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Der Niedergang der FDP
Rheinland-Pfalz, Sachsen-Anhalt und Baden-Württemberg: Die FDP kassiert im Frühjahr drei krachende Wahlniederlagen. In Mainz fliegen die Liberalen nicht nur aus der Regierung, sondern auch aus dem Landtag. Sie bekommen nur noch 4,2 Prozent der Stimmen, 3,8 Prozent weniger als fünf Jahre zuvor. Auch in Sachsen-Anhalt ist für die FDP kein Platz im Parlament, die Partei scheiterte mit 3,8 Prozent klar an der Fünf-Prozent-Hürde. In Baden-Württemberg fällt die FDP von 10,7 auf 5,3 Prozent. Grün-Rot übernimmt die Macht. Das Ende von…
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… Guido Westerwelle als Parteichef ist damit besiegelt. Christian Lindner und Daniel Bahr besuchen den Außenminister am 3. April in seiner Berliner Dachgeschosswohnung. Sie geben ihm zu verstehen, dass es mit ihm nicht mehr geht. Westerwelle willigt ein und tritt von seinem Amt zurück, bleibt aber Außenminister.
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In Libyen lässt Diktator Muammar al-Gaddafi sein eigenes Volk bombardieren. Die Welt will das Morden beenden, der UN-Sicherheitsrat stimmt über ein Eingreifen des Westens ab. Franzosen, Briten, Engländer, die USA und Südafrika, Libanesen und Nigerianer stimmen zu. Deutschland enthält sich, gemeinsam mit Russland und China. Außenminister Westerwelle manövriert die Bundesrepublik ins Abseits.
Nach dem Sturz des Diktators behauptet Westerwelle allen Ernstes, deutsche Sanktionen hätten das Land befreit.
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Bundeswirtschaftsminister Philipp Rösler wird am 13. Mai in Rostock mit 95,1 Prozent der Stimmen zum neuen FDP-Vorsitzenden gewählt. „Ab heute wird die FDP liefern“, kündigt er in seiner Antrittsrede an.
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Trotz Führungswechsels verharren die Liberalen im Umfragetief. Die FDP startet einen Verzweiflungsversuch, um die Wahlen in Mecklenburg-Vorpommern zu ihren Gunsten zu entscheiden: Sie macht auf Wahlplakaten Stimmung gegen die Einführung von Eurobonds. Der Erfolg bleibt aus, die FDP verliert 6,8 Prozent und fliegt aus dem Landtag.
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In Berlin folgt das nächste Fiasko. Die FDP holt gerade einmal 1,8 Prozent der Stimmen zum Berliner Abgeordnetenhaus und liegt damit hinter der NPD und nur knapp vor der Tierschutzpartei.
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Rösler beteuert anschließend, dass die FDP ihren europäischen Kurs nicht verlassen wolle und beharrt darauf, dass eine „geordnete Insolvenz“ Griechenlands eine Option bleiben müsse. Gehört wird der Parteivorsitzende nicht, die Euro-Rettung wird von Bundeskanzlerin Angela Merkel in Brüssel gestaltet. Die FDP trägt ihre Rettungspläne mit, die Basis murrt.
Eine Gruppe um den FDP-Abgeordneten Frank Schäffler sammelt mehr als 3500 Unterschriften von Parteimitgliedern und erzwingt damit einen Mitgliederentscheid zum Europa-Kurs der Liberalen. Die Euro-Rebellen um Schäffler wollen die FDP in dem Entscheid gegen den Willen der FDP-Führung um Rösler auf ein Nein zum geplanten Euro-Rettungsfonds ESM festlegen.
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Der Entscheid stiftet Unruhe in der Partei. Die Initiatoren werfen der Parteispitze Behinderung vor. Rösler und Lindner ziehen heftige Kritik auf sich, als sie vor Ablauf des Entscheids öffentlich die Erwartung äußern, dass die nötige Mindestbeteiligung von einem Drittel der Mitglieder verfehlt werde.
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Fehlende Loyalität von den Parteigrößen Rösler, Brüderle und Westerwelle sowie der Ärger um den Mitgliederentscheid zum Euro-Kurs: FDP-Generalsekretär Christian Lindner tritt zurück. Auch Philipp Rösler gerät zunehmend in die Kritik.
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Patrick Döring folgt auf Lindner, doch auch zu Beginn des Jahres 2012 stolpert die FDP von einer Verlegenheit in die andere - auch weil der von FDP und CDU/CSU gewählte Bundespräsident Christian Wulff im Zuge seiner Kredit-Affäre dem Ansehen des Amtes schadet. Philipp Rösler holt zum Paukenschlag aus: Er prescht...
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„Herr Rösler ist ein ungemein angenehmer, charmanter, intelligenter Mann. Er bringt aber einfach in der Öffentlichkeit nicht das Gewicht auf die Waage, das man von einem Spitzenpolitiker erwartet“, sagte Parteienforscher Jürgen Falter vor dem FDP-Dreikönigstreffen in einem Gespräch mit der Deutschen Presse-Agentur. „Er wirkt tatsächlich ja noch viel jünger als er ist, er wirkt wie ein Anfang 20-Jähriger. Den nehmen zu wenige Leute ernst.“
Die heftigen Attacken auf Rösler (39) kurz vor der Landtagswahl in Niedersachsen zeigten, dass die Partei sich angesichts schlechter Umfragewerte auf dem Weg „von der latenten Panik in die akute Panik“ befinde. Fliege die Partei in Hannover am 20. Januar aus dem Landtag, könne sich Rösler wohl nicht mehr halten. „Für die FDP schlimmer wird es, wenn die FDP in Niedersachsen 5,1 Prozent kriegt und Rösler sich weigert, den Hut zu nehmen.“
Eine Tandemlösung von Wirtschaftsminister Rösler mit Fraktionschef Rainer Brüderle für den Bundestagswahlkampf sei wenig überzeugend. „Das wäre ein Tandem, das sich nicht ganz einig wäre, in welche Richtung gelenkt werden soll und in welchem Rhythmus zu treten ist“, meinte Falter, der Professor an der Uni Mainz ist.
Für ihn wäre es nicht überraschend, wenn Brüderle bald das Ruder übernehmen würde: „Er ist ein sehr guter Wahlkämpfer, der Säle zum Kochen bringen kann. In dieser bedrängten Situation wäre er sicher der bessere Spitzenkandidat“, sagte Falter. Der 67-jährige Brüderle wäre aber ein Mann des Übergangs. Langfristig komme nur der nordrhein-westfälische Landeschef und Ex-Generalsekretär Christian Lindner als Erneuerer der FDP infrage.
Rösler beging nach Ansicht Falters wie sein Vorgänger Guido Westerwelle den Fehler, das Themenspektrum der FDP zu verengen. „Insofern wird den Leuten nicht richtig klar, warum sie eigentlich FDP wählen sollen.“ Mit dem Fokus auf Wachstum und Haushalt sei Rösler auf dem Wirtschaftsgebiet stehen geblieben. „Das hat kein reformerisches Element, das in die Zukunft weist.“ Die Argumentation, allein die FDP stehe im Parteienwettbewerb für solide Haushalte und Wirtschaftswachstum, gehe nicht auf: „Das glaubt doch niemand“, sagte Falter.