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Italien: Monti will mit neuer Koalition in den Wahlkampf ziehen

Der amtierende italienische Regierungschef will zur Wahl ein Bündnis der politischen Mitte anführen. Eine offizielle Bewerbung Montis um das Ministerpräsidentenamt gibt es aber weiterhin nicht.

Griechen, Römer, katholische Kirche und die Renaissance: Italien ist das Land mit den meisten Denkmälern, die unter dem Schutz der Unesco stehen. 47 nationale Monumente listet die Unesco derzeit auf. Mit dabei: der griechische Juno-Tempel von Agrigent, Sizilien.

Bild: AP

Der zurückgetretene italienische Ministerpräsident Mario Monti schaltet sich nun doch in den bevorstehenden Wahlkampf ein. Er werde mit Blick auf die Parlamentswahl im Februar eine "Gruppierung" gleich gesinnter Vertreter aus Politik und Zivilgesellschaft anführen, kündigte Monti am Freitagabend auf einer kurzfristig einberufenen Pressekonferenz in Rom an. Die Koalition soll demnach aus Vertretern der politischen Mitte, Unternehmern und Anhängern des Vatikans bestehen.

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Auf die offizielle Bekanntgabe einer Kandidatur Montis bei der Wahl warteten Beobachter auch am Freitag vergebens. Der 69-Jährige hatte bei einer Pressekonferenz am vergangenen Sonntag angekündigt, nicht als Spitzenkandidat in die Parlamentswahl zu ziehen. Sollten ihn aber Parteien, die seine Maßnahmen im Kampf gegen die Schuldenkrise unterstützen, nach der Wahl zur Führung der neuen Regierung auffordern, würde er das Angebot in Erwägung ziehen, sagte er.

Monti sagte am Freitag, die von ihm angeführte Koalition wolle dafür sorgen, dass moralische Werte Zugang zur italienischen Politik finden und sich für wirtschaftliche Reformen einsetzen. Als Anführer der Koalition werde er dabei helfen, Kandidaten für die Parlamentswahl auszuwählen. "Ich arbeite für den Erfolg dieser Operation", sagte Monti mit Blick auf das neue Bündnis, das als "Agenda Monti für Italien" auf der Wahlliste in Erscheinung treten solle. "Eine neue politische Formation ist geboren", sagte er.

Welche Reformen Monti in Italien angepackt hat

  • Schuldenbremse

    Die Regierung hat eine Schuldenbremse auf den Weg gebracht. Ab 2014 soll sie für ausgeglichene Haushalte sorgen. Um das zu schaffen, wurde ein Sparpaket geschnürt. Es soll bis 2014 insgesamt rund 26 Milliarden Euro bringen.

  • Einnahmen steigern

    Um den Haushalt zu sanieren, will der Staat mehr Geld eintreiben. Die Mehrwertsteuer wurde bereits von 20 auf 21 Prozent angehoben. 2013 soll sie auf 23 Prozent hochgeschraubt werden. Zahlreiche Steuererleichterungen wurden abgeschafft, während mit Obergrenzen für Bartransaktionen die Steuerflucht bekämpft werden soll. Besitzer von Jachten, Privatflugzeugen und Autos mit großem Hubraum müssen eine Luxussteuer entrichten. Wer mehr als 300.000 Euro im Jahr verdient, muss eine Solidaritätsabgabe von drei Prozent leisten. Auch die Immobiliensteuer wurde wieder eingeführt, die allein fast zehn Milliarden Euro in die Staatskasse spülen soll. Privatisierungen sollen 15 Milliarden Euro erlösen - etwa der Verkauf von Flughäfen, Netzbetreibern, Rückversicherungs- und Infrastrukturgesellschaften sowie Staatsimmobilien.

