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Neue Rundfunkgebühr: Ohne das Zweite lebt man billiger

von Martin Dowideit, Esra Gürsel und Tina Halberschmidt Quelle: Handelsblatt Online

Haushalte und Betriebe trifft die neue Rundfunkgebühr. Viele Unternehmen müssen tiefer in die Tasche greifen. Vor allem für Firmen-Ketten mit vielen Filialen wird es richtig teuer. Nur eine Branche profitiert mal wieder.

Quelle: Getty Images
Quelle: Getty Images

DüsseldorfDie Neuregelung der Rundfunkgebühren trifft viele Unternehmen in Deutschland hart. Denn künftig werden die Gebühren nach einem neuen Schlüssel berechnet, der pro Betriebsstätte und der Zahl der dort beschäftigten Mitarbeiter erhoben wird. Bislang fielen Gebühren lediglich für jeden PC im Unternehmen und jedes tatsächlich vorhandene Fernsehgerät an.

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Die Neuordnung bedeutet etwa nach einem Bericht der „Bild“-Zeitung für die Drogeriemarktkette Rossmann einen Gebührensprung von 35.000 Euro auf mehr als das Zehnfache: 402.000 Euro. Der Autovermieter Sixt rechnet mit Kosten von 105.000 Euro.

Auch die Autowerkstatt-Kette ATU rechnet mit einer deutlichen Steigerung. „Wir empfinden die neue Regelung als ungerecht, da sie Filialunternehmen wie ATU benachteiligt“, sagt ein Sprecher des Unternehmens Handelsblatt Online. Bei 598 Filialen in Deutschland mit insgesamt 12.000 Mitarbeitern dürfte es für ATU deutlich teurer werden. In den Werkstätten stehen zwar keine Fernseher oder Radios, aber internetfähige PCs. „Wir fordern eine faire Regelung, die als Grundlage die Gesamtzahl der Mitarbeiter berücksichtigt“, so der Sprecher.

Einen Keil treibt die neue GEZ-Gebühr in eine Branche, die eigentlich zuletzt vom Steuerzahler verwöhnt wurde: die Hotellerie. Denn künftig ändert sich die Gebührenordnung so, dass auch für Zimmer ohne Fernseher Gebühren bezahlt werden müssen. Das trifft vor allem Betreiber von Jugendherbergen und Hostels.

Zwar müssen sie pro Zimmer nur 5,99 Euro bezahlen, aber eben auch für Räume ohne TV und Radio. Bislang waren in Hotels mit mehr als 50 Zimmern sogar 75 Prozent eines vollen Beitrags pro Zimmer und Fernseher fällig. Großen Hotelbetreibern winken damit Einsparungen. „Für klassische Hoteliers rechnen wir mit einer Kostensenkung“, sagt ein Sprecher des Hotelverbandes Dehoga. Für günstige Hotels mit geringer Ausstattung steigen die Gebühren. Einige schlechter gestellte Hostels aus Berlin haben daher bereits aus Protest dem Verband den Rücken gekehrt.

Für die rund 530 deutschen Jugendherbergen wird es durch die Umstellung ebenfalls teurer. Absolut sind das nicht unbedingt große Steigerungen, aber über die Zahl der Betriebe läppert sich das. Die Jugendherberge „Auf dem Stintfang“ in Hamburg rechnet mit einer Mehrbelastung von rund zwölf Euro pro Monat: Wurden bisher GEZ-Gebühren in Höhe von 5,76 Euro bezahlt, müssen die Herbergseltern nun 17,98 Euro für den Rundfunkbeitrag ausgeben.

Noch härter als die gemeinnützigen Jugendherbergen trifft es Jugendunterkünfte in freier Trägerschaft. Bereits im Juli hatte „Reisenetz“, der Deutsche Fachverband für Jugendreisen, daher gefordert, der Rundfunkbeitrag dürfe gar nicht erst eingeführt werden.


Luxushotels profitieren, Jugendunterkünfte zahlen drauf

„Für viele Mitgliedsunternehmen des Verbandes ist die neue Regelung dramatisch“, erklärt Ralf Olk, Vorstandsmitglied im „Reisenetz“. Schließlich sei es jetzt unerheblich, ob Fernseh- oder Rundfunkgeräte vorhanden seien oder nicht. „Nicht nur alle Haushalte in Deutschland zahlen den Rundfunkbeitrag. Auch von allen Beherbergungsbetrieben werden 5,99 Euro je Zimmer je Monat verlangt.“ Luxuriöse Hotels würden von der neuen Regelung profitieren. „Jugendunterkünfte jedoch trifft sie hart, haben diese doch häufig Gästezimmer ohne TV-Gerät“, so Olk.

Einer Schätzung des Fachverbandes zufolge gibt es in Deutschland rund 250.000 Jugendgästezimmer ohne Fernseher, für die ein jährlicher Rundfunkbeitrag von fast 18 Millionen Euro anfalle. „Und dies ohne Gegenleistung“, empört man sich beim „Reisenetz“.

Bei einer durchschnittlichen Auslastung der Unterkünfte von ca. 40 Prozent und damit knapp 60 Millionen Übernachtungen müsste sich jede Übernachtung um etwa 0,30 Euro verteuern, rechnet der Fachverband. „Viele Klassenfahrten, Jugendfreizeiten und Ferienmaßnahmen für Kinder werden dadurch teurer. Das trifft alle Teilnehmenden, unabhängig von Einkommen oder Bedürftigkeit. Sozial ist das nicht“, sagt Olk.

Auch im Hostel „Backpackers St. Pauli“ könnten durch die Rundfunkabgabe auf Dauer die Übernachtungspreise steigen. Tanja Bahr, Managerin des Hostels, hat es der „Zeit“ genau vorgerechnet: Von Januar an muss die 39-Jährige jeden Monat 59,90 Euro zahlen statt wie bisher 17,98 Euro – also gut dreimal mehr.

„Wir werden komplett überdurchschnittlich belastet“, kritisiert daher Michael Lottes vom „Backpacker Network“. Den neuen Beitrag findet er schlicht „ungerecht“.

2 KommentareAlle Kommentare lesen
  • 04.01.2013, 00:51 Uhrmathias

    Der WDR - Verbrecher bezeichnet nicht nur die Zwangsfinanzierung
    sondern auch die Entlassung Broders, als demokratischen Beitrag für
    Deutschland.

    DIE ZERSCHLAGUNG DER ÖFFENTLICHEN MEDIEN IST ALTERNATIVLOS !

    Will man Göbbels Rückkehr verhindern.

  • 03.01.2013, 20:09 UhrFrei

    Bei uns steht noch das System: Hast Du Länder, hast Du Sender.

    Wer in der Wirtschaft chancenlos ist und auch sonst nichts kann, verdingt sich immer wieder gern dort, wo man vom Geld anderer lebt. Wenn damit dann eine gewisse Macht, die Möglichkeit zur Bevormundung der Bevölkerung und ein enormes Gehalt verbunden ist, so sendet man alles, was gewünscht wird. Mit freier Presse hat das wenig zu tun.

    Das Produkt spiegelt sich auf dem Bildschirm heute als Sodom und Ghomorra wider: Parteipropaganda (90% rot-grün), Nihilismus, Destruktivismus und Indoktrination bis hin zur Gewaltverherrlichung. Die Fernsehprogramme legen tagtäglich Zeugnis davon ab.

    Im Ausland hat man ein Kartensystem. Man zahlt nur für das, was man sehen will. Vielleicht bereitet der EU-Gerichtshof diesem System 'Hast du Länder hast Du Sender' einmal ein Ende.

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