Reinhold Würth - Mit Innovationen überfordert
Mit dem Abenteuer Solar hat der schwäbische Unternehmer 160 Millionen Euro verbrannt.
„Schraubenkönig“ wird er genannt. Reinhold Würth hat im schwäbischen Künzelsau den weltweit führenden Großhändler für Befestigungs- und Montagetechnik aufgebaut. Im Ruhestand kümmert sich der 77-jährige Milliardär nicht nur um seine vielen Museen, sondern auch um die Förderung der erneuerbaren Energien. Dazu gründete er das Tochterunternehmen Würth Solar. Die eröffnete 2006 in Schwäbisch Hall eine Fabrik, in der weltweit zum ersten Mal in Großserie Solarmodule in CIS-Technik produziert werden sollten. Dabei bestehen die verbauten Solarzellen nicht, wie sonst üblich, aus dem damals knappen Silizium, sondern aus anderen Rohstoffen wie Kupfer, Indium und Selen.
Mit dieser Innovation war der branchenfremde Investor offenbar überfordert. Es fehlte an der Erfahrung mit den alternativen Materialien.
Anfang Januar 2012 verkaufte Würth die CIS-Fabrik an den Partner Manz aus Reutlingen, einen der weltweit bedeutendsten Hersteller von Maschinen für die Produktion von Solarzellen und -modulen. „Wir haben einen Schlussstrich gezogen“, sagt Würth-Chef Robert Friedmann. Das Abenteuer hat Würth nach eigenen Angaben inklusive der Forschung und Entwicklung 160 Millionen Euro gekostet. Statt auf die Produktion konzentriert sich Patriarch Reinhold Würth auf den Vertrieb. Davon versteht der Schraubenhändler etwas.
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Der Ausflug in die Solarenergie-Technik kommt Siemens einem Zeitungsbericht zufolge teuer zu stehen. Der Konzern müsse mit dem Ausstieg aus dem Geschäft erneut Belastungen von brutto mehr als 250 Millionen Euro verbuchen, berichtete die "Financial Times Deutschland" (Montagausgabe) vorab unter Berufung auf Siemens-Kreise. Diese würden sich aus Firmenwertabschreibungen, operativen Verlusten sowie Abschreibungen auf bereits begonnene Solaranlagen zusammensetzen. Insgesamt habe die Münchener das 2009 gestartete Experiment mit Sonnenstrom einen Betrag in der Größenordnung von 800 Millionen Euro gekostet. Siemens war am Sonntagabend auf Anfrage zunächst nicht zu erreichen.
Siemens hatte vor zwei Wochen angekündigt, das Solarthermie- und Photovoltaikgeschäft zu verkaufen. Von den Plänen sind weltweit 680 Mitarbeiter betroffen. Elektrotechnische Komponenten wie Generatoren und Netztechnik soll es aber weiterhin geben. Der Konzern hatte vor allem auf Anlagen zur Stromerzeugung aus Sonnenhitze gesetzt und dafür eigens die israelische Solel für 418 Millionen Dollar gekauft. Die Strategie zahlte sich jedoch nicht aus. Solel machte mehr Verlust als Umsatz.
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Solarwatt
Der mittelständische Hersteller von kristallinen Solarmodulen hat den Sprung aus der Insolvenz heraus geschafft. Im August hatte Solarwatt einen Antrag auf Restrukturierung im Eigenverwaltung gestellt und bewilligt bekommen. Das Unternehmen aus Dresden startet nun mit 337 der ehemals 435 Mitarbeitern neu durch. BMW-Großaktionär Stefan Quandt ist Ankeraktionär. Solarwatt richtet sich strategisch neu aus. Statt der Produktion von Modulen stehen nun Systeme im Fokus, mit denen Hausbesitzer ihren Energiebedarf größtenteils durch selbsterzeugten Strom decken können und ihren Energieverbrauch deutlich reduzieren können sollen.
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Der angeschlagene Solarkonzern Conergy steckt mitten auf seinem Sanierungsweg wieder in tiefer Finanznot. Zum zweiten Mal binnen nicht einmal zwei Jahren ist das Grundkapital der Gesellschaft von knapp 160 Millionen Euro um mehr als die Hälfte aufgebraucht, wie Conergy am Montagabend in Hamburg mitteilte.
