Wer ist Kneipentauglicher? Merkel oder Steinbrück? Mit wem würde man lieber bei einem kühlen Blonden gemütlich an einem Stammtisch sitzen und politisch diskutieren? Da kann es kaum einen Zweifel geben: Steinbrück wäre die erste Wahl.
Mit Steinbrück lustig parlieren. Ihn auch mal provozieren und schauen, was er sagt. Das kann man sich vorstellen. Steinbrück ist nicht unsympathisch. Und es ist einigermaßen vorhersehbar, was er in einem politischen Gedankenspiel sagen würde. Steinbrück ist 65, er ist Familienvater, vielleicht bald Opa, er ist seit Ewigkeiten mit einer Lehrerin verheiratet. Er hat die 68er-Blessuren vieler Parteikollegen vermeiden können und sich in den roten Jahrzehnten in der SPD auf dem vergleichsweise schmalen Pfad der konservativen Genossen in der Partei nach oben gedient und viele politische Ämter mit meist durchschnittlichem Erfolg inne gehabt.
Steinbrück will Niemanden auffressen und er weiß, dass die Dinge in der Regel nicht so heiß gegessen werden müssen, wie sie gekocht wurden. Steinbrück ist ein Hamburger Schnacker, auch wenn er schon lange nicht mehr in der Hansestadt lebt. Ein Konservativer, der leben will und leben lässt und der sich gern als Wirtschafts-und Finanzfachmann verkauft.
Low Stimmung
Und es ist der Peer, der sich am letzten Sonntag mit blassblauem Schlips, einem etwas unattraktiven Anzug und reichlich linkischem Gefuchtel mit seinen Händen über eine 1 1/2 Stunde bemühte sich und seine Sozi-Partei aufeinander einzuschwören. Dies allerdings viel zu blumig und mit immer neuen Vergleichen und Bildern, die allzu oft hinkten und viel zu sehr auf "Witz komm heraus, du bist umzingelt" getrimmt waren. So attestierte er Merkel wiederholt einen Hang zu Realitätsferne, was er mit folgendem Joke illustrierte: "Das ist ungefähr so, als wenn jemand im Winter vor seiner Strandmotivtapete steht und sich mit Sonnenmilch einreibt."
Dergleichen hat Steinbrück bei vielen Journalisten und vorallendingen bei seinen Genossen den Ruf eines brillanten Rhetorikers eingebracht und es ist ein bisschen traurig mit anzusehen, wie die 600 SPD-Delegierten sich über diesen, auch noch sorgfältig vorbereiteten, Gag vor Lachen schüttelten, während sie ansonsten ohne eine Miene zu verziehen artig, ernst und selbstzufrieden da saßen und ihrem Kanzlerkandidaten pflichtschuldig an den Stellen zu klatschten, wo es gewollt war. Low Stimmung.
Klar, Steinbrück rückte nach links und holte seine Partei ein bisschen nach rechts. Das war das Ergebnis dieses Konsensparteitages, der auch als Krönungsparteitag des Kanzlerkandidaten Steinbrück gehandelt wurde.
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