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Vorwürfe gegen EX-Finanzminister: Griechenland nimmt Steuerskandal mit ins neue Jahr

Dem Ex-Finanzminister Giorgos Papakonstantinou drohte eine Klage wegen Manipulationsvorwürfen. Es stellt sich die Frage, ob Papakonstantinou seine Cousinen vor dem Fiskus schützte.

George Papakonstantinou war von 2009 bis 2011 griechischer Finanzminister. Quelle: dpa
George Papakonstantinou war von 2009 bis 2011 griechischer Finanzminister. Quelle: dpa

Schuldenstrudel, Sozialabbau und Rekord-Arbeitslosigkeit: Schon das Krisenjahr 2012 hielt für die Griechen mehr Hiobsbotschaften parat, als mancher ertragen konnte, und nun scheint 2013 nahtlos daran anzuknüpfen. Der Skandal um mutmaßlichen Steuerbetrug seiner Eliten erschüttert das Land und könnte dem ehemaligen Finanzminister Giorgos Papakonstantinou zum Verhängnis werden. Am Montag sprachen sich gleich 71 Abgeordnete der regierenden Drei-Parteien-Koalition dafür aus, den 51-Jährigen wegen Fälschung eines öffentlichen Dokuments sowie Pflichtverletzung anzuklagen.

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Papakonstantinou wird verdächtigt, die Namen mehrerer Familienangehöriger von einer Liste mit Griechen gestrichen zu haben, die Bankkonten in der Schweiz haben sollen. Er selbst bestreitet dies. Im Falle einer Verurteilung drohen dem Politiker, der von 2009 bis 2011 griechischer Finanzminister war und zurzeit weder ein Regierungsamt noch einen Parlamentssitz innehat, bis zu zehn Jahre Haft.

Die sozialistische PASOK schloss ihn nach Bekanntwerden der Vorwürfe flugs aus der Partei aus. Mit dem Votum der Abgeordneten wird die Luft für Papakonstantinou nun abermals dünner, zumal die Toleranz vieler notleidender Griechen gegenüber den Eskapaden ihrer politischen Elite nach drei Jahren Dauerkrise am Tiefpunkt angelangt ist.

Zukunftsszenarien für Griechenland

  • Szenario 1: Die Rettungspläne funktionieren

    Die Eurogruppe billigt einen Schuldenschnitt, die Banken erlassen dem Land daraufhin 100 Milliarden Euro. Somit gibt es auch grünes Licht für weitere Hilfen der Eurozone in Höhe von insgesamt 130 Milliarden Euro. Die Europäische Zentralbank (EZB) füllt eine Finanzlücke, damit Griechenlands Schuldenstand bis 2020 wie angepeilt sinken kann. Im Gegenzug unterwirft sich Griechenland einer strikten Überwachung der EU und gibt Kompetenzen in der Haushaltspolitik ab. Das Land leidet noch jahrelang unter Einsparungen, innenpolitischer Unruhe und Rückschlägen. Der Weg zu einer Erholung ist lang und mühsam.

  • Szenario 2: Rettung auf Raten

    Die Eurozone will zunächst keine weitere Hilfe zusagen. Problem ist der für 2020 trotz Hilfspaket und Gläubigerverzicht erwartete Schuldenstand von 129 Prozent der Wirtschaftskraft, anstatt der angestrebten 120 Prozent. Der Rettungsplan muss also überdacht werden. Zudem wählen die Griechen im April. Die Euro-Länder wollen das Votum abwarten und mit den dann regierenden Parteien Vereinbarungen über Einsparungen und Reformen treffen, bevor sie weiteres Geld überweisen. Mit restlichen Mitteln aus dem ersten Hilfsprogramm wird ein im März drohender Bankrott vorerst verhindert.

  • Szenario 3: Die Rettung scheitert, Griechenland bleibt aber im Euro

    Nach zwei Jahren Schuldenkrise nimmt die Eurozone einen Kurswechsel vor: Griechenland soll kontrolliert in die Pleite geführt werden, jedoch in der Eurozone bleiben. Nun kommen Milliardenkosten nicht nur auf die privaten Gläubiger, sondern auch auf die EZB zu: Athen ändert per Gesetzesänderung die Haftungsklauseln für seine Staatsanleihen - und erzwingt einen Verzicht. Die EU arbeitet an einem finanziellen und wirtschaftlichen Neustart des Landes, der ebenfalls viel Geld kostet.

  • Szenario 4: Athen geht bankrott und steigt aus dem Euro aus

    Der Rettungsplan scheitert, die Griechen haben zudem Vorschriften und Kontrolle der Euro-Länder satt. Das Land erklärt seinen Bankrott und die Rückkehr zur Drachme. Wirtschaft und Finanzbranche werden über das Land hinaus erschüttert, Firmen und Banken gehen pleite. Die Kaufkraft der Griechen nimmt massiv ab, soziale Unruhen sind die Folge. Mit der Drachme sind griechische Produkte auf dem Weltmarkt zwar billiger, ein positiver Effekt auf die marode Wirtschaft zeigt sich jedoch nur sehr langsam. Die Europäische Union bemüht sich mit Konjunkturprogrammen, den weiteren Absturz des Landes zu mildern.

"Glauben Sie, dass ich so ein Idiot bin?"

Athen hatte die Liste mit rund 2.000 Namen mutmaßlicher Steuersünder vor zwei Jahren während Papakonstantinous Amtszeit von der damaligen französischen Finanzministerin Christine Lagarde erhalten. Da die Behörden später vermuteten, dass die Liste von Konten bei der Genfer HSBC-Bankfiliale aus dem Zeitraum 1997 bis 2007 manipuliert worden sein könnte, forderte die griechische Staatsanwaltschaft vor kurzem eine Kopie des Originals aus Frankreich an. Die traf am 21. Dezember ein, und nach übereinstimmenden Medienberichten fehlten im Vergleich zur älteren Version der Liste vier Namen - nämlich die von zwei Cousinen Papakonstantinous sowie deren Ehemännern.

Schon als im Oktober bekanntwurde, dass die ursprüngliche Liste zwei Jahre lang von den Regierungs- und Finanzbehörden ignoriert statt ausgewertet wurde, war der Aufschrei im Land groß. Die neueste Kunde aus Athen verschärfte diese Situation noch mehr.

Doch Papakonstantinou will nichts von einem Fehlverhalten wissen und die Daten nicht angetastet haben. "Ich habe sie nicht verändert", blaffte er zurück. "Glauben Sie, dass ich so ein Idiot bin?" Auch über diese Frage wird das Parlament am 7. Januar wohl zu befinden haben - zumindest indirekt: Dann wird voraussichtlich über die Einrichtung eines Untersuchungsausschusses entschieden.

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