Italien: Monti stellt Agenda für weitere Amtszeit ins Internet

Italien: Monti stellt Agenda für weitere Amtszeit ins Internet

Der zurückgetretene italienische Ministerpräsident Mario Monti will nicht als Spitzenkandidat in die Parlamentswahl im Februar ziehen. Quelle: dpaBild vergrößern

Der zurückgetretene italienische Ministerpräsident Mario Monti will nicht als Spitzenkandidat in die Parlamentswahl im Februar ziehen. Sollten ihn aber Parteien, die seine Maßnahmen im Kampf gegen die Schuldenkrise unterstützen, nach der Wahl zur Führung der neuen Regierung auffordern, würde er das Angebot in Erwägung ziehen

Italiens zurückgetretener Ministerpräsident will bei Parlamentswahl nicht kandidieren, schließt aber die Führung der neuen Regierung nicht aus. Jetzt rief Monti die Italiener zu Debatte über das Reformprogramm auf.

In Italien wirbt der zurückgetretene Ministerpräsident Mario Monti bei der Bevölkerung um Unterstützung für weitere Reformen. Zwei Monate vor der Parlamentswahl veröffentlichte der frühere EU-Kommissar am Montag im Internet sein Programm für eine weitere Amtszeit und rief die Italiener zu einer Debatte über die Zukunft des hoch verschuldeten Landes auf. Die "Agenda Monti" sieht einen Mix aus Maßnahmen zur Haushaltssanierung sowie Strukturreformen vor.

Ab 2015 soll die Verschuldung um jährlich fünf Prozent gesenkt werden. Ziel sei es, den Schuldenstand von derzeit rund 126 auf 60 Prozent der Wirtschaftsleistung zu senken. Zudem will Monti härter gegen Korruption vorgehen und dafür sorgen, dass mehr Frauen sowie vor allem junge Arbeitslose wieder einen Job finden.

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Monti hatte sich grundsätzlich bereiterklärt, Italien auch nach den Neuwahlen im Februar aus der Schuldenkrise zu führen. Obwohl es derzeit als unrealistisch gilt, dass Monti erneut den Posten des Regierungschefs erhalten wird, könnte sein Wirtschaftsprogramm die Agenda der nächsten Regierung mitprägen.

Schuldenkrise Mario Montis aussichtsloser Kampf für Italien

Der Wirtschaftsprofessor Mario Monti hat die Finanzen des Landes geordnet – die Krise des Landes beendet hat er nicht. Ein Rücktritt ist sogar heute noch möglich. Derzeit stimmt das Parlament ab.

Mario Monti Quelle: dpa

Er wolle nicht bei der Wahl kandidieren, da er "keine Sympathie für 'persönliche' Parteien" habe, sagte Monti. Er lehnte am Sonntag auch einen Vorschlag des früheren Regierungschefs Silvio Berlusconi ab, bei der Wahl als Kandidat eines von ihm unterstützten Mitte-rechts-Bündnisses anzutreten. Er könne den Gedankengang Berlusconis nur schwer nachvollziehen, sagte Monti. Berlusconi habe die Arbeit seiner Technokraten-Regierung zuletzt als "völlige Katastrophe" bezeichnet, sagte der 69-Jährige. Kurz zuvor habe sein Amtsvorgänger noch "schmeichelhafte Dinge" über seine Regierung gesagt. Unter diesen Umständen könne er den Vorschlag des Ex-Ministerpräsidenten nicht akzeptieren, wurde Monti von der italienischen Nachrichtenagentur ANSA zitiert.

Welche Reformen Monti in Italien angepackt hat

  • Schuldenbremse

    Die Regierung hat eine Schuldenbremse auf den Weg gebracht. Ab 2014 soll sie für ausgeglichene Haushalte sorgen. Um das zu schaffen, wurde ein Sparpaket geschnürt. Es soll bis 2014 insgesamt rund 26 Milliarden Euro bringen.

  • Einnahmen steigern

    Um den Haushalt zu sanieren, will der Staat mehr Geld eintreiben. Die Mehrwertsteuer wurde bereits von 20 auf 21 Prozent angehoben. 2013 soll sie auf 23 Prozent hochgeschraubt werden. Zahlreiche Steuererleichterungen wurden abgeschafft, während mit Obergrenzen für Bartransaktionen die Steuerflucht bekämpft werden soll. Besitzer von Jachten, Privatflugzeugen und Autos mit großem Hubraum müssen eine Luxussteuer entrichten. Wer mehr als 300.000 Euro im Jahr verdient, muss eine Solidaritätsabgabe von drei Prozent leisten. Auch die Immobiliensteuer wurde wieder eingeführt, die allein fast zehn Milliarden Euro in die Staatskasse spülen soll. Privatisierungen sollen 15 Milliarden Euro erlösen - etwa der Verkauf von Flughäfen, Netzbetreibern, Rückversicherungs- und Infrastrukturgesellschaften sowie Staatsimmobilien.

