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Griechenland: Griechen sehen für 2013 schwarz

von Tim Rahmann

Griechenlands Regierungschef Antonis Samaras schwört seine Landsleute auf ein schwieriges Jahr 2013 ein. Auch die Bürger blicken zu Jahresbeginn pessimistisch in die Zukunft – stehen aber zum Euro.

72 Prozent der Griechen gehen davon aus, dass 2013 für sie ein schlimmeres Jahr wird, als das ohnehin schon schwierige 2012. Quelle: dapd
72 Prozent der Griechen gehen davon aus, dass 2013 für sie ein schlimmeres Jahr wird, als das ohnehin schon schwierige 2012. Quelle: dapd

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So einig waren sich Bundeskanzlerin Angela Merkel und Griechenlands Präsident Antonis Samaras selten. 2013 werde "kein leichtes Jahr sein", so Samaras in seiner Neujahrsansprache. Die deutsche Regierungschefin sagte zum gleichen Anlass: Das wirtschaftliche Umfeld werde "nächstes Jahr nicht einfacher, sondern schwieriger".

Unsinn, glauben die Deutschen. Sie sind mit sich und der finanziellen Lage zufrieden und blicken optimistisch in die Zukunft, so eine Studie der Beratungsgesellschaft "Ernst&Young". 41 Prozent der Bürger sehe ihre Situation als gut an. Zu Beginn des vergangenen Jahres lag dieser Wert noch bei 37 Prozent, Anfang 2008 sogar nur bei 24 Prozent. Gleichzeitig hat sich in den vergangenen fünf Jahren die Zahl der Unzufriedenen auf zehn Prozent halbiert. Und die Zahl der Optimisten könnte im Jahresverlauf noch weiter steigen. Denn schon gut jeder fünfte Bundesbürger geht von einer Verbesserung seiner persönlichen Finanzlage aus. Bei den jungen Verbrauchern unter 35 Jahren ist es sogar fast jeder zweite.

Griechenlands Baustellen 2013

  • Haushaltskonsolidierung

    Griechenland muss gemäß dem neuen Sparprogramm den Staatshaushalt um 13,5 Milliarden Euro bis Ende 2014 entlasten. Weitere 3,4 Milliarden Euro sollen anschließend bis 2016 eingespart werden. Das Programm sieht vor, Renten und Löhne zu kürzen, das Rentenalter auf 67 Jahre anzuheben und Staatsbedienstete zu entlassen. Nur so wird Athen die Voraussetzungen für weitere Hilfszahlungen erfüllen können.

    Das Ziel der Troika (EU, IWF, EZB) ist es, den Schuldenstand des Landes auf 120 Prozent des Bruttoinlandsprodukts zu drücken. Doch davon ist Athen nach wie vor weit entfernt: Die Verbindlichkeiten des Landes belaufen sich auf über 165 Prozent des BIP. 2022 soll Griechenland dieses Ziel erreichen – zwei Jahre mehr, als ursprünglich von der Troika geplant. Doch 2013 dürfte es weiter schwierig für das schuldengeplagte Land werden. Allein, weil die Wirtschaft wohl zwischen 4,2 bis 4,5 Prozent schrumpfen wird.

  • Kampf dem Steuerbetrug

    Die CD, mit Namen von 2000 Griechen mit Schweizer Geldkonten, die zwei Jahre lang verschwand und nun den sozialistischen Ex-Finanzminister Giorgos Papakonstantinou hinter Gitter bringen könnte, zeigt: Griechenland muss den Steuerbetrug konsequenter angehen. Das sieht auch eine Mehrheit der griechischen Bevölkerung so. 68 Prozent kritisierten in einer Umfrage der Tageszeitung "To Vima", dass ihre Regierung den Steuerbetrug nicht konsequent bekämpft.