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Der angeschlagene ostfriesische Offshore-Zulieferer Siag Nordseewerke hat Insolvenz angemeldet. Betroffen davon sind rund 700 Mitarbeiter. Die Chancen auf eine Sicherung des Geschäftsbetriebs und möglichst vieler Arbeitsplätze sollten genutzt werden, erklärte die Geschäftsführung am Mittwoch. Sie sei zudem mit ausgewählten Investoren „in konstruktiven Gesprächen“.
Die Siag Nordseewerke stellen Fundamente für Windkraftanlagen her. 2010 hatte das Unternehmen Siag Schaaf Industrie AG aus dem rheinland-pfälzischen Dernbach die frühere traditionsreiche Schiffswerft von ThyssenKrupp übernommen. Seitdem wurde das Emder Unternehmen zu einem Windkraft-Zulieferer umgebaut. Nun fehlen Folgeaufträge, weil der Boom der Offshore-Branche insgesamt ins Stocken gerät, da es Schwierigkeiten bei der Anbindung der Windparks auf hoher See an das Netz an Land gibt.
Insolvenzverwalter wird der Sanierungsexperte Jan Markus Plathner der Frankfurter Anwaltskanzlei Brinkmann & Partner. Ungeachtet des Insolvenzantrags beim Amtsgericht Aurich soll es am Freitag ein erneutes Krisengespräch in Hannover geben, um in eine geordnete Insolvenz zu gehen, sagte ein Sprecher des Wirtschaftsministeriums.
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Deutlich besser steht das ebenfalls insolvente Photovoltaik-Unternehmen Sunstrom aus Dresden da. Laut Insolvenzverwalter Rüdiger Wienberg konnte das Unternehmen gerettet werden, die ehemaligen Geschäftsführer Reiner Matthees und Stephan Riedel haben die GmbH gekauft und wollen das Unternehmen mittels einer sogenannten übertragenden Insolvenz sanieren. Die 64 Beschäftigten der Sunstrom GmbH werden von der neuen Gesellschaft MR Sunstrom GmbH übernommen.
Die Solarwatt-Tochter Sunstrom hatte im Juli Insolvenz angemeldet.
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Der insolvente Solzellenhersteller Sovello stoppt die Produktion und kündigt allen 1000 Mitarbeitern. „Die finanzielle Lage des Unternehmens macht diesen Schritt leider erforderlich“, sagte Insolvenzverwalter Luca F. Flöther. Das Unternehmen das zum "Solar Valley" in Bitterfeld-Wolfen zählte, hatte im Mai Insolvenz angemeldet. Die geplante Sanierung in Eigenverwaltung platzte Ende Juli. Im vergangenen Geschäftsjahr erwirtschaftete Sovello noch 200 Millionen Euro Umsatz. Der Solarbetrieb ist aus einem Gemeinschaftsunternehmen der Branchenfirmen Evergreen Solar, Q-Cells und REC ASA hervorgegangen und gehört seit 2010 dem Beteiligungsfonds Ventizz Capital.
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Conergy
Die Sparbemühungen des defizitären Solarmodulherstellers tragen im Sommer 2012 erste Früchte. Die Verluste gingen im zweiten Quartal deutlich zurück, vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (Ebitda) verbuchte Conergy erstmals seit dem dritten Quartal 2010 einen kleinen Gewinn von 0,5 Millionen Euro. 2011 hatten die Restrukturierungen noch für einen Ebitda-Verlust von 84 Millionen Euro gesorgt, der Umsatz erreichte damals noch knapp 755 Millionen Euro. Conergy hatte sich im September vergangenen Jahres von der Zell- und Waferfertigung in Frankfurt/Oder verabschiedet und produziert dort nur noch Solarmodule. 100 der insgesamt 450 Stellen wurden gestrichen und auf die bislang 110 beschäftigten Leiharbeiter verzichtet.