  • Ausgaben kürzen

    Allein durch die Kürzung von Urlaubstagen und Urlaubsgeld sowie bei Essensgutscheinen sollen im öffentlichen Dienst rund sieben Milliarden Euro gespart werden. Dort soll jede fünfte Leitungsstelle und jede zehnte in den unteren Gehaltsgruppen wegfallen. Der Rotstift regiert auch im Gesundheitswesen und bei Zivilgerichten. Regierungschef Monti leistet ebenfalls einen kleinen Beitrag: Er verzichtet auf sein Gehalt.

  • Arbeitsmarkt

    Um die chronisch schwache Konjunktur anzukurbeln, hat die Monti-Regierung zahlreiche Arbeitsmarktreformen in Angriff genommen. Festangestellte in privaten Unternehmen können leichter gekündigt werden. Das Klageverfahren auf Kündigungsschutz wurde verkürzt, Abfindungen gedeckelt. Unternehmen können neue Mitarbeiter ohne Angabe von Gründen befristet einstellen. Liberalisiert wird auch der Einzelhandel, wo es längere Ladenöffnungszeiten gibt. Kommunale Dienstleister erhalten weniger Rechte, um die Konkurrenz mit privaten Anbietern zu erhöhen. Zudem müssen die Italiener künftig länger arbeiten: Männer bis 66 Jahre, Frauen ab 2018 ebenfalls. Die Frühverrentung wird eingeschränkt.

  • Lichtblicke

    Die Staatsfinanzen sehen nicht so schlecht aus, wie die hohen Risikoaufschläge für italienische Anleihen vermuten lassen: Der sogenannte Primärhaushalt - bei dem Zinszahlungen ausgeklammert werden - weißt einen Überschuss aus. Nach Prognose der EU-Kommission wird die Neuverschuldung sowohl 2013 als auch 2014 unter der in den EU-Verträgen festgelegten Drei-Prozent-Hürde liegen. Außerdem exportiert das Land inzwischen wieder mehr als es importiert. Der Überschuss in der Handelsbilanz lag im von Januar bis September bei 4,1 Milliarden Euro, während sie ein Jahr zuvor noch ein Defizit von 23,1 Milliarden Euro auswies. Der Außenhandel dämpft damit den Abschwung, der auf die wegen zahlreicher Steuererhöhungen schwächelnde Binnennachfrage zurückgeht.

"Großer politischer Führer und internationaler Staatsmann"

Die Erklärung des Regierungschefs wurde im politischen Rom unterschiedlich kommentiert. "Monti hat wieder einmal gezeigt, dass er arrogant und wie (Pontius) Pilatus ist", sagte der Fraktionsvorsitzende der Mitte-links-Partei Italien der Werte, Antonio Borghesi. "Er will sich nicht direkt verpflichten (...), aber wenn er gefragt wird, will er das Land weiter führen."

Die kleine Zukunftspartei hingegen lobte Monti in einer Stellungnahme als "großen politischen Führer und internationalen Staatsmann". Weiter hieß es in dem Schreiben: "Wir unterstreichen unsere Bereitschaft, die Agenda von Ministerpräsident Monti mit Stolz zu unterstützen."

Monti war am Freitagabend als Ministerpräsident zurückgetreten, nachdem Berlusconis Partei seiner Regierung die Unterstützung entzogen hatte. Seit seinem Amtsantritt im November 2011 hatte seine Technokraten-Regierung versucht, Italien mit einem Maßnahmenpaket aus Ausgabenkürzungen und Steuererhöhungen aus der Schuldenspirale zu reißen.

weitere Artikel

Staatspräsident Giorgio Napolitano löste am Samstag das Parlament auf und machte den Weg für Neuwahlen frei. Napolitano unterzeichnete den entsprechenden Erlass nach Beratungen mit Parteispitzen des Landes. Der Staatspräsident rief vor Journalisten zu einem "maßvollen und konstruktiven Wahlkampf" auf. Bis zur Parlamentswahl Ende Februar soll Monti das Ministerpräsidentenamt übergangsweise ausführen.

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