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Revisionsbericht: Hinweise auf Bestechlichkeit von Ergo-Mitarbeitern

Quelle: Handelsblatt Online

Für Ergo-Chef Torsten Oletzky beginnt das neue Jahr, wie das alte endete: Erneut wird ein Revisionsbericht öffentlich, der grobes Fehlverhalten in der Versicherung beschreibt.

Die Ergo-Zentrale in Düsseldorf. Quelle: dpa
Die Ergo-Zentrale in Düsseldorf. Quelle: dpa

Kleine Geschenke erhalten die Freundschaft – oder auch mehr. Dem Handelsblatt liegt ein Bericht der Ergo-Revision vor, in dem offen von Kundenschädigung, Hinweisen auf mögliche Bestechung und Verschleppung zu lesen ist. Freie Vertreter der Ergo-Tochter Hamburg-Mannheimer schlossen mit Unternehmen so genannte Kollektivverträge, die deren Mitarbeitern besonders günstige Konditionen garantierten.

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Weil die Vertreter aber höhere Provisionen verdienten wollten, verkauften sie im Einzelgespräch dann ganz andere Verträge. „Aus den damit verbundenen höheren Abschlusskosten haben sich Nachteile in Form von geringeren garantierten Monatsrenten für die Versicherten ergeben“, heißt es im Revisionsbericht. „Für die beteiligten Vertreter führte dies zu überhöhten Provisionswerten in Höhe von rund 153.000 Euro.“

Ergo Der nächste Schlag für die Lebensversicherung

Einer der großen Versicherer, die Ergo, zahlt Millionen von Kunden deutlich weniger auf Lebensversicherungen. Die laufende Verzinsung sackt auf bis zu drei Prozent. Was das erneute Alarmsignal aus der Branche bedeutet.

Ergo: Der nächste Schlag für die Lebensversicherung

In der Vergangenheit betonte Ergo stets, wie verhältnismäßig klein das Problem sei. So hätte sich bei einer Untersuchung aller 40.152 Verträge bei nur 344 Kundenunternehmen „Klärungsbedarf ergeben“. Für die bisher potenziell kritischen Fälle seien 600.000 Euro für rückwirkende Vertragsumstellungen nötig. Dies entspricht laut Ergo lediglich 0,005 Prozent der Deckungsrückstellungen in diesem Geschäftsbereich.

Die zehn größten Lebensversicherer im Bilanzcheck

  • Allianz

    Bewertungsreserven (gibt an, wie stark der aktuelle Marktwert der Kapitalanlagen den Buchwert übersteigt): 16,004 Milliarden Euro (absolut), 11,1 Prozent aller Kapitalanlagen

    Bilanzpuffer (freie Rückstellung für Beitragsrückerstattung): 4,799 Milliarden Euro, 259 Prozent der Überschussbeteiligung

  • Bayern-Versicherung

    Bewertungsreserven (gibt an, wie stark der aktuelle Marktwert der Kapitalanlagen den Buchwert übersteigt): 1,986 Milliarden Euro (absolut), 9,5 Prozent aller Kapitalanlagen

    Bilanzpuffer (freie Rückstellung für Beitragsrückerstattung): 561 Millionen Euro (absolut), 268 Prozent der Überschussbeteiligung

  • R+V AG

    Bewertungsreserven (gibt an, wie stark der aktuelle Marktwert der Kapitalanlagen den Buchwert übersteigt): 2,694 Milliarden Euro (absolut), 7,1 Prozent aller Kapitalanlagen

    Bilanzpuffer (freie Rückstellung für Beitragsrückerstattung): 1,951 Milliarden Euro (absolut), 318 Prozent der Überschussbeteiligung

  • Württembergische

    Bewertungsreserven (gibt an, wie stark der aktuelle Marktwert der Kapitalanlagen den Buchwert übersteigt): 1,652 Milliarden Euro (absolut), 6,6 Prozent aller Kapitalanlagen

    Bilanzpuffer (freie Rückstellung für Beitragsrückerstattung): 609 Millionen Euro (absolut), 285 Prozent der Überschussbeteiligung

