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Euro-Krise: Der nächste Bail-out kommt bestimmt

von Frank Doll

Von wegen Ende der Euro-Krise. In Spanien verlieren gerade die Bankia-Aktionäre ihr Kapital, Griechenland muss 2013 schon wieder an den Geldtropf und die Bundestagswahl rückt näher.

Griechenland: Die Lohnstückkosten sinken

Stillstand in Griechenland? Nicht ganz. Bei der Sanierung der Staatsfinanzen hat Athen durchaus Erfolge vorzuweisen: Um sechs Prozentpunkte vom Bruttoinlandsprodukt wurde das Haushaltssaldo in nur zwei Jahren verbessert. Eine solche Konsolidierungsleistung hat kein anderes Euro-Land geschafft. Und im ersten Halbjahr liegt Griechenland beim Defizitabbau sogar vor dem Plan. Auch dem Ziel, seine Wettbewerbsfähigkeit zu verbessern, kommt das Land näher: Die Lohnstückkosten sind seit 2009 rückläufig. Aber bei den Strukturreformen, die für eine international konkurrenzfähige Wirtschaft zumindest ebenso bedeutend sind, bleibt noch viel zu tun.

So war das nicht geplant. Nichts fürchtet die Regierung Merkel so sehr wie weitere Euro-Rettungsaktionen vor der Bundestagswahl im kommenden September. Doch diese werden sich wohl nicht vermeiden lassen. In Spanien und Griechenland kocht die Krise bereits wieder hoch.

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Ein Blick auf den Kursverlauf der Bankia-Aktie zeigt, dass die Finanzkrise in Europa vor ihrer nächsten Runde steht. Die Gründung von Bankia, einem Zusammenschluss von sieben durch die Immobilienkrise von der Pleite bedrohter spanischer Regionalbanken, war der Versuch der spanischen Regierung, einen Bail-out durch die europäischen Partner mit Hilfe privater Gelder zu vermeiden. 

Im Juli 2011 wurde die Bankia-Aktie nach einer aggressiven Verkaufskampagne zu einem Preis von 3,75 Euro pro Stück bei gutgläubigen Kapitalanlegern untergebracht. Jetzt steht der Kurs bei knapp 40 Cent. Ein Kursverlust von 90 Prozent. Rund 350.000 Anleger haben damit ihren Kapitaleinsatz so gut wie verloren. Der Regierung in Madrid droht eine Prozesslawine spanischer Sparer und Pensionäre, die sich betrogen fühlen. 

Das nächste Fiasko droht der spanischen Regierung bei Sareb, der neuen Bad Bank. Hier verweigert die Großbank BBVA, wie schon bei Bankia, die Teilnahme. Offensichtlich weiß man bei der BBVA mehr über den Giftmüll, der bei Sareb abgeladen werden soll. Bankia und Sareb stehen für ein Bankensystem, das wegen der Immobilienkrise noch einige Überraschungen bereithalten wird. Für Verfechter einer europäischen Bankenunion wie Deutschlands Finanzminister Wolfgang Schäuble ist das ein gutes Lehrstück. Ende 2012 stieg die Summe der Not leidenden Kredite bei den spanischen Banken auf 189,6 Milliarden Euro oder gut elf  Prozent aller an den Privatsektor vergebenen Kredite. Und selbst diese Zahlen gelten als stark geschönt. 

Spaniens Abschlusszeugnis 2012

  • Politische Stabilität

    Rajoy hat eine stabile Mehrheit im Parlament, doch der Druck von der Straße ist groß. Gewerkschaften und Arbeiter machen gegen seinen Sparkurs mobil, das Baskenland und Katalonien wollen sich abspalten.

    Note: 3-

  • Umsetzung von Reformen

    Eine Bonuszahlung für die Anstellung junger Leute, eine Lockerung des Kündigungsschutzes und weniger Tarifverträge: Rajoy hat Reformen angestoßen. Doch oft sind sie nicht entschieden genug. So müssen Zeitverträge nach zwei Jahren in volle Stellen umbesetzt werden, Abfindungen bleiben hoch.

    Note: 4

  • Sparwille

    Spanien wird 2012 wohl mit einem Haushaltsminus von acht Prozent des BIPs abschließen. Auch 2013 sieht die Prognose ein kräftiges Minus voraus (6,0 Prozent). Die Sparmaßnahmen sind weitgehend Kosmetik.

    Note: 5

  • Gesamtnote

    Spanien bleibt ein Sorgenkind. Premier Rajoy muss in Zukunft deutlich mehr sparen als 2012 und auch unliebsame Reformen gegen die Gewerkschaften durchführen. Gelingt das nicht, braucht Spanien 2013 Hilfe von außen – nicht nur für seine Banken.

