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Was die Franzosen mit Deutschland verbinden
Die Franzosen und die Deutschen - das ist eine lange Geschichte der Anerkennung, aber auch der Anfeindung. Das Bild der Deutschen aus Sicht des Nachbarlandes hat sich trotz oder gerade wegen dieser Jahrhunderte alten Beziehung stets gewandelt. Mit zuletzt überraschendem Ergebnis, wie das französische Meinungsforschungsinstitut Ifop in einer repräsentativen Umfrage im Auftrag der Deutschen Botschaft in Paris herausgefunden hat. Ein kurzer Überblick, über die Begriffe, mit denen die Franzosen uns Deutsche identifizieren.
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Abgeschlagen auf den hinteren Plätzen landeten Begriffe wie „Hitler“, „Nazis“ und „Krieg“. Die Autoren der Studie schlussfolgern daraus: Germanophobie gibt es in Frankreich kaum noch. Gerade die jüngeren Franzosen denken mit Blick auf die vergangenen Jahrzehnte eher an den Fall der Mauer, als an Deutschlands Rolle unmittelbar vor und während des Zweiten Weltkrieges.
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Ist Deutschland ein Verbündeter, gar ein Freund? Der französische Schriftsteller Francois Mauriac sagte einst: Ich liebe so sehr Deutschland, dass ich es bevorzuge, dass es gleich zwei davon gibt. Er meinte die Bundesrepublik und die DDR - eine giftige Liebesbekundung. Seit der Wiedervereinigung ist die Liebe dem Realismus gewichen, mit dem die Franzosen über den Rhein schauen. Nicht verwunderlich also, dass die Franzosen den Begriff "Partnerschaft" wählen, um die Beziehung zu Deutschland zu beschreiben.
Freundschaft wäre schöner, doch Frankreich hat nicht warme Gefühle im Sinn, wenn es an Deutschland denkt. Im Fokus steht eine Nutzwert-Einschätzung: Nur im Schulterschluss mit Deutschland können beide Länden den Motor Europas bilden. Insgesamt stuft die Mehrheit der 1005 Befragten die Partnerschaft als "positiv" ein.
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Mit Bewunderung schauen die Franzosen auf die Wirtschaftsstärke des Nachbarn. In einem anderen Punkt blicken die Franzosen eher mitleidig auf die Rheinnachbarn: das Essen. Deutschland wird noch immer mit den Begriffen Bier und Sauerkraut assoziiert. Wirklich goutiert haben die französischen Feinschmecker die deutschen Essenskünste aber nie.
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Denken die Franzosen an Deutschland, fällt ihnen häufig Bundeskanzlerin Angela Merkel ein. Gefragt nach einem spontanen Gedanken zu Deutschland, wurde ihr Name am zweithäufigsten genannt. Merkel gilt vielen Franzosen als die deutsche Symbolfigur par Excellence. Sie verkörpert die Werte Fleiß, Disziplin und Rechtschaffenheit.
Dass Merkel in Paris einen hohen Stellenwert genießt, zeigte sich schon im vergangenen Sommer. Im August hatte eine breite Mehrheit der Franzosen in einer Umfrage der französischen Zeitung "Le Parisien" erklärt, sie trauen der Deutschen eher als Frankreichs Präsident Nicolas Sarkozy zu, die Schuldenkrise zu lösen.
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Nur ein Begriff fiel häufiger als der Name der deutschen Bundeskanzlerin: Strenge. Franzosen halten die deutschen Nachbarn für wenig gesellig, in den Augen der Befragten sind die Deutschen vor allem streng bzw. ernst.
Schon die Regierung Sarkozy war nicht unbedingt mit ökonomischer Kompetenz gesegnet. Was aber die Regierung Hollande aufführt, ist Dilettantismus pur. Wer die öffentliche Diskussion in Frankreich um die so genannte Reichensteuer und die angedrohte Verstaatlichung von Werken des Stahlkonzerns ArcelorMittal verfolgt hat, musste den Eindruck bekommen, es ginge um weit reichende Entscheidungen, die die Zukunft des Landes betreffen. Doch bei genauerer Betrachtung entpuppt sich das Spektakel aber eher als Sturm im Wasserglas.
ArcelorMittal beschäftigt in Frankreich 20 000 Mitarbeiter. Von einer Schließung der beiden unrentablen Stahlöfen in Lothringen wären 630 Mitarbeiter betroffen. Wegen dieser 630 Arbeitsplätze hat Arnaud Montebourg, Frankreichs Minister für Reindustrialisierung, den Stahlunternehmer Lakshmi Mittal der Lüge bezichtigt, zur unerwünschten Person in Frankreich erklärt und ihm mit der Verstaatlichung seines Unternehmens gedroht. Verhältnismäßigkeit sieht anders aus. In Frankreich lässt sich so schnell kein ausländischer Investor mehr blicken. ArcelorMittal wird 2012 nach Abschreibungen in Höhe von 4,3 Milliarden Euro auf die Firmenwerte seiner europäischen Aktivitäten tiefrote Zahlen schreiben.
Fakten zu François Hollande
Ausbildung
Studierte Recht, Wirtschaft und Politik an Pariser Eliteuniversitäten.
Wahlkampf
Holte sich Wahlkampftipps von Beratern des US-Präsidenten Barack Obama.
Einkommen
Will im Amt sich und seinen Ministern das Gehalt um ein Drittel kürzen.
EU
Plant einen Wachstumspakt zur Ergänzung des EU-Fiskalpakts.
Steuern
Will Jahreseinkommen über eine Million Euro mit 75 Prozent besteuern.
Von der Reichensteuer hat sich die Regierung Hollande Mehreinnahmen von rund 300 Millionen Euro oder etwas mehr als ein Prozent der Einkommenssteuer versprochen. Für diese bescheidene Summe riskieren die französischen Sozialisten die Auswanderung auch weniger reicher Franzosen und eine weltweit verfolgte Debatte um Steuergerechtigkeit und die Werte der Fünften Französischen Republik. Dabei hat Frankreich ganz andere Sorgen. Zum Beispiel eine Arbeitslosenquote von bald elf Prozent und eine Armutsrate bei jungen Erwachsenen von 22,5 Prozent. Mindestens ebenso schlimm. Die Reichensteuer wurde handwerklich so ungeschickt vorbereitet, dass der Verfassungsrat diese jetzt aus Gerechtigkeitsgründen gestoppt hat. Eine handfeste Regierungskrise ist wohl nur noch eine Frage der Zeit.
Die Regierung Hollande entwickelt sich aber auch immer mehr zu einer tickenden Zeitbombe für Deutschland und Europa. Das ist umso bedrohlicher, weil sich die Machtverhältnisse in der Europäischen Union in den vergangenen Jahren immer mehr zu Gunsten Frankreichs verschoben haben.
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