  • Ausgaben kürzen

    Allein durch die Kürzung von Urlaubstagen und Urlaubsgeld sowie bei Essensgutscheinen sollen im öffentlichen Dienst rund sieben Milliarden Euro gespart werden. Dort soll jede fünfte Leitungsstelle und jede zehnte in den unteren Gehaltsgruppen wegfallen. Der Rotstift regiert auch im Gesundheitswesen und bei Zivilgerichten. Regierungschef Monti leistet ebenfalls einen kleinen Beitrag: Er verzichtet auf sein Gehalt.

  • Arbeitsmarkt

    Um die chronisch schwache Konjunktur anzukurbeln, hat die Monti-Regierung zahlreiche Arbeitsmarktreformen in Angriff genommen. Festangestellte in privaten Unternehmen können leichter gekündigt werden. Das Klageverfahren auf Kündigungsschutz wurde verkürzt, Abfindungen gedeckelt. Unternehmen können neue Mitarbeiter ohne Angabe von Gründen befristet einstellen. Liberalisiert wird auch der Einzelhandel, wo es längere Ladenöffnungszeiten gibt. Kommunale Dienstleister erhalten weniger Rechte, um die Konkurrenz mit privaten Anbietern zu erhöhen. Zudem müssen die Italiener künftig länger arbeiten: Männer bis 66 Jahre, Frauen ab 2018 ebenfalls. Die Frühverrentung wird eingeschränkt.

  • Lichtblicke

    Die Staatsfinanzen sehen nicht so schlecht aus, wie die hohen Risikoaufschläge für italienische Anleihen vermuten lassen: Der sogenannte Primärhaushalt - bei dem Zinszahlungen ausgeklammert werden - weißt einen Überschuss aus. Nach Prognose der EU-Kommission wird die Neuverschuldung sowohl 2013 als auch 2014 unter der in den EU-Verträgen festgelegten Drei-Prozent-Hürde liegen. Außerdem exportiert das Land inzwischen wieder mehr als es importiert. Der Überschuss in der Handelsbilanz lag im von Januar bis September bei 4,1 Milliarden Euro, während sie ein Jahr zuvor noch ein Defizit von 23,1 Milliarden Euro auswies. Der Außenhandel dämpft damit den Abschwung, der auf die wegen zahlreicher Steuererhöhungen schwächelnde Binnennachfrage zurückgeht.

Sein Ziel sei es nicht, das linke oder rechte Lager in der italienischen Politik zu besiegen, sagte Monti weiter. Stattdessen wolle er die Ziele seiner Regierung ausweiten und das Tempo der Bemühungen beschleunigen. Auf die Frage von Reportern, ob er das Amt des Ministerpräsidenten erneut übernehmen würde, wenn sein Bündnis die zweitmeisten Stimmen holte, sagte er lediglich: "Abwarten, wir werden sehen."

Monti-Koalition kommt in Umfragen auf rund 15 Prozent

Der Vorsitzende der in Umfragen führenden Demokratischen Partei (PD), Pier Luigi Bersani, forderte Monti auf, die Haltung des Bündnisses gegenüber der PD zu präzisieren. "Sehen sie uns als Alternative, Konkurrenten, oder sind sie offen für eine Allianz?" fragte Bersani in einem Fernsehinterview. Jüngsten Umfragen zufolge kann die PD bei den für Februar geplanten Neuwahlen auf rund 30 Prozent der Stimmen hoffen.

Ob Monti an der Spitze der Koalition eine zweite Amtszeit als Ministerpräsident gelingen könnte, bleibt ungewiss. In Umfragen kommt ein von Monti angeführtes Bündnis auf etwa 15 Prozent der Stimmen.

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Monti hatte seinen Rücktritt erklärt, nachdem die Partei des früheren Ministerpräsidenten Silvio Berlusconi ihm die Unterstützung entzogen hatte. Seit seinem Amtsantritt im November 2011 hatte Montis Technokraten-Regierung versucht, Italien mit einem Maßnahmenpaket aus Ausgabenkürzungen und Steuererhöhungen aus der Schuldenspirale zu reißen. Bis zur Wahl führt er die Amtsgeschäfte weiter.

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