Dieter Brandes stand ein Jahrzehnt lang an der Seite von Theo Albrecht und galt als Vertrauter des Aldi-Gründers. Er gehörte dem dreiköpfigen Führungsgremium von Aldi Nord, dem Verwaltungsrat, zehn Jahre bis Ende 1985 an. Mit seinem Sohn Nils berät der Insider heute weltweit Handelsunternehmen. Der Nachrichtenagentur dpa beantworteten die beiden Experten schriftlich Fragen zur möglichen Zukunft von Aldi. Aktive Manager des Unternehmens geben grundsätzlich keine Interviews.
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In ihrem Buch „Aldi - welche Marke steckt dahinter“ testet Martina Schneider das Aldi Sortiment, von Süßigkeiten bis zu Hygieneartikeln. Die Produktklassiker und ihre Firmenverflechtungen:
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"Katjes-jes-jes-jes" - ebenso süß wie die unter anderem von Heidi Klum beworbenen Yoghurt Gums von Katjes sind die Joghurt Früchtchen von Sweetland. Übrigens auch genauso fettfrei. Die Verwandtschaft ist kein Zufall. Gehört doch das Label Sweetland zum Hause Katjes Fassin. Katjes setzt Schätzungen zufolge rund die Hälfte seiner Produktion über Aldi ab.
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Der traditionsreiche Bäcker Burger, der seit 2001 zum Zwieback-Riesen Brandt gehört, produziert Knäckebrot. Unter anderem auch für Aldi. Auf dem Etikett ist aber die Firma "good food" gelistet. Die hat ihren Sitz in der Niegripper Chaussee 7 in Burg. Das ist auch die Anschrift des Unternehmens Burger.
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Leibniz-Kekse sind nur echt, wenn die Ränder mit 52 Zähnen geschmückt sind und wenn Bahlsen auf der Packung steht. Aber zum Verwechseln ähnliche Plätzchen hat auch die Firma Biscotto im Angebot. Die Produkte der Aldi-Hausmarke kosten nur die Hälfte vom Preis der Leibniz-Kekse. Die Marke Biscotto wurde von Bahlsen entwickelt und angemeldet. 2007 kaufte Aldi die Rechte an dem Namen. Beide Firmen sitzen in Hannover.
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"Alles Müller - oder was?" Ohne Frage ist die Buttermilch von Müllermilch auch im Aldi-Sortiment zu finden. Die größte Privatmolkerei Deutschlands beliefert seit Jahren den Discounter. Die Großhandelsgesellschaft T.M.A. wickelt die Geschäfte ab. Milsani Reine Buttermilch und Milfina Reine Buttermilch heißen die Müller-Produkte bei Aldi Nord beziehungsweise Aldi Süd.
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"Grandessa Premium Eiskrem Vanille mit echter Bourbon-Vanille" ist nicht nur ein klangvoller Name für einen 2500 Gramm schwere Packung Eis. Dahinter verbirgt sich auch ein Spitzenprodukt, bei dessen Zubereitung beste Zutaten benutzt werden. Hinter der Firma Prima Eis, die offiziell Aldi Nord beliefert, steckt der Eiscremespezialist Roncadin. Der produziert unter anderem auch das Eis für Landliebe.
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Wer am Sonntag warme Brötchen haben möchte, kann zum Bäcker gehen oder sich bereits am Samstag bei Aldi Nord mit Aufbackbrötchen von Goldähren eindecken. Hinter Goldähren steht der Branchenriese Harry-Brot. Der beliefert neben Aldi noch 9000 Einzelhandelsgeschäfte und 5000 Backstationen.
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Seinen Mozzarella bekommt Aldi Süd von der Molkerei Zoma aus Grünzburg. Allerdings gibt es in dieser Stadt nur einen Mozzarellaproduzenten - und das ist die Marke Zott
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Wer mehr über Markenartikel, die sich in Aldi-Regalen verstecken, wissen möchte, sollte "Aldi - Welche Marke steckt dahinter" von Martina Schneider (erschienen beim Südwest Verlag) lesen. Interessant ist auch Hans-Jürgen Bertrams Broschüre "Der Discounter Marken-Guide: Die bekannten Marken hinter No-Name Artikeln" (erschienen beim Ullstein Taschenbuchverlag).
Nähern sich Discounter und Supermärkte an?
Dieter und Nils Brandes: „Was das Sortiment angeht, nähern sich beide tatsächlich an: Discounter erweitern ihre Sortimente, Aldi ergänzt um Markenartikel, Supermärkte haben ihre Eigenmarken ausgeweitet und folgen den Preisen von Aldi und Lidl. Aldi jedoch tendiert zu einem neuen Format, das es bisher nicht gab:
Wie Aldi groß wurde
Die Idee
Wer hatte eigentlich die Idee Aldi so zu gründen, wie wir es heute kennen? Es wird wohl nie endgültig zu klären sein. Aber viele Indizien deuten darauf hin, dass es eher Karl Albrecht war als sein Bruder Theo. Das soll aber nicht schmälern, welch wichtigen Beitrag auch Letzterer beitrug.
