„Καλες εορτες“, „Frohe Feiertage“ wünschte mir meine Nachbarin Panagiota, als ich ihr heute im Aufzug begegnete. Aber wirklich fröhlich wirkte Panagiota nicht. Der Gruß klang eher ironisch, wie „...schöne Bescherung!“ Vor zwei Monaten hat Panagiota ihren Job in einer Athener Modeboutique verloren, der Laden musste aufgeben – eine von rund 70.000 Pleiten im griechischen Einzelhandel seit Januar 2011. Auf der Stadiou Straße, früher eine der belebtesten Einkaufsmeilen Athens, steht fast die Hälfte aller Läden leer.
Panagiota ist 48. Chancen auf einen neuen Job hat sie kaum. Die vierköpfige Familie lebt jetzt vom Gehalt des Vaters. Er ist Beamter im griechischen Außenministerium und verdient 1.159 Euro netto im Monat. „Wir kommen nur über die Runden, weil unsere Eltern etwas von ihrer Rente für uns abzweigen“, sagt Panagiota. Doch auch die Alten haben immer weniger: Im Zug der jüngsten Sparbeschlüsse wird ihre Rente jetzt erneut um zehn Prozent geschmälert. Es ist bereits die vierte Kürzung seit Beginn der Krise.
Die Maßnahmen des griechischen Sparpakets
Renten
Die Rentner müssen mit Kürzungen um fast 4,8 Milliarden Euro rechnen. Alle Renten von 1000 Euro aufwärts werden um fünf bis 15 Prozent gesenkt. Das Weihnachtsgeld für Rentner wird abgeschafft; es war bereits von einer Monatsrente auf 400 Euro gekürzt worden. Die Gewerkschaften rechneten aus, dass damit die Rentner im Durchschnitt 2000 Euro im Jahr verlieren werden.
Arbeitnehmer
Die Abfindungen für entlassene Arbeitnehmer werden drastisch gesenkt. Arbeitgeber dürfen Verträge mit jedem einzelnen Arbeitnehmer schließen. Damit werden praktisch Tarifverhandlungen umgangen.
Staatsbedienstete
Auch den Staatsbediensteten werden die jeweils verbliebenen 400 Euro vom Weihnachtsgeld sowie vom Urlaubsgeld gestrichen. Viele Löhne und Gehälter sollen um sechs bis 20 Prozent verringert werden. Bis Ende 2012 sollen 2000 Staatsbedienstete in die Frühpensionierung gehen oder entlassen werden. Bis zum Eintritt des Rentenalters erhalten sie dann 60 Prozent ihres letzten Gehalts.
Gesundheitswesen
Im Gesundheitswesen sollen 1,5 Milliarden Euro eingespart werden. Unter anderem sollen die Versicherten sich mit höheren Eigenbeiträgen beim Kauf von Medikamenten beteiligen. Zahlreiche Krankenhäuser sollen schließen. Andere sollen sich zusammenschließen.
Gehaltskürzungen
Die Gehälter der Angestellten der öffentlich-rechtlichen Betriebe, wie beispielsweise der Elektrizitätsgesellschaft (DEI), sollen denen der Staatsbediensteten angeglichen werden. Dies bedeutet für die Betroffenen nach Berechnungen der Gewerkschaften bis zu 30 Prozent weniger Geld.
Kindergeld
Familien, die mehr als 18 000 Euro im Jahr verdienen, haben keinen Anspruch auf Kindergeld mehr.
Rentenalter
Das Rentenalter wird für alle von 65 Jahre auf 67 Jahre angehoben.
Was hinter ihnen liegt, wissen die Griechen: 2012 war wirtschaftlich das schwärzeste Jahr seit Kriegsende. Die Arbeitslosigkeit erreichte einen neuen Rekord. Von den elf Millionen Griechen haben nur noch 3,7 Millionen einen Job. Jetzt geht das Land ins sechste Jahr der Rezession – und die Menschen fragen sich: Was bringt 2013?
Die Stimmung ist gedrückt. Fast sieben von zehn Griechen, so eine aktuelle Eurobarometer-Umfrage, sind unzufrieden mit ihrem Leben, acht von zehn sehen ihr Land „auf dem falschen Weg“. Nur sechs von Hundert glauben, dass sich die Lage in den kommenden zwölf Monaten bessern wird.
Aber es gibt Momente, da schöpft man wieder Hoffnung. Wenn etwa, wie jetzt, die Ratingagentur Standard & Poor’s (S&P) Griechenlands Bonität von „SD“ (Selective Default) um gleich sechs Stufen auf „B-„ heraufsetzt. So hoch wurde Griechenlands Kreditwürdigkeit zuletzt im Juni 2011 bewertet. Auch mit dem jetzt angehobenen Rating bleiben Griechen-Bonds hochspekulative Anlagen. Vom „Investmentgrade“, der Liga der sicheren oder durchschnittlich guten Anlagen, trennen das Land bei S&P noch weitere sechs Stufen. Aber immerhin fassen die Anleger wieder etwas Hoffnung. Abzulesen ist das daran, dass die Rendite der griechischen Zehnjahresanleihe jetzt auf den tiefsten Stand seit März 2011 fiel. Nachdem sie noch im Sommer bei 30 Prozent gelegen hatte, beträgt sie aktuell 10,3 Prozent.