ThemaFrankreich

alles zum Thema
_

Kommentar Frankreich: Die Führungsmacht ist außer Kontrolle

von Frank Doll

Die sozialistische Regierung um François Hollande erlebt ein Debakel nach dem anderen. Der politische Dilettantismus in Paris gefährdet allmählich die deutsch-französischen Beziehungen und Europa.

Was die Franzosen mit Deutschland verbinden

Die Franzosen und die Deutschen - das ist eine lange Geschichte der Anerkennung, aber auch der Anfeindung. Das Bild der Deutschen aus Sicht des Nachbarlandes hat sich trotz oder gerade wegen dieser Jahrhunderte alten Beziehung stets gewandelt. Mit zuletzt überraschendem Ergebnis, wie das französische Meinungsforschungsinstitut Ifop in einer repräsentativen Umfrage im Auftrag der Deutschen Botschaft in Paris herausgefunden hat. Ein kurzer Überblick, über die Begriffe, mit denen die Franzosen uns Deutsche identifizieren.

Bild: dpa

Schon die Regierung Sarkozy war nicht unbedingt mit ökonomischer Kompetenz gesegnet. Was aber die Regierung Hollande aufführt, ist Dilettantismus pur. Wer die öffentliche Diskussion in Frankreich um die so genannte Reichensteuer und die angedrohte Verstaatlichung von Werken des Stahlkonzerns ArcelorMittal verfolgt hat, musste den Eindruck bekommen, es ginge um weit reichende Entscheidungen, die die Zukunft des Landes betreffen. Doch bei genauerer Betrachtung entpuppt sich das Spektakel aber eher als Sturm im Wasserglas.

Anzeige

ArcelorMittal beschäftigt in Frankreich 20 000 Mitarbeiter. Von einer Schließung der beiden unrentablen Stahlöfen in Lothringen wären 630 Mitarbeiter betroffen. Wegen dieser 630 Arbeitsplätze hat Arnaud Montebourg, Frankreichs Minister für Reindustrialisierung, den Stahlunternehmer Lakshmi Mittal der Lüge bezichtigt, zur unerwünschten Person in Frankreich erklärt und ihm mit der Verstaatlichung seines Unternehmens gedroht. Verhältnismäßigkeit sieht anders aus. In Frankreich lässt sich so schnell kein ausländischer Investor mehr blicken. ArcelorMittal wird 2012 nach Abschreibungen in Höhe von 4,3 Milliarden Euro auf die Firmenwerte seiner europäischen Aktivitäten tiefrote Zahlen schreiben.

Fakten zu François Hollande

  • Ausbildung

    Studierte Recht, Wirtschaft und Politik an Pariser Eliteuniversitäten.

  • Wahlkampf

    Holte sich Wahlkampftipps von Beratern des US-Präsidenten Barack Obama.

  • Einkommen

    Will im Amt sich und seinen Ministern das Gehalt um ein Drittel kürzen.

  • EU

    Plant einen Wachstumspakt zur Ergänzung des EU-Fiskalpakts.

  • Steuern

    Will Jahreseinkommen über eine Million Euro mit 75 Prozent besteuern.

Von der Reichensteuer hat sich die Regierung Hollande Mehreinnahmen von rund 300 Millionen Euro oder etwas mehr als ein Prozent der Einkommenssteuer versprochen. Für diese bescheidene Summe riskieren die französischen Sozialisten die Auswanderung auch weniger reicher Franzosen und eine weltweit verfolgte Debatte um Steuergerechtigkeit und die Werte der Fünften Französischen Republik. Dabei hat Frankreich ganz andere Sorgen. Zum Beispiel eine Arbeitslosenquote von bald elf Prozent und eine Armutsrate bei jungen Erwachsenen von 22,5 Prozent. Mindestens ebenso schlimm. Die Reichensteuer wurde handwerklich so ungeschickt vorbereitet, dass der Verfassungsrat diese jetzt aus Gerechtigkeitsgründen gestoppt hat. Eine handfeste Regierungskrise ist wohl nur noch eine Frage der Zeit.

