfalz – an der Seite von zunächst Rudolf Scharping und später Kurt Beck (beide SPD).

Inhalt
Artikel auf einer Seite lesen
© Handelsblatt GmbH – Alle Rechte vorbehalten. Nutzungsrechte erwerben?
Zur Startseite
-0%1%2%3%4%5%6%7%8%9%10%11%12%13%14%15%16%17%18%19%20%21%22%23%24%25%26%27%28%29%30%31%32%33%34%35%36%37%38%39%40%41%42%43%44%45%46%47%48%49%50%51%52%53%54%55%56%57%58%59%60%61%62%63%64%65%66%67%68%69%70%71%72%73%74%75%76%77%78%79%80%81%82%83%84%85%86%87%88%89%90%91%92%93%94%95%96%97%98%99%100%