    Note: 4-

Trotz der jüngsten Geldinfusionen kriselt es auch schon wieder im griechischen Bankensystem  Die griechische Tageszeitung „Kathimerini“ berichtete am Mittwoch, dass zwischen Ende 2011 und Ende 2012 die Not leidenden Kredite im griechischen Bankensystem um 50 Prozent auf zuletzt 24 Prozent des Kreditvolumens gestiegen sind. Mit geschätzten 55 Milliarden Euro übertrifft die Summe der faulen Kredite die für die Rekapitalisierung des griechischen Bankensystems eingeplanten Mittel um fünf Milliarden Euro. Also bereits wenige Wochen nach dem letzten Bail-out ist damit offensichtlich, dass die für das griechische Bankensystem bereitgestellten Mittel allein für die Not leidenden Kredite verbraucht sind. Mindestens weitere fünf Milliarden Euro wären notwendig, will man bei anhaltend schlechter Wirtschaftsentwicklung nicht erneut eine Vertrauenskrise und den Abzug von Bankeinlagen riskieren.

Spanien und Griechenland werden so ihre Defizitziele für 2013 kaum einhalten können. Man darf gespannt, wie eine sich ausweitende Bankenkrise in Spanien in Kombination mit einem vierten Bail-out für Griechenland auf den Bundestagswahlkampf in Deutschland ausstrahlt.

9 KommentareAlle Kommentare lesen
  • 05.01.2013, 08:50 UhrSilverager

    Alles richtig, was in dem Artikel steht und auch, was hier im Forum diskutiert wird. Nur sollten wir erkennen, dass wir eine verschwindend geringe Minderheit sind.
    Wie sonst wäre zu erklären dass der beliebteste Politiker Mutti Merkel ist und gleich dahinter ihr Adlatus Schäuble?

    Die Mehrheit der Deutschen will von "Krisengerede" nichts hören und lesen. Und die Mainstream-Medien bedienen diese Ignoranz hervorragend und äußerst erfolgreich. Wie angenehm klingt es doch in den Ohren, wenn Schäuble die Krise für überwunden erklärt und unsere Geliebte Führerin die Erfolge in Griechenland, Portugal, Spanien und Italien nicht genug zu würdigen weiß.

    Daher wage ich einen Blick in meine Kristallkugel. Dort sehe ich nach der nächsten Bundestagswahl eine Kanzlerin Merkel und einen Vizekanzler und Finanzminister Steinbrück. Und beide werden in die Vollen gehen mit der "Rettung" unserer alternativlosen Friedens- und Wohlstandswährung Euro. Der Preis wird ein "Sparhaushalt" sein, in dem Sparen dadurch geschieht, dass die Steuern massiv erhöht werden, um die milliardenschweren "Rettungs"-Aktionen zu finanzieren. Dass für das Inland dabei nichts übrig bleibt, versteht sich von selbst.

    Ich hoffe, dass ich mich irre, bin dabei allerdings nicht allzu zuversichtlich.

  • 04.01.2013, 16:49 Uhrallesverloren

    Der Pleite-Reigen wird sich bis zur Bundestagswahl noch beschleunigen. Zumindest weiss man dann, wen oder was man wählen soll.

    Die bisherigen versteckten Transferleistungen in Höhe der gesamten deutschen Ersparnisse werden sich nicht weiter bis 9/13 verstecken lassen.

    Das System erinnert an die West-Ost-Transfers, die ebenfalls überwiegend auf kaltem Wege zustande kamen. Transparenz wollte man nicht und streitet offenkundige Zahlen gerne ab. Da z.T. die gleichen Politiker am Werke sind, wird es so kommen. So soll auch der Euro funktionstüchtig bleiben.

    Die kommunizierende Röhre des Wohlstandes wird sich durch den Euro auf dem niedrigsten Niveau einpendeln, inklusive aller versteckten Lasten in den Fiskal- und Sozial-Fonds. Das wird wohl weniger als Harz iV sein aber hoffentlich noch oberhalb des physischen Existenzminimums.

    Das wird uns dann verkauft werden als riesige soziale Leistung, da immer noch weit mehr als in Afrika, aber leider doch schon etwas weniger als in Asien. Aber dort sind ja auch alle nicht soooo sozial, grün, gerecht und nachhaltig wie wir Deutschen.

    Aber es liegt doch auch in unserem Interesse, dass unser Geld dorthin wegfliegt. Wir können damit ohnehin nichts mehr anfangen (den heimatlichen Dreck sieht der vortragsreisende, multikulturelle Politiker nicht mehr, da zu viel weltweit unterwegs), sonst würden wir ja nicht wie die Weltmeister exportieren, finanzieren, kreditieren und letztendlich abschreiben.

  • 04.01.2013, 15:05 UhrCarla

    Frau Merkel ist mit ihrer Spardiktat-Eurorettungspolitik enorm gescheitert - doch man möchte es nicht wahrhaben , man sitzt die Sache aus bis nach den Wahlen.
    Wie lange soll es so alternativlos weitergehen.

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