Die Regierung Hollande entwickelt sich aber auch immer mehr zu einer tickenden Zeitbombe für Deutschland und Europa. Das ist umso bedrohlicher, weil sich die Machtverhältnisse in der Europäischen Union in den vergangenen Jahren immer mehr zu Gunsten Frankreichs verschoben haben.

26 KommentareAlle Kommentare lesen
  • 01.01.2013, 19:19 Uhrxxxx

    Ich denke Hollande ist der erste der den richtigen Weg geht, nur muessten ebend zwei andere Dinge mal passieren:
    1. Andere Laender muessten mal mitziehen
    2. Alle Laender die sich fuer diesen Weg entscheiden muessen ein Program starten um unabhaengiger vom Ausland zu werden - alle noetigen Waren fuer das Volk selbst herstellen.
    Immer diese Gejammere das nun die armen Investoren verschreckt sind und man denen doch mehr in den Arsch kriechen muesste ist eine Armutserklaerung souveraener Staaten.
    Endlich wieder Politik fuer einfache Buerger!

  • 01.01.2013, 15:29 Uhrneobarzi

    Aus Frankreich kommt nur noch Sauce Hollandaise

  • 01.01.2013, 14:51 Uhrsteigenberger

    Eigentlich arbeitet die Zeit doch für Deutschland u. die Nordländer;

    es ist ein Fehler Alles immer nur aus dem nationalen Blickwinkel zu

    sehen:

    - Ab Feb.2013 wird der frankophile Juncker von einem Niederländer ab-
    gelöst, die stehen auf Seiten der deutschen Konsolidierungspolitik;

    - 2014 u. 15 werden weitere, solide wirtschaftende osteuropäische EU-
    Länder wie Litauen u. Polen den Block der Nordeuropäer erweitern;

    - Irland u. Portugal haben bereits bewiesen, dass massive Reformen
    möglich sind; Spanien bemüht sich zwar, liegt aber erst bei 50%des
    Weges,
    - auch Italien wird nach den Wahlen einen wie auch gearteten Sparweg
    beschreiten!

    Dann wird la grande nation mit Hollande sehen, dass sie auf dem Abseitspfad sich befinden mit den "Partnern" Griechenland,Malta u. Zypern!

    Wichtig ist nur, dass Merkel die Begrenzungen des ESM einhält u. nicht
    leichtfertig Frankreich u. Italien unter den Rettungsschirm einlädt!
    Bei der momentanen Dimensionierung ist dies nicht möglich u. auch
    Eurobonds als gemeinsame Verschuldungsvehikel sind ausgeschlossen.
    Merkel u. die Nordländer müssen nur standhaft bleiben, vielleicht
    trennt sich dann ganz allein die Spreu vom Weizen u. Frankreich führt
    voran einige pleitegefährdete Pigsländer aus dem Euroraum heraus!!
    - Aber viele werden es nicht sein, die Monsieur H. folgen werden, seine eigene ökonomische Leistung ist ja leider sehr schwachbrüstig !

Alle Kommentare lesen
weitere Fotostrecken

Blogs

Das vorläufige Ende des US-Haushaltsstreites freut die Börsen - wie verrückt
Das vorläufige Ende des US-Haushaltsstreites freut die Börsen - wie verrückt

Da einigen sich nach wochenlangen ergebnislosen Verhandlungen die beiden politischen Parteien Amerikas in lezter Minute...

Das Aktuelle Heft

Wirtschaftswoche

WirtschaftsWoche 52 vom 22.12.2012

iTunes Vorschau - WirtschaftsWoche

    Folgen Sie uns im Social Web

Deutsche Unternehmerbörse - www.dub.de
DAS PORTAL FÜR FIRMENVERKÄUFE
– Provisionsfrei, unabhängig, neutral –
Angebote Gesuche




.