Er ist schlagfertig wie kaum jemand in der politischen Zunft. Scharfzüngige und witzige Formulierungen kommen Peer Steinbrück mühelos über die Lippen. Etwa, als der SPD-Mann über die „Heulsusen“ in der SPD herzog. Oder der Schweiz im Steuerstreit mit der siebten Kavallerie von Fort Yuma drohte.
Sprachforscher haben sogar einen unverwechselbaren „Steinbrück-Sound“ ausgemacht. Typisch sind kurze und prägnante Sätze, oft angereichert mit provozierenden Thesen und stimmigen Pointen. Um komplexe Zusammenhänge etwa bei Finanzfragen verständlich zu machen, greift der 65-Jährige gern zu einfachen Vergleichen.
Steinbrücks Sprachvirtuosität ist neben seiner anerkannten Kompetenz in Finanzfragen wohl sein größtes Plus und, wie sich jetzt zeigt, zugleich sein größtes Problem. Denn in der ersten Reihe der Politik ist die Aufmerksamkeit eine andere. Als Hinterbänkler im Bundestag, der sich schon langsam auf den Ausstieg aus der Politik vorbereitete, fuhr Steinbrück mit seiner Haudrauf-Rhetorik noch enorme Beliebtheitswerte ein. Doch als Kanzlerkandidat fällt ihm sein Klartext-Gerede gehörig auf die Füße. Selbst der „New York Times“ blieben Steinbrücks jüngste verbale Fauxpas‘ nicht verborgen. „In Deutschland stolpert Merkels Herausforderer von Ausrutscher zu Ausrutscher“, titelte die renommierte US-Zeitung.
Steinbrück steht seit Wochen wegen seiner hohen Nebeneinnahmen aus Vorträgen in der Kritik. Am Wochenende sorgte er für Wirbel durch seine Feststellung in einem Interview, der Bundeskanzler in Deutschland verdiene zu wenig - gemessen an seiner Leistung und im Verhältnis zu anderen Tätigkeiten mit weniger Verantwortung und viel größerem Gehalt. Und er irritierte in einem Interview mit der „Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung“ („FAS“) mit der Bemerkung: „Angela Merkel ist beliebt, weil sie einen Frauenbonus hat.“ Ob Steinbrücks Sätze die Niedersachsen-Wahl am 20. Januar beeinflussen, ist offen. Fakt ist aber: Seine Kracher zum Jahresausklang sind noch lange nicht verhallt.
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