Wiege im Hinterstübchen
Der Krieg war aus. 1946 im zerbombten Essen-Schonnebeck begann die Erfolgsgeschichte zwischen Lebensmittelkartons und Krämerware. Das Brüderpaar Karl und Theo Albrecht erkannte die Chance, die die Phase der sozialen Umorientierung bot. Sie bauten den Tante-Emma-Laden der Eltern aus.
Es reicht nicht
Karl und Theo Albrecht erkannten rasch, dass der Laden der Eltern ihnen beiden keine Zukunftsaussicht bot. Sie entdeckten die betriebswirtschaftliche Zauberformel der Zeit „Nachfrage versus Bedarfsdeckung“ für sich und schafften es, sie im Sinne des Kunden zu lösen.
Das geniale Gespann
Karl und Theo Albrecht lebten die Anforderungen der damaligen Zeit in perfekter Symbiose. Sie hatten weder äußerlich viel gemeinsam noch waren sie ähnlich gepolt. Theo überragte seinen Bruder um Kopfeslänge. Doch der „Kleinere“ war Vordenker und Impulsgeber. Ungeduldig, beredt, rastlos, bisweilen explosiv war Karl. Theo wirkte dagegen eher zurückhaltend, sogar zögerlich abwägend.
Die Aufgabenteilung
Die beiden Brüder waren in ihrer uniformen Arbeitsauffassung füreinander ein Glücksfall. Von vornherein waren die Aufgaben geteilt: Karl versah den Innen-, Theo den Außendienst. Sprich: Karl kümmerte sich um die schwierige Einkaufspolitik. Es war nicht einfach, die richtige Ware preiswert und in ausreichende Menge zu erhalten. Theo betreute die Verkaufsstellen sowie die Verwaltung und Buchhaltung.
Der Aufstieg
1946 begann es mit dem kleinen Laden der Eltern. 1950 nannten die beiden Brüder eine Kette von 13 Läden inklusive Bedienungen ihr Eigen. Nun strukturierten sie ihre Läden nach dem Discountprinzip um. 1961 trennten sie ihre Geschäfte in Aldi Nord und Aldi Süd.
Die Lebensweise der Brüder
Zur moralischen Stabilität ihrer Konzerne trug maßgeblich die persönliche Lebensweise der Brüder bei. Beide waren im Auftreten zurückhaltend und lebten bescheiden. Sie waren nach alter Schule nach den Prinzipien Sparsamkeit und Kargheit erzogen.
Der einzige Luxus
Als einzigen „Luxus“ erlaubten sie sich ein eigenes Auto. Auf sein Golfschloss in Donaueschingen schickte Karl Albrecht seine Führungskräfte zum Entspannen. Die Brüder kannten keine Scheu vor ihrer kleinbürgerlichen Herkunft. Die Adresse Huestraße 89 in Essen-Schonnebeck wollten sie nie abstreifen. Sie waren stets praktizierende Katholiken und wollten in der Öffentlichkeit so wenig wie möglich wahrgenommen werden.
In dubio pro Theo
Theo Albrecht hatte eine Marotte: Er wollte jede Filiale sehen, bevor die zentrale Schreinerei an die Fertigung der Regale und Einrichtungsteile ging. Dabei kümmerte den Hobbyarchitekten die Delegation von Aufgaben zur eigenverantwortlichen Erledigung nur bedingt. Es galt: In dubio pro Theo.
Strategische Grundsatzentscheidung
Es gab durchaus Spannungen zwischen dem quirligen Theo und dem abwägenden Karl Albrecht. Besonders deutlich wurde das beim ersten Schritt über die Grenzen Deutschlands. 1971 expandierte Aldi nach Österreich. Karl war es, der die Familie als erster international aufstellte. Heute firmiert Aldi Nord in Österreich übrigens unter dem Namen „Hofer“.
Die Aldi-Burka
Verschwiegenheit war stets Trumpf im Hause Albrecht. Aldi lässt sich partout nicht in die Karten schauen. Die totale Verschleierung aller Kulissen ist institutionalisiert. So wenig undichte Stellen wie möglich, lautet die Devise.
Selbstverordnete Kasteiung
Die Brüder gaben sich Maßregeln, die zu unverrückbaren internen Prinzipien wurden: Keine Presse- und Öffentlichkeitsarbeit. Keine Firmensprecher. Keine Interviews im Radio oder Fernsehen. Keinerlei mondäner Lifestyle. Keine Lobbyarbeit. Keine Firmenjubiläen. Lückenlose Rückgabe von Werbegeschenken.