  • Privatisierung

    Die Regierung in Athen muss die Privatisierung von Staatsbesitz weiter vorantreiben. Im vergangenen Jahr hatte der Hellenic Republic Asset Development Fund (HRADF), die Privatisierungsanstalt des griechischen Staates, zahlreiche Vorhaben auf dem Weg gebracht. Doch nur eine Handvoll von Projekten sind tatsächlich über die Bühne gegangen. Was noch zu privatisieren ist: Flughäfen, Regierungsgebäude, maritime Häfen, die staatliche Pferderenn Wetten-Gesellschaft.

  • Neugliederung der Verwaltung

    Die Zahl der Angestellten im öffentlichen Dienst wird 2013 weiter abnehmen. Insgesamt sollen bis Ende des Jahres 25.000 Arbeiter weniger für den Staat arbeiten. Zahlreiche Organisationseinheiten und Behörden müssen fusionieren oder geschlossen werden.

Anders die Lage in Griechenland. Hier hört man – zumindest in Sachen Zukunftsprognose – auf den Regierungschef: Dass liegt weniger an Samaras, als an der Tatsache, dass viele Griechen der Realität ins Auge blicken. Knapp 72 Prozent der Griechen gehen davon aus, dass 2013 für sie ein schlimmeres Jahr wird, als das ohnehin schon schwierige 2012. 64 Prozent sehen eine Verschlimmerung der Gesamtlage in Griechenland voraus, so eine in der Athener Zeitung "To Vima" veröffentlichte Umfrage.

Zum 1. Januar wurden im Rahmen des neuen Sparprogramms die Gehälter aller Beschäftigten in staatlichen und öffentlich-rechtlichen Unternehmen mit den Einkommen der Staatsbediensteten gleichgestellt. Das habe Einkommensverluste von bis zu 25 Prozent zur Folge, erklärten die Gewerkschaften dieses Zweiges. Auch Renten und Pensionen wurden abermals gekürzt.

Zukunftsszenarien für Griechenland

  • Szenario 1: Die Rettungspläne funktionieren

    Die Eurogruppe billigt einen Schuldenschnitt, die Banken erlassen dem Land daraufhin 100 Milliarden Euro. Somit gibt es auch grünes Licht für weitere Hilfen der Eurozone in Höhe von insgesamt 130 Milliarden Euro. Die Europäische Zentralbank (EZB) füllt eine Finanzlücke, damit Griechenlands Schuldenstand bis 2020 wie angepeilt sinken kann. Im Gegenzug unterwirft sich Griechenland einer strikten Überwachung der EU und gibt Kompetenzen in der Haushaltspolitik ab. Das Land leidet noch jahrelang unter Einsparungen, innenpolitischer Unruhe und Rückschlägen. Der Weg zu einer Erholung ist lang und mühsam.

  • Szenario 2: Rettung auf Raten

    Die Eurozone will zunächst keine weitere Hilfe zusagen. Problem ist der für 2020 trotz Hilfspaket und Gläubigerverzicht erwartete Schuldenstand von 129 Prozent der Wirtschaftskraft, anstatt der angestrebten 120 Prozent. Der Rettungsplan muss also überdacht werden. Zudem wählen die Griechen im April. Die Euro-Länder wollen das Votum abwarten und mit den dann regierenden Parteien Vereinbarungen über Einsparungen und Reformen treffen, bevor sie weiteres Geld überweisen. Mit restlichen Mitteln aus dem ersten Hilfsprogramm wird ein im März drohender Bankrott vorerst verhindert.

  • Szenario 3: Die Rettung scheitert, Griechenland bleibt aber im Euro

    Nach zwei Jahren Schuldenkrise nimmt die Eurozone einen Kurswechsel vor: Griechenland soll kontrolliert in die Pleite geführt werden, jedoch in der Eurozone bleiben. Nun kommen Milliardenkosten nicht nur auf die privaten Gläubiger, sondern auch auf die EZB zu: Athen ändert per Gesetzesänderung die Haftungsklauseln für seine Staatsanleihen - und erzwingt einen Verzicht. Die EU arbeitet an einem finanziellen und wirtschaftlichen Neustart des Landes, der ebenfalls viel Geld kostet.