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Nordex
2011 bekam der Windturbinenbauer Nordex starken Gegenwind. Ihm machte vor allem das schwache Asiengeschäft und der zunehmende Preisdruck in der Branche zu schaffen. Das Unternehmen mit Stammsitz in Rostock musste für das vergangene Jahr einen Verlust von nahezu 50 Millionen Euro verbuchen. Im ersten Halbjahr 2012 läuft es nicht wesentlich besser. Zwar kletterte der Umsatz um gut vier Prozent auf 421 Millionen Euro, beim operativen Gewinn verzeichneten die Rostocker jedoch ein Minus von 13,1 Millionen Euro. Allerdings zeigt sich das Nordex für zweite Halbjahr optimistisch. Die Auftragsbücher sind gut gefüllt, an der Umsatzprognose von 1,0 bis 1,1 Milliarden Euro will Chef Jürgen Zeschky daher nicht rütteln.
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Q-Cells
Am 3. April stellte Q-Cells beim Amtsgericht Dessau Insolvenzantrag. Seither haben 100 der ehemals knapp 1300 Mitarbeiter das Unternehmen verlassen. Der ostdeutsche Solarzellenhersteller schrieb 2011 einen Verlust von 846 Millionen Euro. Vorstandsvorsitzender Nedim Cen rang monatelang mit Gläubigern und Anlegern um ein Sanierungskonzept. Im August 2012 folgte die Überraschung: Der koreanische Mischkonzern Hanwha kauft Q-Cells. Mit der Übernahme des Q-Cells Werks in Malaysia könnte Hanhwa Antidumping-Zölle der US-Behörden auf chinesische Produkte umgehen. Hanwha will bis 2020 einer der führenden Anbieter im Photovoltaik-Markt werden. Mit 53 Tochterunternehmen gehört er zu den größten Industriekonglomeraten Südkoreas.
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Inventux
Im Mai 2012 muss der Berliner Solarzellenhersteller Insolvenz anmelden. Das Unternehme war seit 2008 am Markt und beschäftigte 200 Mitarbeiter. Von den einst rund 200 Mitarbeitern wurden 100 übernommen. 70 wechselten in eine Transfergesellschaft, die für neue Beschäftigungschancen sorgen soll.
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Klaus Grohe - Der Überzeugungstäter
Der Sanitärunternehmer lässt sich von Verlusten nicht abschrecken.
Welche Kraft die Sonne spendet, hat Klaus Grohe schon Mitte der Siebzigerjahre entdeckt. Gemeinsam mit anderen Studenten bastelte er einen Solarkollektor, den die jungen Tüftler in einem selbst gebauten Haus auf der spanischen Insel Formentera ausprobierten. „Wir waren erstaunt, dass wir damit Wasser zum Kochen bringen konnten“, sagt der 75-Jährige, der sich 2008 nach mehr als 30 Jahren aus der Leitung des Schwarzwälder Sanitärherstellers Hansgrohe zurückzog. Seitdem ist er Chef des Aufsichtsrats.
Anfang der Neunzigerjahre schraubte Grohe eine Solaranlage auf das Dach eines Werks in Offenburg, damals die größte ihrer Art in Europa. 1994 errichtete der Solar-architekt Hans Disch, ein Freund Grohes, am gleichen Ort den Hansgrohe-Solarturm.
Vom Unternehmertum kann er nicht lassen. Grohe hält inzwischen gut zehn Prozent an der Freiburger Solar-Fabrik. Die Breisgauer bauen und vertreiben Module. 2011 setzten sie 177 Millionen Euro um.
Die Hoffnung, die gefallenen Kurse würden sich erholen, hat sich bislang nicht erfüllt. „Es stimmt leider, dass der Aktienkurs nach meinem Einstieg weiter abgesackt ist. Daran gemessen entstünde ein Verlust von rund zwei Millionen Euro“, bilanziert Grohe.
Dennoch wolle er nicht verkaufen, denn das Unternehmen arbeite verlustfrei: „Ich bin ein Überzeugungstäter.“ Grohe möchte sich künftig intensiver darum kümmern, was mit seinem Geld geschieht: Auf der Hauptversammlung der Solar-Fabrik am 4. Juli ließ er sich in den Aufsichtsrat wählen.
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