Zurückhaltung aus gutem Grund
Die Zurückhaltung hatte einen guten Grund: Abgucker und Schmarotzer sollte keine Gelegenheit zur Einsicht in Interna haben. Die innovative Discount-Struktur war eine zarte Pflanze und schutzbedürftig. Das neue Konzept musste sich in Ruhe verfestigen. Erfahrungen waren Gold wert.
Der Verwaltungsrat
Aldis Verwaltungsrat ist ein frei schwebendes Organ. Gesellschaftsrechtlich ist es nirgendwo in den Statuten eingebunden. Seine Mitglieder haben freiberuflichen Status, sind aber dennoch die „Macher“: Der Verwaltungsrat ist das zentrale Machtorgan des Konzerns. Aldi steht seit jeher zu seinem Führungssystem, dass sich mit dem Wort Durchgriffs-Management am besten umschreiben lässt. Der Verwaltungsrat hat den Alleinführungsanspruch.
Der Mustermitarbeiter
Aldi stellte stets besondere Anforderungen an seine Mitarbeiter und richtet seine Personalsuche darauf ab. Vorstellungsgespräche sind exzessiv angelegt, manchmal über mehrere Sitzungen. Man lotet die charakterlichen und sozialen Hintergründe des Bewerbers genau aus. Personalvermittlungen kommen nicht zum Zug.
Das Aldianer Stellenprofil
Natürlich variiert das Anforderungsprofil je nach Stelle, aber es gibt gewisse Grundvorstellungen: Der Bewerber sollte unauffällig und zurückhaltend im Auftreten sein, seine Bekleidung schlich und gediegen, seine Herkunft möglichst bodenständig, die Familienverhältnisse geordnet, Sparsamkeit wird sehr geschätzt wie auch Pflichtbewusstsein und Normalität hinsichtlich des Lebensprinzips.
Hauseigene Führungskräfte
Das Warenumschlagssystem von Aldi mit seinen schematisierten Abläufen erfordert erfahrene Praktiker. Es wird nicht vorrangig Kopfarbeit am Schreibtisch verlangt. Wer richtig aufsteigen wollte, hatte bei den Albrechts eine Ochsentour vor sich. Ein Akademikerstatus ist entbehrlich.
Zeitmanagement und Prämien
Für Aldi liegt das Geheimnis des langfristigen Erfolges im Zeitmanagement der Führungskräfte. Es gibt eine detaillierte Planungsphilosophie und strenge Normen nach dem Motto: Plan dich oder friss dich! Zudem hat Aldi ein umfangreiches Prämiengerüst. Bezirksleiter bekommen solche und vergeben wiederum welche an ihre Filialleiter. Einzig der Geschäftsführer bekommt keine Prämie.
Die Handbücher
Wer den Ansprüchen Aldis gerecht werden will, muss sie beherrschen: die Handbücher. Das gilt aber vor allem für die regionalen Geschäftsführer. Aldi Nord hat im Laufe der Jahre alles, was Firmeninterna angeht, in solchen Handbüchern fortgeschrieben. Da ist einiges Zusammengekommen – viel Lesestoff.
Wenig zu lachen
Aldi-Mitarbeiter lachen wenig. Zu stark lastet der Druck auf allen. Er wird von der Spitze her aufgebaut und durchgereicht. Das einzige, was lacht, ist die Liquidität.
Der Autor
Es ist auch für Journalisten vom Fach sehr schwierig, Details über die beiden Aldi-Konzerne herauszubekommen. Das Unternehmen ist nicht börsennotiert und somit nur zu bestimmten Veröffentlichungen verpflichtet. Umso wertvoller sind glaubwürdige und detaillierte Berichte, wie sie Eberhard Fedtke in seinem Buch nun geliefert hat. Er war viele Jahre lang Gesellschafter bei dem Konzern.
Bibliografie:
Eberhard Fedtke
Aldi Geschichten. Ein Gesellschaftler erinnert sich
NWB Verlag, Herne 2011
296 Seiten
Aufgrund des steigenden Non-Food-Anteils - Artikeln, die nicht zum Kernsortiment Lebensmittel gehören - wird Aldi zunehmend zu einer Art Warenhaus. Aldi Süd hat kürzlich viele Filialen erweitert mit einem weiteren Gang für Non Food. Aldi verkauft deutlich mehr als 3000 Non-Food-Artikel pro Jahr. Der Umsatzanteil beträgt 20 Prozent, bald vielleicht 30 Prozent.“
- Seite 1: Albrecht-Vertrauter: Aldi wird eine Art Warenhaus
- Seite 2: Ist Aldi noch zeitgemäß?