  • Axa

    Bewertungsreserven (gibt an, wie stark der aktuelle Marktwert der Kapitalanlagen den Buchwert übersteigt): 1,218 Milliarden Euro (absolut), 6,1 Prozent aller Kapitalanlagen

    Bilanzpuffer (freie Rückstellung für Beitragsrückerstattung): 424 Millionen Euro (absolut), 209 Prozent der Überschussbeteiligung

  • Ergo

    Bewertungsreserven (gibt an, wie stark der aktuelle Marktwert der Kapitalanlagen den Buchwert übersteigt): 1,995 Milliarden Euro (absolut), 5,1 Prozent aller Kapitalanlagen

    Bilanzpuffer (freie Rückstellung für Beitragsrückerstattung): 593 Millionen Euro, 152 Prozent der Überschussbeteiligung

  • Zurich Deutscher Herold

    Bewertungsreserven (gibt an, wie stark der aktuelle Marktwert der Kapitalanlagen den Buchwert übersteigt): 1,466 Milliarden Euro (absolut), 5,0 Prozent aller Kapitalanlagen

    Bilanzpuffer (freie Rückstellung für Beitragsrückerstattung): 373 Millionen Euro (absolut), 146 Prozent der Überschussbeteiligung

  • Debeka

    Bewertungsreserven (gibt an, wie stark der aktuelle Marktwert der Kapitalanlagen den Buchwert übersteigt): 319 Millionen Euro (absolut), 0,9 Prozent aller Kapitalanlagen

    Bilanzpuffer (freie Rückstellung für Beitragsrückerstattung): 825 Millionen Euro (absolut), 142 Prozent der Überschussbeteiligung

  • AachenMünchener

    Bewertungsreserven (gibt an, wie stark der aktuelle Marktwert der Kapitalanlagen den Buchwert übersteigt): 139 Millionen Euro (absolut), 0,7 Prozent aller Kapitalanlagen

    Bilanzpuffer (freie Rückstellung für Beitragsrückerstattung): 229 Millionen Euro (absolut), 91 Prozent der Überschussbeteiligung

  • Generali

    Bewertungsreserven (gibt an, wie stark der aktuelle Marktwert der Kapitalanlagen den Buchwert übersteigt): -160 Millionen Euro (absolut), -0,4 Prozent aller Kapitalanlagen

    Bilanzpuffer (freie Rückstellung für Beitragsrückerstattung): 462 Millionen Euro (absolut), 97 Prozent der Überschussbeteiligung

Laut Revisionsbericht jedoch war die Kundenschädigung zwar das Werk von Einzeltätern, es lägen aber auch klare Hinweise für Beihilfe aus der Zentrale vor. „Die Wahl der falschen Kollektive wurde offensichtlich durch Organisationsverschulden ermöglicht“, schreiben die Revisoren. So soll ein involvierter Vertreter laut Zeugenaussagen dem in der Fachabteilung zuständigen Spezialisten „eine teure Omega Uhr“ geschenkt haben – als Dank für dessen „Unterstützung“. Außerdem habe die Verwaltung Neuverträge bearbeitet, obwohl sie ohne die vorgeschriebenen „Betreuungs-Begleit-Scheine“ eingereicht wurden.

Die Ergo-Revisoren folgern: „Es liegt ein kollusives Handeln zwischen den handelnden Personen in Vertrieb und Verwaltung nahe.“ Eine scharfe Formulierung. Der Duden definiert kollusiv als: „unerlaubt zum Nachteil eines Dritten zusammenwirkend.“

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Ergo-Chef Torsten Oletzky muss nun erneut erklären, warum in seinem Hause gravierende Regelverstöße bei Bekanntwerden nicht abgestellt, sondern jahrelang verschleppt werden. Denn laut Revision waren die Vorgänge aus der Betrieblichen Altersvorsorge in der Verwaltung schon seit 2003 bekannt. Und obwohl in der Folgezeit ein hoher Vertreter mehrmals entsprechende Hinweise gab, wurde das Problem nicht bearbeitet. Wörtlich im Bericht: „Der Beschwerdekomplex hätte deutlich früher behandelt und geklärt werden können, wenn aufgrund der in den Jahren 2004 und 2006 gegebenen Hinweisen angemessen reagiert worden wäre.“

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