  • Szenario 4: Athen geht bankrott und steigt aus dem Euro aus

    Der Rettungsplan scheitert, die Griechen haben zudem Vorschriften und Kontrolle der Euro-Länder satt. Das Land erklärt seinen Bankrott und die Rückkehr zur Drachme. Wirtschaft und Finanzbranche werden über das Land hinaus erschüttert, Firmen und Banken gehen pleite. Die Kaufkraft der Griechen nimmt massiv ab, soziale Unruhen sind die Folge. Mit der Drachme sind griechische Produkte auf dem Weltmarkt zwar billiger, ein positiver Effekt auf die marode Wirtschaft zeigt sich jedoch nur sehr langsam. Die Europäische Union bemüht sich mit Konjunkturprogrammen, den weiteren Absturz des Landes zu mildern.

Dennoch stellt kaum ein Bürger – wie auch kein Spitzenpolitiker Europas – die Euro-Zugehörigkeit in Frage. Den Verbleib in der Eurozone halten dennoch gut drei Viertel der Griechen für das geringere Übel, nur 16 Prozent befürworten die Rückkehr zur Drachme. Zugleich zeigen sich die Befragten überraschend reformfreudig: Zwei Drittel sind beispielsweise dafür, einen Teil der Kommunalangestellten in eine sogenannte "Arbeitsreserve" zu schicken, 63 Prozent sind für Privatisierungen und fast 87 Prozent für die Zusammenlegung staatlicher Stellen.

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Schön wäre es folglich, wenn nicht nur das Volk auf den Premier hört, sondern auch der Regierungschef auf das Volk und Ernst macht mit Reformen und der Bekämpfung der Korruption.

2 KommentareAlle Kommentare lesen
  • 02.01.2013, 18:14 UhrChlodwig

    @Wegweiser
    Zumindest hat Merkel in ihrer Neujahrsrede ans Volk,
    schonmal durchscheinen lassen, dass es ab 2013 richtig
    teuer wird und alle den Gürtel enger schnallen müssen.

  • 02.01.2013, 16:07 UhrWegweiser

    Die Griechen sehen ihre Zukunft düster, stehen aber zum Euro. Damit erklärt sich das Dilemma schon von selbst. Das heißt für die Zukunft weitere Dauertransfers.

    Die griechische Volkswirtschaft ist innerhalb der Eurozone niemals eigenständig existenz- und überlebensfähig. Gerade die permanente Nutzung von ELA zum Kauf von T-Bills beweist dies überdeutlich.

    Griechenland braucht eine rigorose Anpassung an seine eigene Leistungsfähigkeit, die zudem seit Jahren sinkt. Die jahrelangen rezessiven, wenn nicht gar depressiven Entwicklungen, haben den Weg zur Wiedererlangung der ökonomischen Prosperität komplett verbaut.

    Leider trifft dies nicht nur auf Griechenland zu. Zypern möchte ein komplettes eigenes BIP als Hilfeleistung. Portugal verlangt Erleichterungen, wie auch Irland. Spanien erhält Bankenhilfen aus dem EFSF und dem ESM. Die Target II Problematik ist dabei noch nicht einmal berücksichtigt, ebenso nicht LTRO. Die EZB muss für siebzehn unterschiedliche Volkswirtschaften eine einheitliche Geld- und Währungspolitik ausrichten.

    Bei Frankreich und Italien steht ein gesellschaftspolitischer Komplettanbau an, der noch nicht einmal in Ansätzen zu erkennen ist.

    Somit stellt sich auch für uns die Frage: Wem nützt der Euro, wem schadet dieser? Die ökonomischen Ungleichgewichte innerhalb der Eurozone bestehen nach wie vor, die Hilfsvolumina sind gewaltig.

    Das Euroexperiment, was zu einem Währungsabenteuer wurde, wird zu einem Währungszonendrama. Für alle Euroländer, auch für uns. Die anstehenden Steuerpläne nach der Wahl zeigen dies schon an.

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